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Return Man: Roman (German Edition)

Return Man: Roman (German Edition)

Titel: Return Man: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: V.M. Zito
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er das Brüllen des Motors übertönte und Marco eine Gänsehaut bekam. Wu drehte sich in der Heckmulde um, als das Geheul erstarb.
    » Was zum Teufel war das denn?«, fragte Marco atemlos.
    Dort. Nun sah er es vor sich. Ein verwitterter Volvo-Kombi mit schwarz verschmierter Heckscheibe. An der Stoßstange klebte ein rissiger Aufkleber des Zoos von San Diego mit einem putzigen Koalabären. Der Schrei ertönte wieder– erstickt und gequält, als ob jemand mit Buttermilch gurgelte. Furchtbar. Marco fuhr neben das Auto und warf durch das zertrümmerte Fenster einen Blick auf die Rückbank.
    Ein totes Kleinkind starrte ihn an. Es war auf einem Babysitz angeschnallt. Darin gefangen.
    Es war zwei Jahre alt, vielleicht auch drei. Der Hals war aufgerissen, und die Luftröhre lag frei. Es trug einen steifen Jeans-Overall und ein blau gestreiftes Hemd, das mit Blut verschmiert war; Babyspeck hing in weißen wurmartigen Streifen unter dem Kinn. Die Augen waren gelblich fahl wie geschälte Äpfel.
    Marco drehte sich der Magen um. Das Kind stemmte sich gegen die Gurte und streckte die Arme aus, als wollte es aufgenommen werden.
    Mein Gott, dachte Marco. Er war mit den Nerven am Ende.
    Auf den Vordersitzen saßen die Skelette von zwei Erwachsenen– Mama und Papa. Sie waren halb durch die zertrümmerte Windschutzscheibe gezogen worden. Ihre Lungen hingen überm Armaturenbrett. Die Köpfe waren verschwunden. Gefressen worden.
    Gütiger.
    Gott.
    Das Quad rollte weiter. Marcos Gedanken überschlugen sich, und er versuchte, sie wieder zu sortieren. Als ob er das, was er eben gesehen hatte, durch einen Knopfdruck löschen könnte.
    Ich sollte umkehren, sagte er sich. Das Kind zurückgeben und es aus diesem … diesem Albtraum erlösen. In dem es für immer weinend in einem Auto sitzt. Nur dass Wu das niemals zulassen würde …
    Er war so abgelenkt, dass er nicht einmal zusammenzuckte, als plötzlich zwei tote Hände hinter einem hellblauen Lincoln auftauchten und auf die Motorhaube schlugen.
    Eine runzlige Leiche hatte sich aufgerichtet und stützte sich auf dem Auto ab. Ein älterer Mann mit einem albernen Anglerhut, an dessen Krempe ein gelber Köder befestigt war.
    Hallo, Großvater, dachte Marco.
    Seine Adern schwollen an, und das Blut rauschte hindurch. Und plötzlich regte sich auf der zweiten Fahrspur auch etwas– noch eine Leiche, diesmal eine Frau, die unter einem schwarzen Nissan hervorkroch.
    » Leichen!«, rief er Wu mit schriller Stimme zu.
    » Das ist noch nicht alles.« Wu packte ihn an der Schulter und drehte ihn auf seinem Sitz herum. » Schauen Sie.«
    Weit hinten, noch vor der Stelle, wo der leere Highway durch den Stau blockiert wurde, schwärmten bekannte Gestalten aus.
    Fünf Militär-Quads rasten auf sie zu.
    Die Reiter hatten sie eingeholt.
    10 . 2
    Marco war wie gelähmt. Der Anblick der motorisierten Reiter -Kolonne war beinahe traumartig wie eine Fata Morgana, die einfach nicht wahr sein konnte– und wie in einem Traum vermochte er sich nicht zu bewegen. Sein Körper folgte irgendeiner geheimen Logik, die sich seinem Einfluss entzog.
    Nur dass dieser Scheiß natürlich real war– und in einer Minute wären die Reiter da und würden ihm kräftig den Arsch versohlen. Eine Panikattacke verknüpfte die Nerven wieder mit dem Gehirn, und er drehte sich ruckartig auf dem Quad um. Die alte Angler-Leiche wankte vom Lincoln auf ihn zu. Schwarze Fliegen krabbelten wie ein zweiter Bart auf den weißen Bartstoppeln auf ihren Wangen herum.
    » Na toll«, raunzte Marco. » Das hat mir gerade noch gefehlt.«
    » Fahren Sie«, sagte Wu mit seltsamer Gelassenheit. » Wir haben noch einen guten Vorsprung, wenn wir uns beeilen…«
    Er hatte den Satz noch nicht beendet, als Marco den Gasgriff betätigte und das Quad vorwärtsschoss. Die alte Leiche wollte sich auf sie stürzen, verfehlte sie jedoch und fiel auf die Straße.
    Autsch, Großvater, dachte Marco. Du hast dir sicher die Hüfte gebrochen.
    Das Quad setzte die Fahrt über die schmale Pannenspur fort, hoppelte über die Trümmer und ließ die Fahrzeuge links liegen. Marco biss die Zähne zusammen und blickte hektisch zwischen der Straße und dem Friedhof der Autos hin und her. Sie hatten ein Problem. Sie steckten knietief in der Scheiße. Überall wachten nun die Leichen aus ihrem Schlaf in den Rostlauben auf. Sie schauten verschlafen und hatten Hunger auf Fleisch. Köpfe lugten hinter Autos hervor, von Rücksitzen, von Lkw-Ladeflächen– wie Kinder, die nach einem

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