Rettungskreuzer Ikarus Band 021 - Putsch der Heiligen
Befürchtung, Ash würde
etwas Heldenhaftes versuchen. Zum Glück schien sich der junge Mann generell
durchaus unter Kontrolle zu haben.
Das »Ah ja!« des Commanders hatte den Effekt auf Ash, ihn ein wenig
in seinem Übermut zu zügeln, doch jetzt, da er schon einmal angefangen
hatte, musste er da durch.
»Commander, ich vermute folgendes: Diese Nachricht ist wichtig und oder
wurde von jemandem geschickt, der zumindest meinte, sie sei wichtig. Um dies
zu unterstreichen, wurden wir ein wenig wach geschüttelt – durch den
vollständigen Systemausfall nämlich. Nach dem Wachschütteln tauchte
die Botschaft auf, und sie bleibt hier auf dem Monitor, damit wir sie auch ja
nicht vergessen. Alles schreit: Dringend!«
»Alles schreit: Blödsinn!«, konterte Merc und schaute Ash vorwurfsvoll
an. »Was soll der Quatsch? Wenn jemand uns etwas mitteilen möchte,
reicht ein Funkspruch.«
»Wenn jemand uns etwas sehr wichtiges mitteilen und dabei gleichzeitig
unter Beweis stellen möchte, dass er als Absender nicht ein Irgendwer ist,
sondern jemand, der einzuschätzen weiß, wann etwas dringend ist und
wann nicht, dann würde er es durchaus auf diese Art und Weise machen. Die
Tatsache, dass er in der Lage ist, die Phönix an und auszuknipsen
wie einen Lichtschalter, sollten wir dabei ebenfalls bedenken.«
Hellerman hatte den Disput schweigend verfolgt. Als Merc nun nicht mehr als
ein Schnauben ausstieß und den Streit offenbar nicht fortsetzen wollte,
ergriff er wieder das Wort.
»Ash, Ihre Theorie ist nicht abwegig. Vor allem dann nicht, wenn man in
Betracht zieht, dass diese Nachricht aus Raumkoordinaten besteht, die in unserem
Sternenkatalog als System CH-6678 eingetragen sind, immerhin runde 950 Lichtjahre
von hier im Outback. Vor 27 Jahren von ›Neue Welten‹ katalogisiert,
mit dem Hinweis, dass man ein Kontakterteam entsenden wolle, da man dort eine
der Zivilisationen vorgefunden habe, die nach der Großen Stille vom galaktischen
Geschehen abgetrennt worden sei.«
Ash horchte auf. Der Commander hatte offenbar sofort seine Hausaufgaben gemacht,
denn auf seinem Computerpad spulten sich die Datenkolonnen seiner Speicherabfrage
ab.
»Wurde eines geschickt?«
Hellerman konsultierte die Daten.
»Nein, das System ist zu weit weg, es ist im Explorationsplan der Kontakter
erst für die kommenden zwanzig Jahre vorgesehen – es gibt offenbar
nichts Dringendes oder Wertvolles auf dieser Welt.«
»Jetzt schon«, behauptete Ash wieder und ignorierte den giftigen Blick
des Chefingenieurs. »Ich würde vorschlagen, dass wir uns dort umsehen.«
»Und genauso wie Sentenza seine Ikarus I bei solch einem Abenteuer
verloren hat ...«, fing Merc an, begegnete dem Blick Hellermans und brach
ab.
»Sentenza ist seit der Katastrophe auf Sankt Salusa verschollen«,
erwiderte der Commander. »Ich werde Vortex Outpost informieren. Die Ikarus ist weit weg, auf Mission im Corpsgebiet selbst. Es bleiben nur wir.«
Ash lächelte. »Auch das sollten wir bedenken. Ich bin mir sicher,
auch nur wir haben diese Nachricht erhalten. Das hat bestimmt was mit ... mit
... allem zu tun.«
Merc schnaubte. Hellerman runzelte die Stirn. Er beschloss, nicht weiter danach
zu fragen, was Ash mit »allem« meinte. Der junge Lieutenant hatte
definitiv zu viele gute Ideen, es würde ihm möglicherweise nicht schmecken,
was er dann zu hören bekam.
»Wir nehmen den Kurs auf, sobald wir den Systemcheck abgeschlossen haben.«
»Aber Commander ...«, wollte Merc nun doch aufbegehren, doch Hellerman
schüttelte nur den Kopf.
»Ich gebe ja nicht viel auf Vorahnungen, aber diesmal könnte Ash tatsächlich
Recht haben«, meinte er nur.
»Womit Recht?«
Hellerman lächelte.
»Mit ... allem.«
Sankt Helmor war ein Verkehrsknotenpunkt der Galaktischen Kirche. Es war eine
relativ unbedeutende Transitstation für den normalen Handel und Personenverkehr,
wenngleich offen für jeden Reisenden, aber sie wurde regelmäßig
von den Transportschiffen der Kirche angeflogen. Die Missionsflotte unterhielt
eine Werft und einen großen Wohnbereich auf dem ausgehöhlten Asteroiden
und zentrale Warenlager speisten das interne Logistiksystem der gigantischen
Organisation. Prior Martinus kannte diesen Stützpunkt gut, in seiner Eigenschaft
als Verantwortlicher für die Kirchenlogistik war er hier oft zu Gast gewesen.
Die Tatsache, dass er in der Wartehalle für Individualreisende
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