Retter einer Welt
türmte sie übereinander auf, bis er durch eines der Fenster an der Decke sehen konnte. Er sah nach beiden Richtungen die Straße entlang, bevor er Lea ein Zeichen gab, daß sie anfangen könne.
»Du mußt den Schädel festhalten, Brion«, fuhr Lea fort. »Wahrscheinlich wird es kein sehr schöner Anblick sein, aber jedenfalls ist das der schnellste Weg.« Die Säge fraß sich in den Knochen hinein.
Einmal stieß Ulv einen leisen Warnruf aus und zog selbst den Kopf ein. Sie warteten ungeduldig, bis er sich davon überzeugt hatte, daß keine Gefahr mehr bestand. Brion hielt den Kopf des toten Magter fest, bis die Säge einen ganzen Kreis beschrieben hatte.
»Fertig«, kündigte Lea an und ließ die Säge einfach zu Boden fallen. Langsam klappte sie die Schädeldecke zurück und legte das Gehirn frei.
»Du hast die ganze Zeit über recht gehabt, Brion«, stellte sie dann fest. »Da hast du deinen Fremden.«
16.
Ulv stieg von seinem Beobachtungsposten herunter und starrte ebenfalls das Gehirn des Magter an. Die Tatsachen waren so offensichtlich, daß selbst Ulv sie erkannte.
»Ich habe schon tote Tiere und auch meine Leute mit offenen Schädeln gesehen«, meinte er nachdenklich. »Aber das hier kenne ich nicht.«
»Was ist das eigentlich?« fragte Brion.
»Der Eindringling, der Fremde, nach dem du gesucht hast«, erklärte Lea ihm.
Das Gehirn des Magter war um ein Drittel kleiner als das eines normalen Menschen. Der dadurch entstandene Hohlraum innerhalb des Schädels wurde von einer grünlichen Masse ausgefüllt. Sie war ähnlich wie das Gehirn geformt, wies aber einige lange Ausläufer und Fortsetze auf. Lea nahm das Skalpell und stocherte damit in der feuchten Masse herum.
»Es erinnert mich sehr stark an ein anderes Phänomen, das ich auf der Erde gesehen habe«, sagte sie. »Eine Fliegenart – Drepanosiphum platanoides – besitzt ein seltsames Organ, das Pseudova heißt. Nachdem ich diese Wucherung in dem Schädel eines Magter gesehen habe, kann ich gewisse Parallelen ziehen. Diese Fliegen werden von ähnlichen grünen Wucherungen befallen, die allerdings nicht den Kopf, sondern den halben Körper ausfüllen. Die Biologen haben sich lange darüber gewundert und komplizierte Theorien aufgestellt, bis es schließlich einem gelang, das grüne Zeug zu sezieren. Dabei stellte sich heraus, daß es sich um eine lebende Pflanze handelt, die für die Verdauung der Fliege unentbehrlich ist. Sie produziert nämlich die Enzyme, mit deren Hilfe das Insekt die Pflanzensäfte verdaut, von denen es sich ernährt.«
»Das ist doch nicht außergewöhnlich«, warf Brion enttäuscht ein. »Schließlich ist das bei den Menschen nicht sehr viel anders. Was ist der Unterschied zwischen dieser grünen Fliege und einem Menschen?«
»Der Unterschied liegt in der Tatsache begründet, daß die Fliege und ihre Flora in einem gegenseitigen Abhängigkeitsverhältnis leben, das für beide lebenswichtig ist. Die Pflanzensporen tauchen an verschiedenen Stellen im Körper des Insekts auf – aber immer in den Keimzellen. In jeder Eizelle sind einige zu finden, so daß jedes Ei, aus dem später eine Fliege ausschlüpft, bereits damit infiziert ist. Auf diese Art und Weise wird sichergestellt, daß die Symbiose ununterbrochen fortdauert.«
»Glaubst du, daß die grünen Körperchen im Blut der Magter den gleichen Zweck erfüllen?« fragte Brion.
»Ganz bestimmt«, versicherte Lea ihm. »Es muß sich um denselben Vorgang handeln. Auf diese Weise besteht die Möglichkeit, daß sie in die Samenzellen der Magter geraten, so daß jedes Kind bereits vor der Geburt davon befallen wird. Während das Kind wächst, breitet sich das grüne Zeug ebenfalls aus. Wahrscheinlich sogar sehr viel schneller, denn es scheint ein unkomplizierter Organismus zu sein. Ich nehme an, daß jedes Kind im Alter von sechs Monaten bereits stark damit infiziert ist.«
»Aber warum?« wollte Brion wissen. »Wie wirkt sich das aus?«
»Ich kann es noch nicht sicher sagen, aber die Tatsachen lassen nur einen Schluß zu. Ich möchte wetten, daß der Symbiont ein Zwischending zwischen Tier und Pflanze ist – wie die meisten Lebewesen auf Dis. Er ist einfach zu kompliziert, um sich in einer kurzen Zeit entwickelt zu haben, in der es schon Menschen auf diesem Planeten gibt. Die Magter müssen sich damit infiziert haben, als sie Fleisch aßen, in dem sich Sporen dieser Art befanden. Der Symbiont entwickelte sich in seiner neuen Umgebung ausgezeichnet, denn
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