Rette mich vor dir
seinen Anblick. Ohne reden zu müssen.
Er schluckt schwer. Schaut auf. Wendet den Blick ab. Atmet aus, reibt seinen Nacken. Verschränkt die Hände hinter dem Kopf, dreht sich zur Seite, damit ich sein Gesicht nicht sehen kann. Sein T-Shirt rutscht hoch, und ich muss wahrhaftig die Hände zu Fäusten ballen. Um meine Finger davon abzuhalten, dieses schmale Stück Haut auf seinem Rücken zu berühren.
Er sagt: »Ich muss – ich muss dir – unbedingt etwas sagen.« Seine Stimme klingt so gepresst und gequält, dass ich am liebsten auf die Knie sinken würde.
Aber ich bleibe weiterhin stumm.
Er dreht sich um.
Sieht mich an.
»Es muss etwas geben«, sagt er, fährt sich verzweifelt mit beiden Händen durchs Haar. »Irgendeine Lösung – irgendetwas, das ich sagen kann, um dich davon zu überzeugen, dass wir es schaffen können. Sag mir, dass es etwas gibt.«
Ich habe solche Angst. Dass ich in Tränen ausbreche.
»Bitte«, murmelt er und sieht dabei aus, als würde er in Stücke brechen, als sei er vollkommen am Ende. »Bitte sag etwas, ich flehe dich an –«
Ich beiße mir auf die Unterlippe, die zu zittern beginnt.
Adam steht reglos da, starrt mich an. Wartet.
»Adam«, flüstere ich und hole Luft, um meiner Stimme Kraft zu geben. »Ich werde dich – immer, immer lieben –«
»Nein, nein, sag das nicht – sag das nicht –«
Ich schüttle so heftig den Kopf, dass mir schwindlig wird, aber ich kann nicht damit aufhören. Und ich kann auch nicht mehr sprechen, weil ich nur schreien würde, und ich kann ihn nicht anschauen, weil ich dann sehe, was ich ihm antue –
»Nein, Juliette – Juliette –«
Ich weiche zurück, stolpere, will mich an die Wand lehnen, als seine Arme mich umfassen. Ich versuche mich loszureißen, aber Adam ist zu stark, er hält mich zu fest, und seine Stimme klingt erstickt, als er sagt: »Es war meine Schuld – es ist meine Schuld – ich hätte dich nicht küssen sollen – du wolltest es mir sagen, aber ich habe nicht auf dich gehört – und es tut mir so leid, so sehr leid.« Er holt tief Luft. »Ich hätte auf dich hören sollen. Ich war nicht stark genug. Aber diesmal ist es anders, ich schwöre es dir«, sagt er und birgt sein Gesicht an meiner Schulter. »Ich werde mir das niemals verzeihen können. Du warst bereit, uns eine Chance zu geben, und ich habe alles vermasselt, es tut mir so furchtbar leid –«
In mir bricht alles zusammen.
Ich hasse mich für das, was geschehen wird, für das, was ich nun tun muss, hasse mich, weil ich ihm seine Schmerzen nicht nehmen kann, weil ich ihm nicht sagen kann, dass wir es noch einmal versuchen können, dass es schwer wird, aber dass wir es schaffen können. Weil wir keine normale Beziehung haben. Weil unsere Probleme nicht lösbar sind.
Denn meine Haut lässt sich nicht verändern.
Selbst mit allem Training der Welt wird immer die Gefahr bestehen, dass ich ihn verletze. Oder gar töte, wenn wir uns vergessen. Ich werde immer eine Bedrohung für ihn sein. Vor allem in den zärtlichsten, innigsten, verletzlichsten Momenten. Den Momenten, nach denen ich mich am meisten sehne. Ich werde sie niemals mit ihm erleben können. Und er hat so viel mehr als mich verdient, diese gequälte Person, die ihm so wenig bieten kann.
Aber ich möchte lieber hier stehen bleiben, von seinen Armen umschlungen, als auch nur ein einziges Wort zu sagen. Weil ich schwach bin, so schwach, und ich begehre ihn so sehr, dass ich daran sterben werde. Ich zittere von Kopf bis Fuß. Ich kann nichts mehr sehen, kann nichts mehr erkennen durch den Tränenschleier vor meinen Augen.
Und er lässt mich nicht los.
Er flüstert nur immer wieder »bitte«, und ich möchte sterben.
Doch wenn ich nichts tue, werde ich endgültig wahnsinnig.
Deshalb lege ich meine zittrige Hand auf Adams Brust. Er erstarrt, lehnt sich zurück. Ich wage es nicht, ihm in die Augen zu schauen, kann es nicht ertragen, Hoffnung darin zu sehen, wenn auch nur für eine Sekunde.
Er ist einen Moment lang unaufmerksam, seine Arme lockern sich, und ich löse mich, bringe mich selbst um den Schutz seiner Wärme, seines Herzschlags. Und hebe die Hand, damit er mich nicht wieder an sich zieht.
»Adam«, flüstere ich. »Bitte nicht. Ich kann nicht – ich –«
»Es hat niemals eine andere gegeben«, sagt er, und er bemüht sich nicht mehr, leise zu sprechen, seine Stimme hallt von den Wänden wider. Er legt sich kurz die Hand auf den Mund, streicht sich zittrig übers Gesicht, durch die
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