Rettungskreuzer Ikarus Band 030 - Held wider Willen
Raumhafen entstanden, auf dem die sieben Schiffe der Gesellschaft
mit donnernden Antrieben landeten, wenn sie mit vollen Bäuchen von ihren
Flügen zum Asteroidengürtel zurückkehrten. Wenn sich die Katastrophe
nicht aufhalten ließ, würde die Matrone dafür sorgen, dass so
viele Mitarbeiter wie möglich in die Erzschiffe geladen und in Sicherheit
gebracht würden, davon war Ruklei überzeugt. Vermutlich würden
sie ihr einen Platz frei halten.
Es war nicht die Hauptstauzeit, trotzdem waren ungewöhnlich viele Gleiter
unterwegs, vielleicht wegen der beschädigten Bahn. Viel zu gemächlich
kroch der Verkehr den Hang des Großen Puddings hinauf, eines flachen Berges,
der sich vor der Hauptstadt erhob. Oft hatte sich Ruklei gefragt, warum die
auf Effektivität bedachten Ratsleute nicht einen Tunnel durch den Berg
hatten graben lassen, denn dann wäre die Straße um einige Meilen
kürzer geworden.
Dies war wirklich ein besonderer Tag, denn ganz abgesehen von der Sache mit
dem Asteroiden, sollte Ruklei auch endlich eine Antwort auf diese Frage erhalten.
Sogar eine ziemlich dramatische.
Zuerst dachte sie, der große, rosarote Gleiter, der viel zu dicht hinter
ihr fuhr, hätte sie gerammt, als ein heftiger Ruck durch ihr Fahrzeug ging.
Ruklei schrie auf, halb vor Überraschung und halb aus Zorn, und wandte
sich in dem breiten Fahrersessel um. Aber der rosafarbene Gleiter hatte mehr
Abstand als je zuvor. Nicht nur war er plötzlich gut zehn Meter hinter
ihr, er erhob sich auch gerade mit einem kühnen Sprung drei Meter senkrecht
in die Luft, nur um kurz darauf mit voller Wucht auf die Straße zu krachen.
Als würde sie der Wucht des Aufpralls nicht gewachsen sein, brach die Straßendecke
auf und ein Riss entstand, der rasch breiter wurde. Ruklei sah den verblüfften
Ausdruck auf dem Gesicht des Fahrers, als sein Fahrzeug wie in Zeitlupe nach
vorne kippte und in dem Spalt verschwand. Ein gewaltiges, donnerndes Tosen begleitete
den Absturz, aber es kam nicht von dem Gleiter. Die Luft dröhnte von dem
Ton und Ruklei spürte, wie ihre Knochen vibrierten. Langsam, wie in einem
Traum, wandte sich den Blick wieder nach vorne und sah auf den Ursprung des
Donnerns.
Die Kuppe des Großen Puddings hatte sich geöffnet, oder besser gesagt:
sie war von den unglaublichen Kräften weggesprengt worden, die im Inneren
des Berges erwacht waren. Vielleicht, weil der Berg so einen malerischen Namen
hatte, vielleicht auch wegen der natürlichen Veranlagung der Schluttnick,
dachte Ruklei unwillkürlich an eine Nachspeise, über die der Koch
gerade einen Topf voll dampfender Flump beerensoße ausgegossen hatte.
Eine leuchtend weißgelbe Substanz quoll über die Hänge des Berges
und strömte mit großer Geschwindigkeit in das Tal. Es dauerte für
eine Frau der Wissenschaft beschämend lange, bis Ruklei begriff, dass es
sich um Lava handelte.
Der Große Pudding war ein alter Vulkan.
Und er hatte sich von allen möglichen Tagen gerade diesen ausgesucht, um
auszubrechen.
Andere Fahrer waren schneller und praktischer im Denken als die Astronomin.
Sie hatten erkannt, dass die Straße genau auf dem Weg lag, den der Lavastrom
so unbeirrt nahm. Und sie wollten nicht mehr da sein, wenn er sie erreichte.
Einem gemeinsamen Aufheulen der Generatoren zahlreicher Gleiter folgten einige
scheppernde Geräusche, Flüche und Schreie, als Hunderte von Fahrzeugen
in Panik aufeinander prallten.
Ruklei erwachte aus ihrer Erstarrung, als ein zweiter Schlag durch die Erde
ging und ihren Gleiter in die Luft schleuderte. Das Schicksal ihres rosaroten
Hintermannes schoss ihr siedendheiß durch den Kopf, und kaum berührten
ihre Luftkissen wieder den Boden, als sie schon beschleunigte. Mit Glück
quetschte sie sich zwischen zwei anderen Gleitern hindurch, von denen einer
auf der Seite lag, und schlitterte am Rand der Straße entlang. Wie schon
viele vor ihr, kam sie vom Weg ab und merkte, dass der Gleiter jetzt über
die scharfkantigen Felsen neben der Trasse raste. Sie jagte mit heulendem Motor
den Berghang hinunter und sah unten eine kleine Stadt, eine der Reichensiedlungen,
die vor das Panorama des Großen Puddings gesetzt worden war. Ruklei brauchte
keinen Blick zurück zu werfen, um zu wissen, dass sie sich den Anblick
dieser Siedlung rasch noch einprägen sollte. Wenn die Lava ihren Weg fortsetzte,
dann würde es die Villen und kleinen Paläste dort
Weitere Kostenlose Bücher