Rettungskreuzer Ikarus Band 018 - Präludium
gewesen, hätte er
sie mit Füßen getreten.
Er ist dein Herr, oder nicht? Die Stimme Arkeleos formte sich so klar
und deutlich in ihrem Kopf, als hätte der Angeli laut gesprochen.
Nicole straffte sich. Ohne etwas zu erwidern – weder verbal, noch gedanklich
– verließ sie den Besprechungsraum. Sie wollte raus hier, einfach
nur weg. Fort von ihm . Auf eines der anderen Schiffe oder zurück
auf die Oberfläche Saphirs. Doch das ging nicht. Auch wenn Joran ihr den
Rang eines Captains gelassen hatte, so wusste doch jeder Offizier in dieser
Flotte, dass Nicole ohne Seiner Majestät Genehmigung keinen Schritt vor
die Tür machen durfte.
Vor einem der unzähligen Aufzüge an Bord der Praetorianer blieb
Nicole stehen. Sie betrat die Kabine und wollte das Deck für die Unterkünfte
anwählen, als ein Schatten über die Schwelle huschte. Nicole fuhr
erschrocken zusammen und erkannte erst kurz darauf Tanna Remir, den weiblichen
Lakai Arkeleos'.
»Hi«, sagte die Fremde.
Zwischen Nicoles Brauen entstand eine steile Falte. »Bitte?«
»So sagt man doch zur Begrüßung bei Ihnen, oder nicht?«
Verwundert blickte der Captain die andere Frau an. Noch vor ein paar Stunden
hätte sie sie am liebsten im Quartier Arkeleos' erschlagen und jetzt versuchte
sie sich in Smalltalk?
Nicole beging nicht den Fehler, auf die Freundlichkeitsmasche einzugehen. Sie
hatte im Konferenzraum miterlebt, auf welch wackeligen Füßen die
Allianz zwischen dem Multimperium und den Fremden, die Joran Outsider nannte, stand.
»Wohin darf es gehen?«
»Zeigen Sie mir die Brücke!« Der Tonfall Tannas wurde wieder
schroff. Das sicherste Anzeichen dafür, wie aufrichtig die lockere Begrüßung
gemeint war.
Falsche Schlange , dachte Nicole und befahl dem Lift-Computer den Transport
zur Brücke. Die Kabine ruckte kurz an. Die nächsten fünf Minuten
schienen die längsten in Nicoles Leben zu sein. Unerträgliches Schweigen
breitete sich im Aufzug aus und raubte ihr schier den Atem. Nicole sah auf ihre
Fußspitzen, versuchte sich darauf zu konzentrieren und an irgendetwas
anderes zu denken, doch ständig kehrten ihre Gedanken zu der Fremden zurück.
Eine kreatürliche Angst saß ihr im Nacken – sie rechnete jeden
Augenblick damit, dass Tanna sie von hinten angreifen und ihr das Genick brechen
würde.
Verrückt!
Gerade als die Vorstellung übermächtig wurde und Nicole kurz davor
stand herumzufahren und die andere niederzuringen, stoppte der Lift. Hastig
trat der Captain aus der Kabine und atmete eine Spur zu laut aus. Sie glaubte
nicht, dass Tanna ebenso telepathisch veranlagt war wie die Blauhäutigen,
aber das wissende Lächeln auf den Lippen des Herrlichen Lakai zeigte ihr,
dass Tanna genau ahnte, welche Ängste Nicole ausgestanden hatte.
»Vermissen Sie Ihr Schiff?«, fragte Tanna auf dem Weg zur Brücke.
Der Kommandogang war von Offizieren und Mannschaften fast überfüllt.
Überall hetzten Männer und Frauen in der Uniform der kaiserlichen
Flotte über das Deck, um zu ihren Posten zu gelangen, Nachrichten zu überbringen,
Daten auszuwerten oder Gerätschaften zu benötigten Stationen zu transportieren.
Das Schiff machte sich gefechtsklar. Das bedeutete nicht zwangsläufig,
dass man sich zu einem Kampf rüstete, sondern die Praetorianer in
einen erhöhten Alarmzustand versetzt wurde.
»So viele Menschen, um ein einziges Schiff zu steuern«, sagte Tanna
Remir.
Sie betraten die Kommandozentrale des Ersatzflaggschiffs. Mehr als ein Dutzend
Leute der Brückencrew hielten sich an ihren Plätzen auf. Im Sessel
des Kommandanten saß Captain Mar'Tinn Hooyar und führte über
den Kommunikationskanal eine hitzige Diskussion mit dem Captain der Britannia.
»Ist es bei Ihnen anders?«, fragte Nicole. »Wie groß ist
die Besatzung eines Hairaumers?«
Tanna runzelte die Stirn, woraufhin der Captain in Richtung des Hauptschirms
nickte, auf dem zwei der fünf Riesenschiffe in Formation die Stählerne
Faust flankierten. Neben den Raumgiganten wirkte der für menschliche
Verhältnisse bereits übergroße Schlachtkreuzer wie ein unscheinbares
Insekt.
»Sie haben die Form einer Fischart, die es auf einem unserer früheren
Planeten gab.«
Der weibliche Lakai setzte zu einer Antwort an, hielt dann plötzlich inne.
Anscheinend erinnerte Tanna sich im letzten Moment daran, taktische Geheimnisse
preisgeben zu können, wenn sie die Mannschaftsstärke ihrer
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