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Return Man: Roman (German Edition)

Return Man: Roman (German Edition)

Titel: Return Man: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: V.M. Zito
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ein Gehege gepfercht war, dessen Begrenzung aus leeren Autos bestand. Er sprang über einen toten Teenager hinweg, der gerade unter einem alten Camaro hervorkroch; seine schwarze Lippe war mit einem angelaufenen Silberring gepierct, und er stieß einen bellenden Laut aus und wollte ihn an den Knöcheln packen.
    Der vorauslaufende Wu wich wieder nach links aus, als ein Rudel Leichen vor ihm auf der Straße erschien. Marco duckte sich hinter ein umgekipptes weißes Wohnmobil, als die Leichen vorbeirannten, und kroch dann zur anderen Seite. Er stand auf und war zunächst desorientiert– wusste im ersten Moment nicht, ob er sich nach links oder rechts wenden sollte.
    Nach rechts.
    Er lief los, konzentrierte sich auf den vor ihm laufenden Wu und war entschlossen, Schritt zu halten.
    Die Reiter mussten inzwischen die vom Cadillac gebildete Sackgasse erreicht haben, sagte er sich. Richtig vermutet– er hörte plötzlich einen unartikulierten Schrei von den Felswänden widerhallen. Vor seinem geistigen Auge erschien Monsterschädel, wie er seinen mächtigen, unförmigen Kopf, dessen gespannte Haut von der Sonne krebsrot verbrannt war, zornig brüllend zurückwarf. Nun ertönten noch mehr Schreie, die ihm über alle Fahrbahnen hinweg antworteten– Fünf, du nimmst die Mitte! Sechs, du gehst nach links! Beeilt euch! –, als die Reiter ihre Quads ebenfalls stehen ließen und ausschwärmten.
    Wie um seine Theorie zu bestätigen, zischte eine Kugel in geringer Höhe an Marco vorbei und durchschlug die Radkappe eines rostigen Volkswagens. Er wirbelte herum. Dort, hundert Meter hinter ihm, hockte der Reiter im Pilotenoverall; der Soldat hatte mit einem schlanken Gewehr auf ihn angelegt und nutzte ein umgefallenes Motorrad als Stütze…
    Scheiße!
    …doch bevor der Mann erneut abdrücken konnte, sprang eine verweste Biker-Leiche hinter einem Auto hervor, fiel über den Reiter her; der Schuss löste sich und ging in die Luft. Weitere Leichen gesellten sich dazu.
    Marco verlor keine Zeit. Er wirbelte herum und rannte den schmalen Korridor zwischen den Fahrzeugen entlang, wobei er sich die Hüfte an Außenspiegeln stieß.
    Hinter sich hörte er schrille Schreie und unverständliche Worte, und die Schüsse steigerten sich zu einem panischen Crescendo. Er wurde sich bewusst, dass der Tunnel aus Leichen einstürzte und die Reiter unter sich begrub. Er hatte sie unwissentlich in eine Todesfalle gelockt. Wie Moses und die Ägypter, dachte er schwummrig, als das Rote Meer über der Armee des Pharaos zusammenschlug. Jetzt fehlt mir nur noch ein weißer Bart.
    Wu war nirgends mehr zu sehen.
    » Wu!«, rief Marco besorgt.
    » Hier entlang!«, ertönte Wus laute Stimme von der rechten Fahrspur.
    Vor Marco türmte sich wieder eine Barrikade aus Schrottautos auf; diesmal war es ein dreckiger Kleinbus, der sich seitlich verkeilt hatte und ihm den Weg versperrte. Plötzlich wurde die schwarze Tür des Wagens aufgerissen, und sieben oder acht dunkelhaarige Leichen strömten heraus und rannten auf Marco zu. Mist. Er flüchtete sich unter den großen Anhänger eines schweren Lkw. Die Leichen packten ihn an den Beinen, doch er schüttelte sie durch heftige Tritte ab und rollte sich auf die andere Seite, und da war auch schon Wu, der ihn zu sich winkte.
    » Hier entlang!«, schrie Wu wieder und deutete nach vorn.
    Das Ende des Geisterstaus. Sie mussten noch hundert Meter überwinden. Die Fahrzeuge waren nun weiträumiger verteilt, und die Zwischenräume wurden größer; die Berge traten zurück, und die Straße führte wieder in eine braune Ebene, eine trostlose Landschaft fast ohne jede Vegetation. Marco wippte auf den Zehenballen und rannte los. Seine Lunge schmerzte und flehte ihn an, endlich stehen zu bleiben, doch die Schreie der Reiter, die bei lebendigem Leib gefressen wurden, trieben ihn an. Er gewann das Rennen.
    Schließlich erreichte er das Stauende, das von einem auf dem Dach liegenden Einsatzfahrzeug der Polizei gebildet wurde. Es war wahrscheinlich beim vergeblichen Versuch umgekippt, während der Evakuierung die öffentliche Ordnung wiederherzustellen; stattdessen hatte der Beamte nur den Verkehr auf mehreren Kilometern zum Erliegen gebracht. Eine skelettierte Hand baumelte auf der Fahrerseite aus dem Fenster, eine makabre Begrüßung auf dem blockierten Highway.
    Hinten im Geisterstau fielen in schneller Folge Schüsse, als ob Feuerwerkskörper gezündet würden. Ein kollektiver qualvoller Schrei, als mehrere Männer zugleich

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