Resident Evil - Sammelband 03 - Im Netz der Verraeter
nachdem er den Nachmittag damit zubrachte hatte, um sein Leben zu kämpfen, war ihm klar geworden, dass der Versuch, Umbrella zur Rechenschaft zu ziehen, genau das war, was die Guten taten. Dafür hatte sich das Mädchen etwas verdient, und wenn es nur das Privileg war, nicht allein und in Finsternis sterben zu müssen. Und wie es der Zufall wollte, hatte er einen Schlüsselbund vom Gürtel eines toten Wachmanns gezogen; einer der Schlüssel würde die Zellentür des Mädchens sicher aufschließen.
Von dem brennenden Wrack stoben Funken zum dunkler werdenden Himmel auf, winzige leuchtende Insekten, die zerplatzten und sich auflösten, und hie und da fiel eines auf einen der Zombies in der Nähe und grub sich zischend in dessen Fleisch, bevor es erlosch. Es kümmerte sie nicht.
Rodrigo biss die Zähne zusammen und kämpfte sich auf die Beine. Es war ihm bewusst, dass Claire wahrscheinlich keine zehn Minuten überleben würde, wenn sie auf sich allein gestellt blieb, und weil er das wusste, wollte er ihr eine Chance geben. Das war nicht etwa das Mindeste, was er tun konnte – nein, es war schlicht und ergreifend das Einzige.
EINS
Ihr tat der Kopf weh.
Claire hatte gedöst und, halb im Traum, die zurückliegenden Ereignissen an sich vorbeiziehen lassen – bis ferner Donner durch die Dunkelheit rollte und sie näher an das Wachsein heranbrachte. Sie hatte von dem Irrsinn geträumt, zu dem ihr Leben in den vergangenen Monaten geworden war, und obwohl ein beinahe bewusster Teil von ihr sich darüber im Klaren war, dass alles traumhaft Verzerrte der reinen Wahrheit entsprach, schien es einfach zu unglaublich, um real zu sein. Erinnerungsfetzen an die Geschehnisse in Raccoon City nach dem Virus-Ausbruch blitzten auf, Bilder von nicht menschlichen Kreaturen, die Claire und das kleine Mädchen durch die verwüstete Stadt verfolgt hatten … Erinnerungen an die Familie Birken, an Claires Zusammentreffen mit Leon, an Gebete für Chris, er möge in Ordnung sein …
Es donnerte wieder, lauter diesmal, und Claire spürte stärker, dass etwas nicht stimmte, aber sie schien nicht erwachen, nicht aufhören zu können, sich zu erinnern.
Chris. Ihr Bruder war in Europa untergetaucht, und sie waren ihm gefolgt, und jetzt fror sie, und der Kopf tat ihr weh – aber sie wusste nicht, warum.
Was ist passiert? Claire konzentrierte sich, aber ihr Gedächtnis gab nur Bruchstücke frei, Fragmente von Bildern und Gedanken aus den Wochen, die seit Raccoon City vergangen waren. Es war, als schaue sie sich im Traum einen Film an … und immer noch vermochte sie nicht vollends aufzuwachen.
Bilder von Trent im Flugzeug und von einer Wüste; der Fund einer Diskette mit Codes, die sich letztlich für die Zwecke ihres Bruders als unbrauchbar erwiesen hatten; der lange Flug nach London; der Katzensprung von dort aus nach Frankreich und …
… ein Telefonanruf. „Chris ist hier, es geht ihm gut.“ Barry Burtons Stimme, tief und freundlich. Sie lacht, und eine unglaubliche Erleichterung erfüllt mich, ich spüre Leons Hand auf meiner Schulter …
Das war der Zipfel eines Anfangs, und er führte sie zu ihrer nächsten klaren Erinnerung: ein Treffen war vereinbart worden, bei einem der Beobachtungsposten für den Verwaltungsflügel des Hauptquartiers, auf Umbrella-Boden. Leon und die anderen warteten im Van. Ich blicke auf meine Uhr, mein Herz hämmert vor Aufregung. Wo ist er? Wo ist Chris?
Claire hatte nicht gewusst, dass sie in eine Falle gelockt worden waren, bis die ersten Kugeln vorbeisirrten und sie auf das von Scheinwerfern erhellte Areal getrieben wurden, in ein Gebäude …
… ich renne durch die Gänge, fast taub vom Rattern der Schnellfeuergewehre und des Hubschraubers draußen, ich renne, Kugeln dreschen Splitter aus den Bodenfliesen, so nah, dass sie in das Fleisch meiner Waden stechen …
… und dann eine Explosion! Bewaffnete Soldaten winden sich unter dem Ansturm der Druckwelle, und … und ich werde geschnappt.
Sie hatten sie über eine Woche lang festgehalten und alles versucht, was sie nur konnten, um sie zum Reden zu bringen. Sie hatte auch geredet, davon, wie sie mit Chris zum Angeln ging, über politische Einstellungen, über ihre Lieblingsbands … Letzten Endes wusste sie ohnehin nichts von Bedeutung. Sie suchte ihren Bruder, das war alles, und irgendwie brachte sie es fertig, die anderen davon zu überzeugen, dass sie nichts Wichtiges über Umbrella wusste. Wahrscheinlich half es ihr, dass sie gerade einmal
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