Rettungskreuzer Ikarus Band 046 - Welt der Schlafenden
Abteilung fliehen und versteckt sich jetzt wer weiß wo. Ich habe nicht einmal bemerkt, dass er verschwunden ist, bevor mir befohlen wurde, die Leiche zu kontrollieren … ich meine … den Mann …«
»Du hast Glück gehabt, dass er dir nichts angetan hat«, redete Reela Coy beruhigend auf sie ein, »dass er schon weg war, als du ins Kühlfach geschaut hast. Wenn du etwas gehört und ihn bei seiner Flucht gestört hättest …«
»Als er zu sich gekommen ist, hat er das Fach von innen geöffnet«, erklärte Carlyle. »Dann hat er die Abdeckung des Lüftungsschachts abgenommen, ist hineingekrochen und steckt nun irgendwo zwischen den Decks. Er hat offenbar sofort die Flucht ergriffen und gar nicht erst versucht, eine Waffe zu finden oder jemanden anzugreifen. Selbst seine Kleidung ist noch da. Vermutlich fühlte er sich zu schwach, um sich auf eine Auseinandersetzung einzulassen«
»Können Sie seine Gedanken lesen, Mr. Pakcheon?«, erkundigte sich Hellerman.
»Nicht mehr«, erwiderte der Viazianer düster. »Der lange Sauerstoffmangel verursachte einen irreparablen Gehirnschaden. Der Mann ist nicht mehr als ein instinktgesteuertes … Tier. Und ebenso unberechenbar und gefährlich. Ihre Gedankenmuster sind viel stärker und überlagern die seinen. Er müsste sich schon in unmittelbarer Nähe aufhalten, damit ich sein Versteck eindeutig lokalisieren kann. Glauben Sie mir, ein geschädigtes Gehirn zu überprüfen, ist für einen Telepathen genauso schlimm wie«, er schauderte, »dem Todeskampf eines intelligenten Wesens beizuwohnen.«
»Wird er uns attackieren?«, fragte Hellerman.
»Vielleicht, vielleicht auch nicht«, erwiderte Pakcheon und blickte Cornelius an. »Wir wissen nicht, welchen Auftrag er hatte, doch dürfte er so konditioniert worden sein, dass er auch in seinem gegenwärtigen Zustand seine Pflicht zu erfüllen versucht.«
»Hat der Entflohene etwas mitgenommen?«, wollte Cornelius wissen. »Konnte er sich Waffen beschaffen? Ich meine, es muss sich dabei nicht um einen Strahler handeln. Außerdem wird er Wasser und Nahrung brauchen und aus diesem Grund nicht ewig in seinem Versteck bleiben.«
»Ich bin mir nicht sicher«, sagte Laini Singer zögernd. Sie stand auf und blickte sich suchend um, öffnete Schubladen und Schränke, ohne eigentlich zu wissen, worauf sie achten sollte.
»Falls er sich noch vage erinnert, dass Pakcheon eine Bedrohung für ihn darstellt, wird er ihn als Ersten unschädlich machen wollen«, überlegte Cornelius. »Jeder von uns ist in Gefahr, aber Pakcheon besonders. Ebenso können wichtige Versorgungseinrichtungen des Schiffs Ziel eines Angriffs werden. Ich gebe Pakcheon recht: Auch wenn der Mann seinen Verstand eingebüßt hat, könnte er darauf programmiert sein, seine Mission durchzuziehen.«
»Hier!«, rief Carlyle, der zusammen mit Reela Coy seine Kollegin beim Überprüfen des Inventars unterstützte. »In dieser Schublade fehlt … fehlen … mehrere Skalpelle. Oder sind sie gerade im Desinfektionsbad? Ich habe keine benutzt, darum auch nichts zur Reinigung gegeben. Ihr?«
Beide Frauen verneinten.
Cornelius zog eine Braue hoch. Was wollte Carlyle zuerst sagen?
»Er hat sich also bewaffnet«, stellte Hellerman grimmig fest, nachdem er einen kurzen Blick mit dem Arzt gewechselt hatte, »und wird sich wehren, falls er sich bedroht fühlt, oder angreifen, sofern es zu seinem Auftrag gehört, uns zu töten. Von nun an ist keiner mehr allein, bis der Mann gefunden ist. Wir arbeiten immer zu zweit und lösen einander ab, damit trotzdem jeder Schlaf bekommt. An wichtigen Einrichtungen werden Kampfroboter Wache halten. Mr. Pakcheon, ich weiß, dass ich viel von Ihnen verlange, wenn ich Sie bitte, trotzdem mit ihren telepathischen Kräften nach dem Flüchtigen zu suchen. Solange er frei ist, befinden wir uns alle in Lebensgefahr. Leider konnte ich noch nicht mit Ihnen sprechen: Haben Sie in den Minuten, bevor er das Gift nahm, etwas in seinen Gedanken lesen können, das für uns wichtig ist?«
»Nein, nur dass er der Schwarzen Flamme angehört und sein Name Tray Decker lautet. Es ging zu schnell, als dass ich mehr hätte herausfinden können. Allerdings dürfte das erklären, weshalb außer ihm niemand mehr an Bord des Schiffes lebte und warum er sich gefangen nehmen ließ. Er hat sämtliche Mitwisser zum Schweigen gebracht, um seine Mission, die noch nicht abgeschlossen ist, durchführen zu können – und sie gilt der Phoenix , sonst hätten die Söldner gewiss
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