Rette mich
»Und übrigens, ist das nicht ein Hundename? Vielleicht hat sie ihn sich ausgedacht. Wenn Marcie etwas gut kann, dann ist es, andere Leute zu manipulieren. Am besten vergisst du alles, was mit Patch und Marcie zu tun hat. Junge, Junge, sind diese Doughnuts nicht zum Sterben gut?« Sie hielt mir einen vors Gesicht.
Ich nahm den Doughnut und legte ihn beiseite. »Sagt dir der Name Jev etwas?«
»Jev? Einfach Jev? Ist das eine Abkürzung?«
Es hörte sich an, als hätte Vee seinen Namen noch nie gehört.
»Ich habe einen Jungen getroffen«, erklärte ich. »Ich glaube, wir kannten uns, vielleicht vom letzten Sommer. Sein Name ist Jev.«
»Da kann ich dir nicht helfen, Kleines.«
»Vielleicht ist es die Abkürzung für etwas. Jevin, Jevon, Jevro …«
»Nein, nein und nochmals nein.«
Ich klappte mein Handy auf.
»Was machst du?«, fragte Vee.
»Ich schicke Marcie eine SMS.«
»Was willst du sie fragen?« Sie setzte sich gerade hin. »Hör mal, Nora …«
Ich schüttelte den Kopf, denn ich erriet Vees Gedanken. »Das ist nicht der Anfang einer unsterblichen Freundschaft, vertrau mir. Das ist der letzte Text, den ich ihr jemals schicken werde. Ich sage nur noch Netter Versuch zu ihren dicken, fetten Lügen.«
Vees Gesicht entspannte sich. Sie nickte weise. »Sag’s ihr, Kleines. Sag dieser Betrügerin, dass ihre Lügen nichts nützen, solange ich hinter dir stehe.«
Ich tippte meinen Text ein und drückte auf »Senden«.
ÜBERALL GESUCHT. KEINE KETTE. ZU DUMM.
Weniger als eine Minute später kam ihre Antwort.
SUCH GRÜNDLICHER.
»Heiter und freundlich wie immer«, murmelte ich.
»Willst du wissen, was ich denke?«, sagte Vee. »Die Sache zwischen deiner Mutter und Hanky Panky ist vielleicht gar nicht so schlecht. Es verschafft dir einen Vorteil gegenüber Marcie, ich würde also sagen, fördere die Beziehung mit allen Kräften.«
Ich warf ihr einen listigen Blick zu. »Du würdest das natürlich tun, was?«
»Hey, also, nichts mehr davon. Du weißt, ich habe keinen bösen Knochen in mir.«
»Nur zweihundertundsechs davon?«
Vee grinste. »Hab ich schon gesagt, wie gut es sich anfühlt, dich wiederzuhaben?«
Vierzehn
N ach dem Mittagessen fuhr ich nach Hause. Kaum hatte ich den VW auf der Betonplatte neben der Einfahrt abgestellt, kam meine Mutter in ihrem Taurus hineingeschaukelt. Als ich vorhin gegangen war, war sie zu Hause gewesen, und ich fragte mich, ob sie zum Mittagessen mit Hank hinausgeschlüpft war. Ich hatte nicht aufgehört zu lächeln, seit ich Enzo’s verlassen hatte, aber jetzt kühlte sich meine Laune plötzlich ab.
Mom parkte in der Garage und kam hinaus, um mich zu begrüßen. »Wie war das Mittagessen mit Vee?«
»Wie immer, wie immer. Und du? Heiße Verabredung zum Mittagessen?«, forschte ich unschuldig nach.
»Eher Arbeit.« Sie gab einen leidenden Seufzer von sich. »Hugo hat mich gebeten, diese Woche nach Boston zu reisen.«
Meine Mutter arbeitete für Hugo Renaldi, Eigentümer einer Auktionsfirma selben Namens. Hugo führte hochwertige Grundstücksauktionen durch, und der Job meiner Mutter war es, sich zu vergewissern, dass die Versteigerungen glatt verliefen, etwas, das sie nicht aus der Ferne tun konnte. Sie war ständig unterwegs und ließ mich allein zu Hause, und wir wussten beide, dass das keine ideale Situation war. Sie hatte in der Vergangenheit bereits darüber nachgedacht zu kündigen, aber dann war da immer die Sache mit dem Geld. Hugo zahlte ihr mehr – einiges mehr –, als sie irgendwo innerhalb der Stadtgrenze von Coldwater verdienen konnte. Hätte sie gekündigt, hätten wir Opfer bringen müssen, angefangen mit dem Verkauf des Farmhauses. Und da jede Erinnerung, die ich an meinen Vater hatte, von diesem Haus umhüllt war, konnte man sagen, dass ich zu dem Gebäude ein sentimentales Verhältnis hatte.
»Ich habe ihm abgesagt«, sagte Mom. »Ich habe ihm gesagt, ich müsste einen Job finden, für den ich nicht wegfahren muss.«
»Du hast ihm was gesagt?« Meine Überraschung verlor sich schnell, und ich spürte, wie sich langsam Angst in meine Stimme stahl. »Du kündigst? Hast du einen anderen Job gefunden? Heißt das, wir müssen ausziehen?« Ich konnte nicht glauben, dass sie diese Entscheidung ohne mich getroffen hatte. In der Vergangenheit hatten wir immer denselben Standpunkt vertreten: Ausziehen kam nicht in Frage.
»Hugo sagt, er würde sehen, was er tun kann, um einen Job hier am Ort für mich zu finden, aber ich sollte mir keine großen
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