Return Man: Roman (German Edition)
während der Soldat sich krümmte und aufbäumte und unter Höllenqualen zugrunde ging.
Und dann wurde der Mann mit einem scheußlichen Knacken zerrissen. Der Erdboden wurde mit Knochen, Gehirnmasse und weichen Organen übersät, und die Leichen schnappten sich ihre Trophäen wie Kinder des Teufels, die Bonbons aufsammeln. Dem Soldaten entrang sich ein letzter schriller Schrei, bevor sie ihm den Kopf abrissen und Blut in einer Fontäne aus dem Hals spritzte.
Schließlich verstummte der Mann für immer und war endlich von seinen Qualen erlöst.
» Die Show ist vorbei, Doktor.« Wus Stimme.
Marco drehte sich um. Wie in Trance.
Wu sprach mit ihm. » Und jetzt fahren Sie bitte los, oder wir werden der Nachschlag sein.«
Marco versuchte, einen klaren Gedanken zu fassen, und betätigte mit einer mechanischen Bewegung den Gasgriff. Das Quad kurvte über den Parkplatz, verließ ihn durch die Zufahrt und bog auf den Highway ab. Die Morgensonne brannte nun unbarmherzig vom Himmel, und der Asphalt schien in der flimmernden Hitze Wellen zu schlagen. Nur weg von hier.
Ein Gedanke kristallisierte sich aus dem Nebel in Marcos Kopf heraus.
Ich habe soeben geholfen, einen Mann zu töten.
Und dann eine Frage.
Wie soll es nun weitergehen?
Respekt Den Toten
9 . 1
» Meine Güte, schmeckt das scheußlich.« Marco spie einen Mundvoll des uralten Schokoriegels aus, den Wu im Minimarkt aufgetrieben hatte; die Schokolade zerbröselte wie Pulver, und die Füllung schmeckte wie karamellisierte Pisse. » War sonst nichts mehr da? Müsliriegel zum Beispiel?«
» Der Laden ist ausgeräumt, Doktor.«
Marco verzog das Gesicht. Der Hunger, der in seinen Eingeweiden wühlte, machte sich nun schon zum dritten Mal innerhalb einer Minute bemerkbar. Er hörte förmlich, wie der Magen ihn anflehte: Halt’s Maul und friss.
Er leckte sich die Lippen und biss noch ein Stück ab. Ekelhaft.
Er hatte sich gegen das Quad gelehnt; es war unter dem Dach einer Tankstelle abgestellt, die ungefähr dreißig Kilometer vom Bill’s entfernt war, wo das Massaker stattgefunden hatte. Den letzten überlebenden Leichen zu entkommen war eine leichte Übung gewesen. Mit Wu auf dem provisorischen Rücksitz war Marco auf der staubigen Straße nach Norden gefahren und hatte die Vororte der schäbigen kalifornischen Stadt passiert. Tote Bürger waren aus baufälligen Häusern aufgetaucht und die Seitenstraßen entlanggewankt– Frühaufsteher in Schlafanzügen und zerlumpten Nachthemden. Aber das Quad war einfach viel zu schnell, und der brüllende Motor hatte ihre Aufmerksamkeit nur so lange erregt, bis das Frühstück ihnen mit achtzig Stundenkilometern davongefahren war. Wer rastet, der rostet.
Und überhaupt, sagte Marco sich, stellten die Toten nicht die größte Gefahr dar. Nicht mehr.
Nun hatten sich durchgeknallte Soldaten und fremde Regierungen an den Anfang der Liste gesetzt.
Eine Viertelstunde lang hatte weder er noch Wu ein Wort gesprochen, während das Quad mit hoher Geschwindigkeit unter der aufgehenden Sonne nach Norden fuhr. Ein weißes Straßenschild diente immerhin als Anhaltspunkt. CA 111 N. Marco registrierte es nur vage; er steckte in einem imaginären Teerkessel der Reue, in dem er bei lebendigem Leib gekocht wurde. Der qualvolle Todesschrei des bärtigen Soldaten hallte ihm noch immer in den Ohren und wollte einfach nicht verstummen. Er hatte solche Schreie zuvor schon gehört, hatte auch Menschen auf genauso grausame Art und Weise sterben sehen– doch dieser Tod unterschied sich in einem Punkt grundlegend von allen anderen.
Ich habe es getan. Ich habe ihn dort zurückgelassen. Ich habe ihn den verdammten Zombies zum Fraß vorgeworfen.
Und Wu. Der Sergeant hatte dem Soldaten die Handschellen angelegt, ohne mit der Wimper zu zucken. Ohne Gnade. Marco schauderte. Was für ein Mensch tut so etwas nur?
Wu, der hinter ihm auf dem Quad saß, war genauso schweigsam. Vielleicht ordnete er seine Gedanken oder diagnostizierte seine Verletzungen. Aber er trauerte ganz bestimmt nicht um seinen gefallenen Feind– dessen war Marco sich sicher.
Doch selbst wenn Wu ein unbelastetes Gewissen hatte, sein Körper sah fürchterlich aus. Gesicht und Arme waren mit dunklem, klebrigem Blut überzogen, und Fetzen von totem Fleisch klebten an seinem stoppelbärtigen Kinn wie Reste von Hackfleisch. Seine Augen waren sichtlich geschwollen, und er schien jedes Mal zusammenzuzucken, wenn er blinzelte. Über die Schulter verlief eine kurze Furche, wo die
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