Rettungskreuzer Ikarus Band 003 - Der Gott der Danari
begrüßen sollte, als hinter ihm Trooid durch die Tür trat.
Und plötzlich, als würde ein dichter Schleier von seinen Gedanken gezogen, verschwand die leichte Sorglosigkeit, die ihn bisher erfüllt hatte. Alles, was er von sich geben konnte, war ein leises Stöhnen, als er erkannte, in was für eine Situation er sich und seine Kameraden gebracht hatte. Er warf Trooid einen Blick zu, der sagte ›Wie konntest du das zulassen?‹, und der erwiderte ihn mit einem Schulterzucken: ›Was hätte ich tun sollen?‹
Die Priester dagegen lächelten stoisch.
»›Willkommen‹ wäre das falsche Wort«, durchbrach eine zierliche Frau mit auffallend hellen Haaren das unbehagliche Schweigen. Sie trat einen Schritt vor und musterte die Leute der Ikarus . Ihr Lächeln war so herzlich wie ein Bündel Rasierklingen und ihre Miene eisige Herablassung. »Ich denke, wir können davon ausgehen, dass ihr hinter dem Attentat steckt? Ohne diese Ablenkung wäret ihr nicht so weit gekommen.«
Anande wandte den Kopf und erwiderte den Blick unbewegt. Seine Augen verengten sich. »Sie können davon ausgehen – aber dann würden sie einem Irrtum unterliegen. Wir wären ohne die Unruhe nicht so weit gekommen, das ist wahr. Aber wir haben sie nicht verursacht.«
Seltsamerweise schien die Frau ihm zu glauben, denn sie nickte nur kurz. Dann musterte sie die kleine Gruppe eingehend.
»Andaschis Wege sind sonderbar, selbst im Licht. Ich sehe zwei Männer und ich spüre zwei Seelen ... aber das Bild passt nicht zusammen.«
Sie ging mit leichten Schritten zu Trooid hinüber und schien keine Angst zu haben, sich den Fremden zu nähern. Leichtsinn konnte sich Anande nicht als Grund für diese Selbstsicherheit vorstellen. Blieb nur Macht.
»Dieser Mann hat keine Seele«, fuhr sie mit sanfter Stimme fort. Dann zog sie mit einem raschen Ruck die Decke von Thorpas Tragekorb. »Aber dieses scheinbar leblose Holz.«
Ihr kalter Blick kehrte zurück zu Anande. »Was wollt ihr hier?«
»Ihn.« Anande zeigte auf Leroc, der bislang unbeteiligt im Hintergrund gestanden hatte. Vielleicht sollte der Halbkreis der Priester ihn auch schützen. »Er ist nicht der, als den Sie ihn vor dem Volk ausgeben. Ich weiß das, er weiß das ... und Sie wissen es auch. Lassen Sie ihn gehen. Er gehört nicht hierher.«
Das Rasierklingenlächeln kehrte zurück, und für einen Moment fragte sich Anande, wie die Priesterin eines Sonnengottes so verdammt kalt sein konnte. Wenn er ehrlich war, missfiel ihm das nicht einmal. Er spürte den scharfen Verstand hinter den harten Augen und empfand Respekt.
»Dir wird eine große Ehre zuteil, Fremder. Es wird dir gestattet sein, mit Andaschis eigenem Sohn zu sprechen, dem Sohn des Sonnengottes, dessen Licht hell über uns scheint.«
Die Priesterin hob die Hand und die anderen Gelbgekleideten wichen zurück. Zwischen ihnen hindurch trat Leroc, hoheitsvoll in seinem goldenen Prunkgewand. Es war schwer, sich diesen Mann in dem beengten Forschungsschiff vorzustellen, als er mit hoch erhobenem Kopf an den Priestern vorbeiging, die sich ehrerbietig vor ihm verneigten. Aber Anande wusste, dass Trooid sich nicht irren konnte. Ähnlichkeiten würden ihn nicht irritieren. Er war sich sicher, dass der Droid längst einen Retinascan gemacht hatte, der einwandfrei bewies, wen sie vor sich hatten.
Als hätte er die Gedanken des Doktors erraten, wandte sich Trooid kurz zu ihm um und nickte. Dann war Leroc bei ihnen und musterte sie mit einem ausdruckslosen Gesicht.
»Julien Robert Leroc«, grüßte Anande den Weltenforscher und ignorierte die Priester und ihr Gehabe. »Ich bin Dr. Jovian Anande vom Rettungskreuzer Ikarus . Wir sind froh, Sie hier gesund und unverletzt gefunden zu haben und möchten Sie gern so bald wie möglich nach Hause bringen.«
Ein kurzer Moment des Schweigens trat ein, dann drehte sich Leroc zu der Priesterin.
»Die Worte dieser Fremden sind sonderbar. Aber wer die Macht meines Vaters in seinem eigenen Tempel herausfordert, ist verwirrt durch das Dunkel der Nacht. Anderes ist von Frevlern nicht zu erwarten.«
Die Priesterin verbeugte sich demütig und schaffte es dabei, Anande einen Blick unter halb gesenkten Lidern zuzuwerfen, der von Spott und Selbstzufriedenheit glühte.
»Die Weisheit Eures Vaters ist blendend in euch, oh mein Herr. So ist es an euch zu bestimmen, welches Schicksal diese Fremden für ihre Frevel ereilen soll.«
Anande sog scharf den Atem ein. Vielleicht konnte Leroc vor den Fremden nicht frei
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