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Return Man: Roman (German Edition)

Return Man: Roman (German Edition)

Titel: Return Man: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: V.M. Zito
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zuerst die linken, dann die rechten Halsmuskeln an, » halte ich es für meine Pflicht, die Toten zu respektieren. Sie in Ehren zu halten, wie mein Onkel es mich gelehrt hat– so wie ihr das Leben respektiert. Zum Beispiel heute Morgen. Für Sie war es eine Abscheulichkeit, dass ich den Reiter -Soldaten tötete. Sie hätten ihn verschont, obwohl er eine große Gefahr für uns beide darstellte.«
    Marco errötete. Er hatte nicht geahnt, dass Wu ihn so durchschaut hatte.
    » Jetzt möchte ich Ihnen einmal eine Frage stellen, Henry Marco, Auftragskiller für Leichen«, sagte Wu. » Würde es Sie überraschen, dass ich noch nie eine Leiche getötet habe?«
    Marco hob eine Augenbraue. » Was meinen Sie damit– nie?«
    » Nie wie niemals.«
    » Keine einzige Leiche seit der Auferstehung? «
    » Nein.«
    » Meine Güte«, sagte Marco. » Das ist wirklich kaum vorstellbar.«
    » Nicht aus meiner Perspektive.«
    Marco runzelte die Stirn. » Maricopa«, sagte er. » Als Sie die brennende Leiche von mir herunterzogen– ich habe mich sowieso schon gefragt, weshalb Sie nicht Ihre Waffe benutzten.«
    » Ja. Wenn mein eigenes Überleben auf dem Spiel steht, nehme ich den Kampf gegen eine Leiche auf und mache sie notfalls auch unschädlich– aber wenn ich sie tötete, würde ich meinem Vater Schande machen.« Er zuckte die Achseln. Dann verzog er das Gesicht, legte sich eine Hand auf die Schulter und strich sanft über die Schusswunde, als wollte er den Schmerz lindern. » Bei Menschen habe ich solche Hemmungen nicht. Ich habe in meinem Leben gelernt, die Menschen, die mir in die Quere kommen, ohne zu zögern zu töten…«
    Er verstummte, überwältigt von Müdigkeit und Unbehagen, und verzog angewidert die geschwollenen Lippen. Er verdrehte die Augen und schloss sie halb wie in Trance. Vielleicht führte er das Gespräch in seinem Kopf fort; Marco wusste es nicht, aber es herrschte plötzlich ein betretenes Schweigen, als wäre ein Streit abgebrochen, aber nicht beigelegt worden. Bekümmert richtete Marco wieder den Blick auf die erste Bank.
    Dort vorne wackelte die ältere Leiche schon wieder mit dem Kopf– wie oft wollte sie das denn noch machen, bevor der Schädel einfach vom Rückgrat abbrach und zum Altar kullerte?–, und ein schmerzerfülltes, pfeifendes Geräusch drang aus ihrem verfaulten Mund.
    Marco spürte, wie das Pistolenholster unter seinem Arm scheuerte.
    Er dachte an die Glock und die eine Kugel, die noch im Magazin war.
    Er konnte einfach hingehen und die Leiche von ihrem Elend erlösen. Den Lauf direkt an diese braune Stelle am Schädel halten und den Abzug betätigen.
    Wäre das wirklich eine Schande? Unethisch? Hatte Wu vielleicht doch recht?
    Nein. Marco konnte das nicht akzeptieren.
    Ich helfe ihnen doch, sagte er sich. Ich gebe sie zurück.
    Doch wohin werden sie zurückgegeben?, wandte eine andere Stimme– verräterisch und subversiv– in seinem Bewusstsein ein. Was, wenn sie eigentlich hier sein sollten?
    Nein. Er schüttelte den Gedanken ab wie eine Spinne, die ihm über die Haut krabbelte.
    Danielle braucht mich. Meine Hilfe.
    Wenn ich sie finde, werde ich sie zurückgeben. Das ist ehrenhaft. Das ist Liebe.
    Er zog schniefend den Rotz in der Nase hoch, als die Kirchenbank unter ihm knarrte.
    Dann neigte er den Kopf und wurde sich bewusst, weshalb die Stille ihn so irritiert hatte.
    » Man hört nichts mehr von den Hunden«, sagte er.
    Das stimmte. Das Heulen, das Knurren, das Jaulen… es hatte aufgehört.
    Wu reagierte sofort auf Marcos Stimme. Er setzte sich aufrecht hin und griff zu den Messern. Er atmete schnell, als würde er verfolgt. Marco fragte sich, was Wu in seinen Albträumen wohl sah.
    » Die Hunde«, sagte Marco noch einmal beruhigend. » Ich glaube, dass sie weg sind.« Er erhob sich von der Kirchenbank und schlich zum Vorraum, um die Hunde nicht durch seine Schritte wieder anzulocken. Er legte das Ohr an die Eichenholztür und lauschte. Nichts.
    Er schob den Tisch weg und drückte dann zögernd und mit angehaltenem Atem den Messingtürgriff herunter. Die Tür öffnete sich einen Spalt weit. Er lehnte sich mit der Schulter gegen das Holz und war bereit, sie sofort wieder zuzuschlagen, falls sich geifernde, zähnefletschende Schnauzen durch den Spalt zwängten.
    Nichts. Er lugte nach draußen.
    Die Hunde waren nicht mehr da. Ausgerissene Fellbüschel rollten wie Steppenhexen über den Weg, und dunkles feuchtes Erdreich war vor den Wänden angehäuft, wo sie gegraben hatten. Braune

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