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Rettet unser Geld

Rettet unser Geld

Titel: Rettet unser Geld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans-Olaf Henkel
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Freude über den Maastrichter Stabilitätspakt hatte man übersehen, dass er in Wirklichkeit gar nicht so stabil war. Man setzte strikte Maßstäbe fest, ließ aber bei deren Kontrolle die Striktheit vermissen. Hans Tietmeyer erinnerte sich, er habe als Bundesbanker »in Gesprächen mit Minister Waigel und seinen Mitarbeitern mehrfach auf die Schwachpunkte dieses Überwachungsverfahrens und die dabei vorgesehene Aufgabenverteilung von Kommission und Ministerrat hingewiesen … Weitergehende Klärungen des Überwachungsverfahrens und Verbesserungen seiner Effizienz konnten jedoch in den Vertragsverhandlungen selbst damals offenbar nicht durchgesetzt werden.«
    Dasselbe Problem zeigte sich in Hinblick auf Strafmaßnahmen, falls ein Mitglied die Regeln brach. Offenbar ging man davon aus, dass alle denselben »guten Willen« mitbrachten, weshalb man Drohgebärden als überflüssig erachtete. Bei Tietmeyer und seinen Bundesbank-Kollegen gingen die Alarmglocken, doch die Politiker blieben dafür taub. Geflissentlich übersah man, dass ein möglicher Bruch der Abmachungen nicht die unsicheren Kantonisten am Mittelmeer, sondern hauptsächlich den deutschen Steuerzahler treffen würde. Offenbar wollte man die schöne Harmonie, die sich in Europa eingestellt hatte, nicht durch kleinliche Kontrollmaßnahmen verderben.
    Damit war schon 1992 ein Hintertürchen entstanden, das Jahre später klammheimlich geöffnet wurde und heute, wo ich dies schreibe, sperrangelweit offen steht: Wer frevelt, hat wenig zu befürchten. Schon bei Durchsicht des Maastricht-Textes war
Tietmeyer aufgefallen, »dass für die maßgebliche Entscheidung zur Einleitung eines zur Sanktion führenden Verfahrens gegen einen Mitgliedstaat eine mehrheitliche Zustimmung des Ministerrates zum Kommissionsvotum erforderlich sei«. Im Gegensatz zu mir war ihm damals offensichtlich schon klar, »dass es dazu kaum kommen werde, insbesondere dann nicht, wenn mehrere Mitglieder in der Gefahr stünden, dass gegen sie ein ähnliches Verfahren eingeleitet werden könne«. Mit anderen Worten, die potenziellen Angeklagten saßen selbst mit auf der Richterbank.
    Noch vor Einführung des Euro - ab 1. Januar 1999 wurde er gesetzliche Buchungswährung - hat das in manchem Beobachter Misstrauen geweckt. Obwohl sich politische Elite und Wirtschaftsführerschaft gleichermaßen auf den Euro festgelegt hatten und ihn, wie ich selbst auch, geradezu herbeiwünschten, wurden doch auch Bedenken angemeldet, und sei es in Hinblick auf die Bundesbank, diese ebenso mächtige wie unabhängige Organisation, die nun bald entmachtet sein würde.
    Da ich in jenen Jahren kurze Kommentare für die Bild -Zeitung geschrieben habe, kann ich noch recht gut nachverfolgen, wie meine eigene Einstellung sich in den entscheidenden Jahren entwickelt hat. So meldete ich im Mai 2001, als noch die D-Mark im Umlauf war, Bedenken hinsichtlich der Stabilität des Euro an: »Der Euro sinkt und sinkt«, beklagte ich damals - tatsächlich hatte er gegenüber dem Dollar schnell an Boden verloren, von 1,19 Dollar im Januar 1999 sank er auf unter einen Dollar im Jahr 2001. Doch schien mir nicht der Euro selbst daran schuld, sondern die deutsche Politik: »Der Euro ist schwach wegen der Mark!«
    Monate vor der offiziellen Ausgabe des Euro-Gelds am 1. Januar 2002 hatte ich die neuen Münzen schon einmal vorgetestet. »Die neuen Euro-Münzen sehen gut aus«, berichtete ich in
Bild , »sie fühlen sich sympathisch an. Vor allem: Sie sind so hart wie die Münzen der Mark!« Das würden sie aber nur bleiben, so fügte ich hinzu, »wenn unsere Finanzpolitiker aufhören, immer neue Schulden zu machen und unsere Sozialpolitiker uns nicht weiter dazu verführen, uns mehr zu leisten als wir leisten - nur dann wird der Euro so hart, wie die D-Mark einmal war«. Leider hat meine Ahnung nicht getrogen.
    Bereits im Jahr vor Einführung des Euro als Buchungswährung hatte der Volkswirtschaftler Thilo Sarrazin, damals Geschäftsführer der Treuhandliegenschaftsgesellschaft, seine Gedanken über die neue Währung niedergeschrieben. Obwohl durchaus positiv eingestellt, ließ er doch, was die Ausschaltung der obersten deutschen Stabilitätsgaranten betraf, gewisse Skepsis anklingen. So berichtete er in seinem 1998 erschienenen Buch Der Euro - Chance oder Abenteuer? über die Sorgen der Bundesbank, die man beiseitegewischt hatte. Dazu gehörte der Einwand, dass eine Währungsunion »ohne baldige politische Union möglicherweise (oder

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