Rettet unser Geld
Europäer« zu erscheinen.
Von den Teilnehmern des BDI-Forums wurden immer wieder Bedenken geäußert, dass sich nicht nur in Fragen der Stabilität die »deutschen Verhältnisse« durchsetzen könnten - gemeint war eine fatale Konsequenz unseres bundesdeutschen Finanzausgleichs. »Sie haben die Furcht«, so notierte ich damals, »wir müssten in Zukunft für leichtfertige Budget- und Sozialpolitik anderer Länder eintreten. Man fürchtet, wenn das heute schon in Niedersachsen, Bremen oder im Saarland möglich ist, müsste es ja morgen in Spanien und Italien auch möglich sein.« Offenbar gab es schon 1995 eine Vorahnung, dass trotz No-bail-out -Klausel das Modell unseres Länderfinanzausgleichs auch in Europa Schule machen könnte.
Dennoch überwog in unserem Forum die positive Grundeinstellung, wie sich auch in folgender Notiz widerspiegelte: »Durch die Sicherstellung der Disziplin soll der Euro so hart wie die D-Mark werden.« Daran glaubte ich, und das wollte ich im Land als »frohe Botschaft« verkünden. In unzähligen Gesprächen, die ich vor allem in kleinen und mittleren Betrieben führte, ließ ich bewusst die gängigen Argumente wie etwa
Wegfall des Umtauschs beiseite, die sonst für den Euro ins Feld geführt wurden. Stattdessen betonte ich, dass nicht nur dem unfairen Abwertungsdruck der Weichwährungen ein Riegel vorgeschoben würde, sondern dass dank Maastricht endlich wieder die alte Haushaltsdisziplin bei uns Einzug hielte.
Der Euro-Stabilitätspakt würde unsere Politiker bleibend davon abhalten, sich zulasten zukünftiger Generationen weiter zu verschulden. Das war der entscheidende Punkt, und damit habe ich in der Tat gepunktet - übrigens auch bei der Regierung, die großen Wert darauf legte, dass ihr in Fragen Euro-Einführung von Unternehmerseite der Rücken gestärkt wurde. Wie ernst sie es mit den Konvergenzkriterien nehmen würde, das stand auf einem anderen Blatt.
Wer aber sollte neben den »sicheren Kandidaten« in den Euro-Kreis aufgenommen werden? Zur Debatte standen, wie gesagt, die »Wackelkandidaten« Italien und Spanien, in dieser Reihenfolge. Populär war das nicht. Kein Politiker konnte sich hier zu weit aus dem Fenster lehnen, ohne Konsequenzen bei den nächsten Wahlen befürchten zu müssen. Bei den Deutschen galt schon als schlimm genug, die Mark abgeben zu müssen; dass man sich darüber hinaus mit der Lira und ihren vielen Nullen zusammentat, schien geradezu ausgeschlossen, von Spaniens inflationärer Pesete ganz zu schweigen.
Angesichts der berechnenden Zurückhaltung der Politik stellte sich mir damals die Frage, ob nicht der BDI die Initiative ergreifen sollte. Vielleicht konnten wir als Vertreter der deutschen Industrie die Regierungen in Italien und Spanien in ihrem bereits eingeschlagenen Stabilitätskurs unterstützen, ohne den es keine Euro-Mitgliedschaft geben würde. 1996 war mein Freund Romano Prodi, einst Professor für Volkswirtschaft und Industriepolitik in Bologna sowie Mitglied im Beirat der IBM Europa, mit seinem Wahlbündnis »Olivenbaum« zum italienischen
Ministerpräsidenten gewählt worden. Im März des folgenden Jahres bin ich mit einer Delegation aus Wirtschafts- und Meinungsführern nach Mailand geflogen, wo wir ihn zu einem entspannten Gespräch über seine Reformpolitik und die Euro-Einführung trafen. Tage später sahen wir ihn in Rom wieder, wo er uns im Palazzo Chigi empfing, um dieselben Themen in einem großen Kreis von Wirtschaftsführern zu diskutieren.
Damals hatte er das Wunder geschafft, seinem Land einen rigorosen Sparkurs zu verschreiben, wodurch die Neuverschuldung auch wegen einer »Eurosteuer« tatsächlich unter die 3 Prozent von Maastricht sank. Dank der Hoffnung auf den Euro hatte Prodi, trotz heftiger Proteste, mehr Reformen durchsetzen können als Dutzende italienischer Nachkriegsregierungen zusammen. Für mich war damit der Beweis erbracht, dass sich die Maastrichter Konvergenzkriterien perfekt als Disziplinierungsmittel für Staatshaushalte eigneten. Von Haus aus Wissenschaftler, informierte Prodi uns ohne das übliche Politikergewäsch über seine Vorgehensweise, deren unbestreitbarer Erfolg mich in meiner Überzeugung bestärkte: Maastricht wirkte, noch bevor der Euro eingeführt war. Nachträglich zeigte sich, dass Prodis Zahlen stimmten; scherzhaft ausgedrückt, haben erst die Griechen mit dem Türken begonnen.
Nach unserer Rückkehr aus Rom habe ich Kanzler Kohl und Finanzminister Waigel über die Gespräche mit
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