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Rettungslos

Titel: Rettungslos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: van der Vlugt Simone
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und sich selbst eine Woche freigenommen.
    Das Mindeste, was sie tun kann, ist, gut für Anouk und sich selbst zu sorgen, damit sie bei Kräften bleiben, denn das kann noch sehr wichtig werden.
    Ihre Situation empfindet sie nach wie vor als unwirklich, als wäre sie aus ihrem normalen Alltag in eine andere Dimension katapultiert worden. Ihre überreizte Fantasie spiegelt ihr immer wieder dieselben entsetzlichen Bilder vor, wie eine defekte Videokamera.
    Lisa nimmt das Fleisch aus der Mikrowelle und legt es auf das Schneidebrett. Mageres Schmorfleisch, ihr Lieblingsgericht aus der Kindheit. Als Teenager war sie kaum zum Essen zu bewegen, doch wenn ihre Mutter Schmorfleisch auf den Tisch brachte, gab es für sie kein Halten mehr. Es war das erste Gericht, das sie selbst zuzubereiten lernte, und sie mag es nach wie vor gern.
    Lisa stellt die Pfanne auf den Herd, gibt etwas Butter hinein und wartet, bis diese langsam braun wird. Dann
legt sie das Fleisch dazu, dessen Poren sich zischend schließen. Es folgen ein paar Lorbeerblätter, Nelken und Zwiebelringe. Ein verführerischer Duft durchzieht die Küche, es riecht nach früher, nach zu Hause. Heimweh überwältigt sie, und während sie krampfhaft ein Lied im Radio mitsummt, steigen ihr Tränen in die Augen und fallen in den Bratensaft.

27
    Wieder verbringt sie die Nacht mit Anouk im Keller. Als Kreuger am nächsten Morgen die Tür aufschließt, scheint eine Veränderung mit ihm vorgegangen zu sein. Er wirkt schuldbewusst, zu Lisas Verwunderung hat er den Frühstückstisch gedeckt und auch schon Kaffee gekocht. Abwartend setzt sie sich an den Esstisch.
    Auch Anouk nimmt die veränderte Atmosphäre wahr, denn sie wirft ihrer Mutter einen fragenden Blick zu. Als Kreuger kurz wegschaut, zuckt Lisa mit den Schultern.
    Beim Frühstück wechseln sie lediglich ein paar belanglose Sätze über das Wetter. Dann sagt er völlig unvermittelt: »Wenn ich dich fragen würde, ob du mit mir kommst, würdest du dann Ja sagen?«
    Die Frage trifft Lisa wie ein Blitz aus heiterem Himmel. Der Löffel, mit dem sie gerade Marmelade auf ihr Brot gegeben hat, bleibt wie ein Ausrufezeichen in der Luft hängen.
    Â»Mit dir kommen? Von hier weg, meinst du?«, fragt
sie, als könnte man sein Ansinnen auch anders verstehen.
    Kreuger nimmt einen Schluck Kaffee und nickt. »Würdest du?«
    Lisas Gehirn arbeitet auf Hochtouren. Nach einem warnenden Seitenblick zu Anouk sagt sie gelassen: »Wer weiß …«
    Kreuger gibt einen Löffel Zucker in seine Tasse und rührt kräftig um. »Oder würdest du bei der ersten Gelegenheit davonlaufen?«
    Â»Das habe ich die letzten Tage doch auch nicht gemacht.« Lisa zwingt sich zu einem Bissen Brot und kaut ausgiebig, bevor sie ruhig weiterspricht. »Ich bin hier zu Hause und betrachte dich als meinen Gast. Gut, ich habe dich nicht eingeladen, aber wie sich herausgestellt hat, verstehen wir uns doch ganz gut, nicht wahr? Du hast mir versprochen, uns nichts zu tun, wenn wir dir keine Schwierigkeiten machen, und darauf verlasse ich mich. Warum sollte ich also davonlaufen?«
    Er fixiert sie lange, aber sie bleibt vollkommen ruhig und hält seinem Blick stand. Als die Stille andauert, fragt sie wie nebenbei, wohin er überhaupt wolle.
    Â»Ich habe Verwandte in Deutschland.«
    Â»Deutschland ist groß.«
    Â»Auch in unserem kleinen Land finden sie mich nicht«, erwidert er grinsend.
    Â»Die Polizei sucht einen einzelnen Mann, keinen Mann mit Frau und Kind«, sagt Lisa. »Wir nehmen mein Auto, dann sind wir im Nu über der Grenze.«
    Nur mit viel Mühe kann sie ihre Aufregung verbergen. Sind sie erst einmal im Freien, ist Kreuger mit
Sicherheit irgendwann abgelenkt, und sie kann mit Anouk einen Fluchtversuch wagen. Oder einen Auffahrunfall verursachen, einen Zettel aus dem Autofenster werfen, an einer Tankstelle um Hilfe rufen … Möglichkeiten gibt es genug.
    Â»Hmmm, ich weiß nicht so recht.« Kreuger trinkt seine Tasse mit ein paar großen Schlucken leer. »Aber dein Auto könnte ich gut gebrauchen.«
    Â»Nimm es ruhig«, bietet Lisa an. Neue Hoffnung keimt in ihr auf. Vielleicht verschwindet er ja noch heute, womöglich ist der Albtraum schon nach dem Frühstück zu Ende. »Ich glaube, ich habe noch ein paar Kleider von Menno hier, und wenn wir dein Haar blond färben, erkennt dich kein

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