Rettungskreuzer Ikarus Band 003 - Der Gott der Danari
Hut mit einem goldenen Geflecht. Seinen Körper verhüllte ein mit grünem Pelz gefütterter Mantel. Der Mann trat an den Rand des Podestes und hob eine dünne Hand, an der mehr Ringe glitzerten als in der Auslage eines High-Society-Juweliers auf Vinria III.
Die Menschen brachen augenblicklich in wildes, jubelndes Geschrei aus und warfen die Hände in die Höhe. Erst als Trooid ihn anstieß, dachte Weenderveen daran, es ihnen gleich zu tun. Dabei beobachtete er, wie der Mann die Huldigungen mit einem leeren Lächeln entgegennahm und sich dann matt umwandte, um sich auf dem Thron niederzulassen.
»Wer ist das? Der Hohepriester von diesen Gelbgekleideten?«, mutmaßte Anande leise neben ihm, und Weenderveen zuckte mit den Schultern.
»Sicher nicht«, meldete sich Thorpa, da ihn in dem Gejohle ohnehin keiner der Fremden hören würde. »Er ist weder in Gelb oder Gold gekleidet, noch trägt er irgendwelche Sonnensymbole bei sich wie die Priester.« Der Pentakka reckte sich und schaffte es, nicht mit seinen üblichen ausladenden Gesten auf das Podest zu deuten. »Auch die anderen gleichen den Priestern überhaupt nicht. Ich vermute demnach, dass es sich hierbei um den weltlichen Anführer dieser Gesellschaft handelt, einen ›König‹ oder auch einen ›Kaiser‹ oder auch einen ›Grafen‹ oder ...«
»Nennen wir ihn ›den König‹«, schnitt Anande ihm rasch das Wort ab, ohne die restlichen drei Dutzend Möglichkeiten abzuwarten. Er musste mittlerweile schreien, denn auch wenn der ›König‹ nur still auf seinem Thron saß und nichts auf der Tribüne sich rührte, brandete der Jubel plötzlich noch einmal in ungekannter Stärke auf. »Aber selbst diese Sache hilft uns bei unserer Suche nicht weiter!«
»Im Gegenteil, Doktor«, warf Trooid ernst ein und wies nach oben, über das Podest und den Thron hinaus auf den Balkon. Dort war ein weiteres Portal aufgegangen, und eine zweite Gruppe von Leuten trat heraus. Sie sahen Männer und Frauen in schlichten, gelben Roben. Jeder trug ein goldenes Amulett in Form einer flammenden Sonnenscheibe um den Hals. Viele von ihnen hatten blinde Augen, die unheimlich weiß und leer über die Menge starrten. Zwischen sich führten sie eine Gestalt, einen hoch gewachsenen Mann mit langen, goldblonden Haaren und einem angenehm geschnittenen Gesicht, der in fließendes Gold gekleidet zu sein schien.
Trooid nickte Anande noch einmal zu. »Wir brauchen nicht mehr weiterzusuchen, Doktor. Darf ich vorstellen: Julien Robert Leroc.«
Und als hätte der Mann auf dem Balkon die Worte des Droids gehört, trat er noch weiter nach vorne, breitete die Arme aus und glänzte heller als die Sonne selbst. Im gleichen Moment geschah etwas, was so unerwartet und erstaunlich war, dass es selbst der Besatzung der Ikarus wie ein Wunder erschien.
Die heiße Luft über dem Platz flackerte und flimmerte, dann sammelte sich das Sonnenlicht und formte sich zu einer Gestalt aus flüssigem Gold. So groß, als würde es die Sonne selbst berühren wollen, leuchtete das Abbild Julien Robert Lerocs über dem Platz, eine halb durchscheinende Gestalt von gigantischem Ausmaß, die Hände zu einem Segen ausgebreitet, dem niemand sich entziehen konnte.
Alle Menschen auf dem Platz senkten wie ein einziges Wesen die Köpfe und fielen auf die Knie nieder. Trooid legte Anande und Weenderveen je eine Hand auf die Schulter und drückte sie sanft, aber bestimmt zu Boden, ehe sie mit ihren aufgeklappten Mündern und dem starren Blick Anstoß erregen konnten.
Der Sohn der Sonne hatte seinen Auftritt gehabt – wie immer so glanzvoll und blendend, dass selbst ihm keine andere Wahl blieb, als Verehrung und Furcht zu spüren. Marekal kauerte sich hinter eine Statue und starrte feindselig zu dem Balkon hinauf, konnte jedoch nicht verhindern, dass seine Hände zitterten.
Die Priester sagten, er solle stolz sein, dass seiner Generation diese völlig unverdiente Gnade zuteil geworden war. Seit Jahrhunderten warteten sie auf Andaschis eigenen Sohn, den Boten des Lichtgottes. Und nun war er zu ihnen gekommen, zu denen, die nicht gezweifelt und nicht gesündigt hatten, um sie in ein neues Zeitalter goldener Verheißung zu führen.
Der Mann biss die Zähne zusammen und beherrschte sich, um nicht auf den Boden zu spucken, während alle um ihn herum in Demut niederknieten und die Priester den ersten Gesang anstimmten: einen Gesang zu Ehren des Kajabar, des weltlichen Herrschers.
Da saß der Kajabar, im Kreise seiner Höflinge,
Weitere Kostenlose Bücher