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Rettet den Euro!: Warum wir Deutschland und Europa neu erfinden müssen (German Edition)

Rettet den Euro!: Warum wir Deutschland und Europa neu erfinden müssen (German Edition)

Titel: Rettet den Euro!: Warum wir Deutschland und Europa neu erfinden müssen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Hüfner
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simple ökonomische Frage – es ist eine Frage der Identität Europas, und deswegen gilt nicht nur für ihn ganz klar: »Aussi bien Mme Merkel que moi-même jamais – vous m’entendez, jamais – nous ne laisserons tomber l’euro, jamais« – Frau Merkel und ich selbst sind uns einig, dass wir den Euro niemals – ich wiederhole, niemals – fallenlassen werden, niemals.
    Selbst wenn man das Pathos vernachlässigt, so drücken diese Sätze ein tiefes Empfinden aus, das auch frühere französische Präsidenten geteilt hätten. Es basiert auf der festen Überzeugung, dass eine Zukunft ohne Euro und ohne Europa nicht möglich ist.

9. Keine Rückkehr in die heile Welt
     
    Eine Welt ohne Euro – da träumt manch einer von der Rückkehr in die angeblich so »heile Welt« vor der Währungsunion. Eine Welt mit einer unangefochtenen Bundesbank als einer, fast hätte ich gesagt, moralischen Instanz in Sachen Wirtschafts- und Währungspolitik. Eine Welt mit einer D-Mark, die über alle Zweifel erhaben war und immer Stabilität garantierte. Mit gesunden öffentlichen Finanzen, höherem Wachstum und niedrigerer Arbeitslosigkeit, einer von den Zwängen europäischer Rücksichtnahme freien Geld- und Wirtschaftspolitik.
    Alle, die von einer solchen Rückkehr in die schöne Welt der D-Mark träumen, befinden sich auf dem falschen Dampfer.
    Erstens war die Welt der D-Mark gar nicht so heil, wie viele es sich heute zurechtdenken. Die Bundesbank war nicht so unabhängig, wie es oft aussah. Sie musste auf die Partner in der EU Rücksicht nehmen. Sie war Teil des Europäischen Währungssystems mit festen, aber anpassungsfähigen Wechselkursen. Bei zu rigorosem Operieren drohten Aufwertungen der D-Mark, die niemand wollte. Intern lag die Bundesbank häufiger im Clinch mit der Regierung, sei es um die Zinspolitik oder beispielsweise um die Goldreserven.
    Die Unabhängigkeit der Bundesbank beruhte auf einem Bundesgesetz, das mit einfacher Mehrheit des Bundestages hätte geändert werden können. Sie war also weit weniger stark verankert als die Unabhängigkeit der Europäischen Zentralbank, die nur durch eine Änderung des Lissabon-Vertrages abgeschafft werden kann. Dazu bedarf es der Zustimmung der Parlamente aller Mitgliedsländer.
    Und auch bei der Preisstabilität kam es durchaus immer wieder zu Turbulenzen. Es gab Zeiten – in den Ölkrisen Mitte der 1970er und Anfang der 1980er Jahre –, in denen die Inflation in der Bundesrepublik auf über 7 Prozent stieg. Im Koreakrieg ging die Rate sogar über 11 Prozent. Über den ganzen Zeitraum von 1950 bis 1999 erhöhten sich die Preise in Deutschland jährlich um 2,7 Prozent. Das war schlechter als in den zehn Jahren der Europäischen Zentralbank (1,5 Prozent pro Jahr). Auch die öffentlichen Defizite waren keineswegs immer so niedrig, wie uns das aus heutiger Sicht erscheint. In den 1990er Jahren stiegen sie, was allerdings mit den außergewöhnlichen Bedingungen der Wiedervereinigung zusammenhing, zweimal auf über 3 Prozent. Das Maastricht-Kriterium wäre also auch damals gerissen worden. Vor allem gab es seinerzeit noch keine Schuldenbremse, wie wir sie nach der Einführung des Euro mit dem Stabilitäts- und Wachstumsgesetz hatten.
    Zweitens hat sich die Welt – auch unabhängig vom Euro – verändert. Die Globalisierung ist stark fortgeschritten und hat die Abhängigkeit der einzelnen Länder von der Weltgemeinschaft deutlich verstärkt. Im Jahr 2000 hatten die Entwicklungs- und Schwellenländer einen Anteil von erst 37 Prozent am Weltsozialprodukt, heute sind es fast 50 Prozent. Damit haben sich der Wettbewerbsdruck, aber auch die Absatzchancen auf diesen Märkten stark erhöht. Niemand kann heute mehr eine Politik betreiben, die sich nur an den Interessen der Industrieländer orientiert.
    Auch durch den starken Anstieg der Exportquote ist die gegenseitige Abhängigkeit der Länder gestiegen. In Deutschland betrug die Exportquote (also der Anteil der Ausfuhren am Bruttoinlandsprodukt) in der ersten Hälfte der 1990er Jahre noch 24 Prozent. Inzwischen hat sie sich auf das Doppelte erhöht. Bald wird sie die 50 Prozent überschreiten. Das ist dann eine ganz andere Welt.
    Auf den Kapitalmärkten ist die Einbindung in die globale Welt sogar noch deutlicher gestiegen. Die Banken operieren zunehmend weltweit. Deutschland war eines der Länder, die neben den USA am stärksten von der amerikanischen Subprime-Krise betroffen war. Der Anteil der Aktien und Anleihen,

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