Rettungslos
sind die Kinder bald erwachsen. Aber dann sind sie doch wieder ⦠nun ja ⦠Kinder eben«, sagt Freek. »An manchen Tagen lassen sie sich nichts sagen, und dann kommen sie wieder heulend angelaufen und brauchen Trost.« Nachdenklich sieht er sie an. »Der Unfall hätte das Ende unserer Familie bedeuten können, Senta, das Ende meines Lebens. Wenn du ertrunken wärst, hätte alles keinen Sinn mehr gehabt.«
Seine Worte klingen ernst und sehr aufrichtig. Mit einem Mal erinnert Senta sich ganz deutlich an den Abend, an dem sie sich in ihn verliebte. Sie studierten beide an der Journalistenschule und verstanden sich auf Anhieb. Mit gemeinsamen Freunden unternahmen
sie viel und arbeiteten oft zusammen Referate aus. Aber erst auf einer Party im letzten Semester funkte es zwischen ihnen. Bis dahin hatte Senta in Freek nie mehr als einen guten Freund gesehen. Auf der Party nahm sie zum ersten Mal bewusst wahr, wie charmant er war und wie er mit seinen Geschichten alle zum Lachen brachte. Obwohl er nicht der attraktivste ihrer Studienkollegen war, genoss er die Aufmerksamkeit vieler Mädchen. An jenem Abend sah sie ihn eng umschlungen mit Mirjam, einer Kommilitonin, die sie nur flüchtig kannte, und sie registrierte genau, wie verliebt Mirjam ihn ansah. Rasende Eifersucht überkam sie, und im gleichen Moment wusste sie, dass sie Freek haben wollte, ihn und keinen anderen. Noch am gleichen Abend schritt sie zur Tat und umgarnte ihn. Freek wusste nicht, wie ihm geschah, ging aber ohne Zögern auf ihre Avancen ein. Mirjam würdigte er keines Blickes mehr, und als er Senta spätabends nach Hause begleitete, gestand er ihr, schon eine ganze Weile in sie verliebt zu sein. Um ihre Freundschaft nicht aufs Spiel zu setzen, habe er nie etwas gesagt. Dass Senta seine Gefühle erwidere, mache ihn überglücklich.
»Woran denkst du?« Freeks Stimme, ganz dicht an ihrem Ohr.
»An die Party, auf der wir uns zum ersten Mal geküsst haben.«
Freek lacht. »Der schönste Abend meines Lebens«, sagt er. »Ich erinnere mich an jede einzelne Minute. Ab da fing mein Leben erst an.«
Das hört sich pathetisch an, aber Senta weiÃ, dass er es ernst meint. Für Freek war sie stets der Mittelpunkt
seines Lebens, sie konnte sich seiner Liebe immer sicher sein.
»Du musst darauf achten, dass du deinen Mann nie mehr liebst als er dich«, hatte ihre Mutter oft gesagt, »sonst wirst du abhängig und unglücklich, und das ist kein Mann wert.«
Wie schwierig es sein kann, wenn man an der eigenen Liebe zweifelt, hatte sie nicht gesagt.
»Wie läuft es zu Hause?«, fragt sie. »Von Amsterdam nach Nijmegen ist es schlieÃlich ganz schön weit.«
»Wir haben uns für ein paar Tage bei Anke einquartiert. Sie will dich übrigens auch besuchen.«
»Später, fürs Erste möchte ich nur dich und die Kinder sehen.« Senta hat kein Bedürfnis, ihre quirlige Cousine um sich zu haben, ebenso wenig andere Verwandte.
»Hast du meinen Vater benachrichtigt?«, fragt sie.
»Nein, vorerst nicht. Bei seinen Herzbeschwerden ⦠Das ist doch in deinem Sinn, oder?«
»Selbstverständlich.«
Freek steht auf und gibt ihr einen Kuss. »Ich muss gehen. Heute Nachmittag komme ich mit den Kindern. Kann ich dir noch irgendetwas mitbringen?«
»Ja â¦Â« Senta traut sich kaum, ihn anzusehen. »Könntest du mir wohl ein neues Handy besorgen?«
25
Die zwei Meter bis zum Bett kommen ihr unüberwindlich vor. Sein Speichel brennt auf ihrer Brust, und ihr wird schwindlig. Zitternd sucht sie Halt am Schrank.
»Kein Grund, nervös zu sein. Du wirst es genieÃen.«
Kreuger nimmt ihren Arm, schiebt sie in Richtung Bett und beginnt, am ReiÃverschluss seiner Hose zu nesteln.
»Leg dich hin«, wiederholt er.
Wenn sie überleben will, bleibt ihr keine andere Wahl â es ist entsetzlich!
Zutiefst verzweifelt lässt Lisa sich aufs Bett sinken.
»Zieh die Hose aus.«
Langsam öffnet sie den Knopf, zu mehr kann sie sich nicht durchringen.
Kreuger hat inzwischen die Schuhe ausgezogen und steigt aus der Hose. Er hat magere, schwarz behaarte Beine und trägt eine nicht allzu saubere Unterhose.
Schnell wendet Lisa den Blick ab, betrachtet das
Aquarell eines Tropenstrands an der Wand. Sie spürt, wie die Matratze nachgibt, nun liegt er neben ihr. Aus den Augenwinkeln sieht sie, dass er sich auf den
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