Rettungskreuzer Ikarus Band 035 - Kontakt
Anscheinend doch nicht, wenn Yongna
ihr Schiff verlassen hatte, um nicht dem Anblick des Rivalen, der sie ausgestochen
hatte, ausgesetzt zu sein. Wie schwer musste es ihr fallen, ihre Gefühle
zu verbergen.
»Verstehe«, entgegnete Sally McLennane. »Ich danke Ihnen, dass
Sie die Beziehungen weiterhin aufrechterhalten. Gibt es etwas, was wir für
Sie tun können?«
»Die Dame Yongna möchte wissen, ob Sie die Mörder ihres Gemahls
inzwischen gefasst haben«, antwortete Kosang.
»Wir sind ihnen auf der Spur«, behauptete Sally McLennane unverfroren,
obwohl sie kaum mehr wussten als zuvor. »Captain Sentenza wird Sie über
den aktuellen Stand unserer Untersuchungen informieren.«
Auf ihren Wink hin formierten sich einige Leute des Sicherheitsdiensts als Eskorte.
Bestimmt würde Yongna das nächste Ziel der Verschwörer sein,
wenn die Geschichte von Trax 1 – 6 zutraf. Wurde ein weiterer Vizianer
auf Vortex Outpost verletzt oder gar getötet, mochte dies das endgültige
Aus für das angestrebte Bündnis bedeuten.
Sentenza verneigte sich leicht in Yongnas Richtung. »Wenn Sie mir bitte
folgen würden.«
»Die Dame Yongna wünscht, auch mit Botschafter Trax 1 – 6 zu
sprechen«, sagte Kosang.
»Selbstverständlich.«
Begeistert umringten die Fidehis die Vizianerin und zeigten unerwarteterweise
Respekt, indem sie ihre vorwitzigen Tentakel bei sich behielten. Der Anflug
eines Lächelns erreichte Yongnas Augen, als sie mit der Linken über
einen pelzigen Kopf strich und mit der anderen Hand sanft auf einen biegsamen
Arm klopfte.
Sentenza war hingerissen von diesem Anblick – und erstaunt zugleich. Pakcheon
war für einen Vizianer schon ungewöhnlich kontaktfreudig gewesen,
und Yongna schien noch weniger Berührungsängste zu kennen. Die Fidehis
wiederum hatten eine neue Freundin in ihre Herzen geschlossen.
Auf den Korridoren zu Sentenzas Büro schien fast die ganze Station Spalier
zu stehen. Wie ein Lauffeuer musste sich die Nachricht verbreitet haben, dass
Pakcheon keineswegs allein gereist war. Die Gaffer führten angeregte Gespräche,
schürzten eilige Erledigungen vor oder stand einfach nur herum, um die
Vizianerin anstarren zu können, jene Frau, die Pakcheon zu Gunsten eine
Mannes hatte sitzen lassen.
Sentenza entging nicht, dass die Fidehis unauffällig die Neugierigen musterten,
aber bedauerlicherweise schienen sie weder Famuir noch jemand anderen zu entdecken,
der mit der Entführung von Trax 4 zu tun hatte.
Ob Yongna bereit war, den Lockvogel zu spielen, um die Mörder aus ihrem
Versteck zu locken? Auf jeden Fall musste sie besser geschützt werden als
Pakcheon. Doch wie bewahrte man jemanden vor solch skrupellosen Feinden? Sentenza
selbst konnte von Famuir in den nächsten Attentäter verwandelt werden.
Unter den Schaulustigen entdeckte Sentenza auch Sonja. Er entsann sich, dass
sie ihre Freiwache hatte nutzen wollen, um die persönlichen Dinge zu packen,
die sie beide in den vergangenen zwei Jahren angesammelt hatten und nicht aufgeben
wollten. Der kleine Container zeugte davon, dass sie damit fertig war.
Dem abschätzenden Blick nach verglich sie Yongna mit Shilla, der einzigen
anderen Vizianerin, der sie begegnet war und die sie nicht sonderlich gemocht
hatte. Allerdings betrachtete sie auch An'ta nicht als Freundin. Gab es denn
eine Frau, mit der Sonja zurechtkam? Schlossen Frauen überhaupt Freundschaften
oder lediglich Zweckbündnisse gegen Männer und andere Frauen?
Plötzlich weiteten sich Sonjas Augen. Sie fing sich jedoch gleich wieder
und gab Sentenza heimliche Zeichen, die er nicht verstand.
Er runzelte die Stirn. Es war ihm unmöglich, Yongna einfach stehen zu lassen,
um einige Worte mit seiner Frau zu wechseln – das musste Sonja doch wissen.
Entschuldigend zuckte er mit der Schulter und ging weiter. Was es auch war,
es hatte zu warten. Zweifellos würde sie sich später darüber
beklagen, aber es war nun mal nicht zu ändern.
Flüchtig nickte Sentenza der rimundischen Botschafterin Shiril Twee Tee
zu. Sie lächelte verkrampft zurück und fixierte dann wieder Yongna.
Frauen! Erst Sonja, nun Twee Tee. Ganz offensichtlich hatte ihr Pakcheon
besser gefallen. Was war nur so Besonderes an ihm gewesen? Die exotisch anmutende
blaue Nuance seiner Haut? Die spitzen Ohren? Oder dass er als Telepath die geheimsten
Wünsche erraten konnte und bereit war, sie mit seinen schlanken Händen,
fein
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