Rettungskreuzer Ikarus Sonderband 001 - Legale Fracht
Im mittleren Teil war die Hyperfunkanlage installiert, gesteuert von einem Rechner, der alle eintreffenden Nachrichten nach Empfängern sortierte, verstärkte und wieder abstrahlte, alles in Bruchteilen einer Sekunde. Der obere Teil der Station bestand aus einer Wohneinheit, deren wichtigster Zweck es war, Unterkunft für den Wärter der Relaisstation zu bieten. Sie enthielt neben der Wohnung einen kleinen Hangar mit einem Raumboot, ein winziges Observatorium am oberen Ende des Zylinders sowie ein großes Panoramafenster, das Ausblick auf die Sterne gestattete.
Für jede zwanzigste Relaisstation war ein Wärter vorgesehen, der für die Wartung der jeweiligen Stationen verantwortlich war. Früher hatte es in jeder einen menschlichen Bewohner gegeben, doch die Kosten sowie die zunehmende Zuverlässigkeit der technischen Systeme machten diese überflüssig. Auch Harriman Dherr gehörte zu der aussterbenden Spezies der Relaiswärter und sein Vertrag würde in etwa drei Jahren auslaufen. Die erhebliche Geldsumme, die er sich aus seinem Gehalt zusammengespart hatte, würde ihm ein geruhsames Leben auf einer angenehmen Welt im Bereich des Corps, des Multimperiums oder sonst wo in der bekannten Galaxis ermöglichen, die die Jahre der Einsamkeit mehr als ausgleichen würden.
Harriman gehörte nicht zu denen, die ihr Wärterdasein damit fristeten, sich in VR-Pools einzuklinken und virtuelle Orgien oder Abenteuer zu erleben und nur dann der Realität Aufmerksamkeit zu schenken, wenn ein Kontrollruf der Zentrale oder ein seltener Besuch ankam. Es war keinesfalls so, dass Harriman seine Pflichten außergewöhnlich ernst nahm oder in seiner Arbeit gar fanatische Züge entwickelte; er hielt sich schlicht für einen Menschen, der tief in der Realität verwurzelt war, und diese bestand nun einmal aus seiner Arbeit in Station 27 und in nichts anderem. Er hatte es durch seine Unterschrift unter den Vertrag schließlich selbst so gewollt.
Die Tage auf Station 27 verliefen trotzdem zumeist in monotoner Gleichmütigkeit, die zu ertragen nur sehr gelassenen und stoischen Menschen möglich war. Harriman hatte sich einen festen Arbeitsplan zurechtgelegt, und der bedeutete für heute einen Komplettcheck der Hyperfunkanlage inklusive Rechengehirn. Das hatte unausweichlich zur Folge, dass sich kein Fehler fand und wurde von den meisten anderen Stationswärtern auch vernachlässigt, Harrimans unausgesprochenes Misstrauen gegenüber der Allgegenwart und Allmacht der ihn umgebenden Technologie trieb ihn jedoch dazu, solche Arbeitsroutinen einzuhalten.
In der recht geräumigen Funkzentrale mit den Schaltflächen und dreidimensionalen Darstellungen der Funklinien schien alles seinen gewohnten Gang zu gehen. Gerade, als Harriman den Raum betrat, kamen eine Reihe kodierter Meldungen von Außenwelten in Richtung Corps-HQ herein. Der Wärter beobachtete anhand der Displays, wie der Rechner die Zielkoordinaten abglich, die Sprüche für den langen Weg nach Regulus komprimierte und dann absandte, die Sendung abspeicherte, das Sendeprotokoll schrieb und wieder in den Wartezustand überging. Alles ging seinen geregelten Gang.
Harriman setzte sich in einen der wenigen Sessel. Seine hagere, leicht vornübergebeugte Gestalt und der schmale Schädel kontrastierten mit der gefälligen Eleganz des Stationsdesigns. Der dunkelblonde Haarkranz, der seinen ansonsten haarlosen Schädel umringte, hing in wirren, vom Kopf abstehenden Strähnen herab. Harriman sorgte sich jenseits der notwendigen Körperhygiene aus nahe liegenden Gründen nicht sonderlich um seine äußere Erscheinung. Besuche oder Kontrollanrufe waren fest vorgeplant, sodass er sich dann immer noch zurechtmachen konnte.
Die Finger des Wärters huschten über die Kontrollen. Mit wenigen Berührungen der Sensorfelder aktivierte er das Kontrollprogramm. Er lud die Fehlersuchroutine und aktivierte die Hardwareprüfung. Mit einem letzten Fingerschlag lief die Software an und die Displays orientierten ihn über den Fortgang. Harriman lehnte sich entspannt zurück und musterte seine Umgebung, deren Einzelheiten er genau kannte. Trotzdem hatte er es sich zur Angewohnheit gemacht, jenseits der Kontrollsoftware auch den eigenen Augenschein als Prüfungsinstanz nicht zu vernachlässigen.
Ein leichter Glockenton verkündete, dass das Programm nichts gefunden hatte.
Doch zum selben Zeitpunkt war Harriman eine Anzeige ins Auge gefallen. Er erhob sich ruckartig, schritt auf eine Schaltfläche und beugte sich
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