Resident Evil - Sammelband 03 - Im Netz der Verraeter
flüsterte Jill an seiner Schulter. Sie hielt den Revolver schussbereit.
Carlos suchte noch ein paar Sekunden, dann schüttelte er den Kopf und drehte sich um. „Nichts, schätze ich. Ich dachte, ich hätte was unter Decke gesehen, aber … “
„Schei-ße!“
Carlos fuhr herum, während Jill ihre Waffe hochriss und zur Decke hinauf richtete. Eine Kreatur von der Größe eines Hundes stakste in ihre Richtung, ein Ding mit einem buckligen Leib und vielen Beinen, dessen dick bepelzte Füße schneller, als es auch nur annähernd möglich schien, klebrig über die Decke patschten.
Jill verpasste dem Wesen drei Kugeln, ehe Carlos auch nur blinzeln konnte – aber nicht bevor ihm klar wurde, was er da sah. Es war eine Spinne, so groß, dass Carlos sein eigenes Spiegelbild in ihren glänzenden Augen zu sehen vermochte, als sie zu Boden krachte. Dunkle Flüssigkeit spritzte aus ihrem Rücken, während sie mit ihren vielfarbigen Beinen in der Luft herumfuchtelte. Blut sammelte sich unter ihr. Der wilde, stumme Tanz dauerte nur ein, zwei Sekunden, dann rollte sich das Tier zusammen und war tot.
„Ich hasse Spinnen“, sagte Jill. Sie hatte einen angewiderten Ausdruck im Gesicht, als sie weiterging und dabei die Decke im Blick behielt. „All diese Beine, dieser aufgeblähte Bauch … igitt .“
„Du hast solche Dinger schon mal gesehen?“, fragte Carlos, unfähig, den Blick von der Faust – zu der der Spinnenkörper sich geballt zu haben schien – abzuwenden.
„Ja, in dem Umbrella-Labor im Wald. Keine lebenden allerdings. Die, die ich sah, waren tot.“
Jills scheinbare Ruhe, mit der sie der toten Spinne auswich und weiterging, erinnerte Carlos daran, wie glücklich er sich schätzen durfte, sich mit ihr zusammengetan zu haben. Er war im Laufe der Zeit vielen hartgesottenen Männern begegnet, aber er bezweifelte stark, dass irgendeiner von ihnen an Jills Stelle sich so im Griff gehabt hätte wie sie.
Der Rest des Balkons war sauber, obwohl Carlos eine Unmenge von Spinnweben unter der Decke bemerkte. In jeder Ecke hatte sich das dicke weiße Zeug haufenweise gesammelt. Er mochte Spinnen auch nicht besonders.
Als sie die Tür erreichten, durch die Jill geduckt hindurchging, war Carlos erleichtert, wieder draußen zu sein.
Sie waren auf einen breiten Sims an der Außenseite des Turmes hinausgetreten, eine leere Fläche, um die ein altertümliches Geländer verlief, dazu gab es ein paar abgeschaltete Scheinwerfer und einige tote Pflanzen. Eine Etage höher befand sich eine türartige Öffnung in der Turmmauer, aber es gab keine Möglichkeit, dort hinaufzugelangen. Es schien eine Sackgasse zu sein und nichts zu geben, wo sie sich hinwenden konnten, außer sie nahmen den Weg zurück, den sie auch gekommen waren. Carlos seufzte. Wenigstens hatten sich die Krähen, wenn es denn welche waren, anderswohin verzogen.
„Und was jetzt?“, fragte er und schaute auf den dunklen Vorplatz hinunter und auf das immer noch rauchende Wrack des Straßenbahnwagens. Als Jill nicht antwortete, wandte Carlos sich um und sah sie vor einer Kupferplakette stehen, die ihm nicht aufgefallen war und die in die steinerne Fassade des Turmes eingelassen war. Jill fasste in ihre Tasche und holte einen eingewickelten Satz von Dietrichen heraus.
„Du gibst viel zu schnell auf“, meinte Jill und wählte ein paar Dietriche aus dem Bündel aus. „Halt nach den Krähen Ausschau, und ich seh zu, ob ich uns eine Leiter besorgen kann.“
Carlos nickte, fragte sich beiläufig, ob es irgendetwas gab, das sie nicht konnte, und witterte Regen in dem kalten Wind, der über den Sims fegte. Einen Augenblick später ertönte eine Reihe klickender Laute, gefolgt vom tiefen Summen einer verborgenen Maschinerie, und eine schmale Leiter senkte sich von der Öffnung über ihnen herab.
„Hast du was dagegen, noch ein paar Minuten Wache zu schieben?“, fragte Jill lächelnd.
Carlos grinste. Er spürte ihre Erregung. Es schien wirklich fast vorbei zu sein. „Geritzt.“
Jill kletterte rasch die Leiter nach oben und verschwand durch die Öffnung. Eine Sekunde später rief sie ein „Alles klar!“ zu ihm herunter, und für die nächsten paar Minuten schritt Carlos den Sims ab und dachte darüber nach, was er tun würde, nachdem sie gerettet waren. Er wollte noch einmal mit Trent sprechen, darüber, was nötig war, um Umbrella zu stoppen. Was es auch sein mochte, er würde mit von der Partie sein.
Ich wette, er würde auch gern mit Jill reden. Wenn die
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