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Retra – Insel der Schatten: Roman (German Edition)

Retra – Insel der Schatten: Roman (German Edition)

Titel: Retra – Insel der Schatten: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marianne de Pierres
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nach oben zu den hölzernen Gewölberippen und nach unten über den Marmorboden. Vorsichtig, um sie nicht zu berühren, bewegte sich Retra durch die Ströme aus Licht zu dem farbig beleuchteten Altar, angezogen von der Musik, als wäre sie der kühle Frühlingsregen, nach dem sie sich sehnte.
    Markes hatte schon ein Publikum. Ein Kreis von Bewunderern hatte sich zu seinen Füßen versammelt. Auch Cal saß dort, ihm am nächsten.
    Retra trat in die Mitte des Kreises der Zuhörer, ohne auf deren Zurufe, sie solle sich setzen, zu achten. Markes sah von der Gitarre auf und sah sie. Was?, formte er mit den Lippen.
    Als Antwort bog sie den Rücken und hob die Hände an die Hüften.
    Als er scharf die Luft einsog, wusste sie, dass er verstand, was sie vorhatte. Sein Blick ließ sie nicht los, als sie dem wachsenden Verlangen nachgab, Markes zu berühren, die Finger an seine Lippen zu legen. Ihr Körper wollte seinem nahe sein, musste es sogar.
    Sie machte einen Schritt nach vorn. Dann noch einen. Fand ihren Weg durch den Kreis, bis sie vor ihm und seiner Gitarre stand. Und nur noch ihn sah. Die Welt war ein dunkler, kleiner Ort und Markes das einzige Licht. »Du«, sagte sie. »Ich.«
    Aber die Worte schienen die Dunkelheit zum Wirbeln zu bringen und sie hin und her zu werfen. Vor ihren Augen begann Markes zu schrumpfen, wurde kleiner, weniger wunderbar, weniger …
    Jemand schüttelte sie, wütend und heftig, als wollte er sie in Stücke brechen.
    »Hör auf!«, schrie Cal. »Geh weg. Lass ihn in Ruhe.« Wie ein übereifriger Wachmann zerrte sie Retra vom Altar weg.
    Markes kletterte herunter, die Gitarre an der Seite hängend und die Stirn besorgt gerunzelt. »Retra, bist du krank?«
    Sie konnte ihm nicht antworten. Ebenso wenig konnte sie ihre Füße oder Knie oder das, was dazwischen war, spüren. Seltsame Formen bildeten sich um Markes, Flügel und Klauen und lange, geifernde Zungen. Sie hob die Hände, um sie wegzuschlagen.
    »Was ist?«, rief Markes. »Was kannst du sehen?«
    »Muss wohl eher heißen: Was hast du eingeworfen?«, sagte eine andere Stimme. Sukis Mandelaugen schwammen in ihr Blickfeld.
    »Suki, siehst du sie – die Klauen?«, flüsterte Retra.
    Sukis Finger schlossen sich so fest um ihren Arm, dass sich die Nägel in ihre Haut bohrten. »Ich sehe nur ihn.« Sie klimperte mit den Augen. »Und den schau ich mir gerne an.«
    Markes runzelte die Stirn. »Was hast du gesagt? Klauen? Was …«
    Doch dann waren Cal und die anderen bei ihnen und zogen Markes zurück zum Altar, ohne Retra und Suki weitere Beachtung zu schenken.
    Als Markes erneut Platz nahm, verschwanden die Klauen und die Flügel, und Retra ließ sich erleichtert gegen Suki sinken. Sie roch Weihrauch und hörte leises Gemurmel. Alles war wieder wie zuvor.
    »Markes«, wurde er gedrängt, »spiel für uns. Spiel …«
    Ein Mädchen in schwarzen Seidenshorts und einem metallisch glänzenden Tanktop sprang neben ihn. »Ich tanze für euch.«
    Cal zog das Mädchen herunter. »Nein, das wirst du nicht.«
    Das Mädchen schlug nach Cal, doch die duckte sich und trat nach ihrem Knöchel. Arme packten sie und Körper schoben sich zwischen sie, bis Retra Cal und das Mädchen nicht mehr sehen konnte.
    Suki drückte ihr einen Becher mit Wasser in die Hand. »Hier.«
    Sie trank es und musste husten. Das Wasser lag ihr schwer im Magen. Sie presste die Hand vor den Mund.
    »Musst du dich übergeben?«
    Retra nickte.
    Suki zeigte auf einen kleine, dunkle Apsis neben dem Altar, in der eine hohe Urne stand. »Da drin.«
    Retra rannte ein paar Schritte und hielt das Gesicht in die Urne, um das Wasser zu erbrechen. Als sie wieder klar sehen konnte, bemerkte sie, dass ihr das Samtkleid bis hoch zur Hüfte gerutscht war und sich ihr Haar gelöst hatte. Beschämt zerrte sie das Kleid über die Schenkel und band ihr Haar wieder zusammen.
    »Jetzt besser?«, fragte Suki, die hinter ihr stand. Das Erbrochene schien ihr nichts auszumachen.
    »Ich glaube, ja. Tut mir leid.«
    Suki zuckte die Schultern. »Uns allen wird mal schlecht. Ich habe schon viele gepflegt. Was hast du genommen?«
    »Eine Pastille. Verzückung.«
    »Wie viel?«
    »E-er hat gesagt, ich soll sie ganz aufessen.«
    »Modai hat dir eine ganze Verzückungspastille gegeben? Kein Wunder, dass du beinahe abgedreht bist.«
    »Heißt der Riper so?«
    »Ja, anscheinend. Jemand in der Schlange hat mir von ihm erzählt, als du da drin warst. Asmodai ist der Dämon der Lust und des Zorns, und der Typ soll sein

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