Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Rettet unser Geld

Rettet unser Geld

Titel: Rettet unser Geld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans-Olaf Henkel
Vom Netzwerk:
übereinstimmen, dass Regelverstöße in Zukunft härter bestraft werden müssen - beziehungsweise überhaupt bestraft werden müssen, denn aus »Solidarität« hat man ja bisher davon abgesehen. Brüssel drohte zwar immer mal wieder mit Sanktionen, verwirklichte sie aber nie; früher nannte man so etwas einen Papiertiger.
    Fast rührend erschien mir der Versuch der Deutschen, über die Verschärfungen des Stabilitätspaktes hinaus eine zusätzliche Abstrafung durch Stimmrechtsentzug für Defizitsünder einzuführen. Das kam nun, nachdem man bereits über den Tisch gezogen war, reichlich spät. »Nachkarten gilt nicht«, sagt der Volksmund, und so erging es auch den zu spät erwachten
Stabilitätshütern um Wolfgang Schäuble. Gleich meldete sich der österreichische Finanzminister Josef Pröll zu Wort und klärte die Deutschen darüber auf, dass es für derlei Wünsche »realpolitisch keine Umsetzungsmöglichkeiten« gäbe.
    Überhaupt muss man sich über die Naivität der deutschen Regierung wundern, die doch wissen musste, dass eine solche Änderung des Lissabon-Vertrags in allen 27 Ländern umfangreiche Gesetzgebungsprozesse, einige begleitet von Volksbefragungen, erfordern würde. Offenbar will man in Berlin nicht wahrhaben, dass die Partie, die man so gerne »herumdrehen« würde, längst gelaufen ist. Und dass wir, wieder einmal - und wieder einmal durch eigene Schuld -, die Verlierer sind.
    Da die von den Deutschen erträumten Strafaktionen also nicht durchsetzbar sind, schlägt EU-Präsident Herman Van Rompuy vor, dass im Falle einer nochmaligen Verletzung der Konvergenzkriterien das Äquivalent von 0,2 Prozent des Bruttoinlandsprodukts des jeweiligen »Sünders« nach Brüssel überwiesen werden muss. Er möchte, dass diese Maßnahme automatisch und ohne politischen Einfluss zwingend zu erfolgen hat. Nun, es wundert niemanden, dass die französische Wirtschafts- und Finanzministerin sich diesem Plan entgegenstellt. Ihre verblüffend ehrliche und entlarvende Begründung dafür lautet: »Man kann das doch nicht Experten überlassen«! Ja, wem denn sonst? Doch wieder den Politikern? Das hatten wir schon einmal mit dem bekannten Ergebnis.
    Nicht überraschend kam es denn auch, dass sich Sarkozy und Merkel am 19. Oktober 2010 in Deauville einigten, auf eine automatische Bestrafung von Defizitsündern zu verzichten; vielmehr solle der Europäische Rat, in dem bekanntlich lauter potenzielle Defizitsünder sitzen, mit Mehrheit darüber entscheiden. Um Sarkozys neuerlichen Triumph über deutsche Interessen zu vervollständigen, stimmte die Kanzlerin im gleichen
Atemzug zu, den 2013 auslaufenden Rettungsschirm, dieses Damoklesschwert für den deutschen Steuerzahler, in einen »dauerhaften Mechanismus« umzuwandeln.
    Mit Sicherheit führt all das auch wieder zu neuen Jobs für abgehalfterte, ausrangierte oder zwischengeparkte Landespolitiker. Schon bei den Entscheidungen zur Vermeidung einer neuen Bankenkrise war das so. Laut Gemeinschaftsbeschluss sollen ab 2011 die guten Vorsätze durch drei neue Behörden durchgesetzt werden, denen die Aufsicht über den europäischen Finanzmarkt obliegt: In Paris wird die Bankenbehörde (EBA) sitzen, in London die Aufsicht über die Börsen (ESMA), und die Versicherungskontrolle kommt nach Frankfurt (EIO-PA). Schöne neue Bürokratenwelt!
    Das klingt gut, beruhigt die »erregten Gemüter« - und zeigt doch einen entscheidenden Webfehler: Wenn Brüssel nicht weiter wusste, schuf es jedesmal eine neue Behörde, also neue Planstellen, neue Einflussmöglichkeiten, erweiterte Machtbefugnisse. Und auch an Vorgaben hat es bislang, weiß Gott, nicht gefehlt. Brüssel erstickte Europa in einem Regeldickicht, das wucherte wie die Hecke um das Dornröschenschloss. Wer die Disziplin besaß, hielt sich an dieses Vorgabengewirr; wer keine Lust hatte, durchhieb es mit dem Schwert nationaler Interessen. Der Gehorsame - und jeder weiß, an wen ich hier denke - war immer der Dumme; und Vorteile schuf sich der Schlaue, der einfach die Regeln brach, wenn es ihm zupasskam.
    Warum nun ausgerechnet die neuen Regeln befolgt werden sollten, erschließt sich mir nicht. Vor allem: Warum sollten die Politiker in Zukunft über höhere Hürden springen, wenn sie nicht einmal fähig oder bereit waren, die niedrigeren zu nehmen? Was soll ein Vorschlag, im Falle einer Verletzung der Konvergenzkriterien die Strafzahlungen zu erhöhen, wenn man die niedrigeren schon nicht eintreiben konnte? Irgendwann
sind die

Weitere Kostenlose Bücher