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Return Man: Roman (German Edition)

Return Man: Roman (German Edition)

Titel: Return Man: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: V.M. Zito
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Wu hätte sich gnadenlos über ihn lustig gemacht.
    Der Highway zog sich wie ein ausgetrocknetes Flussbett durch die Städte Südkaliforniens, vorbei an staubigen Reklametafeln und durch ausgedörrte Städte, in denen sich nichts mehr regte außer den Steppenhexen auf den Straßen. Und dann waren sie wieder oben im San-Bernardino-Wald, diesmal am Nordende, und starteten eine neue Achterbahnfahrt zwischen in allen Rottönen schillernden Felswänden, Zuckerpinien und Gestrüpp. Und die ganze Zeit hörte er wie bei einem schicksalhaften Countdown eine innere Uhr ticken. Dabei wusste er nicht einmal, weshalb er sich so unter Druck setzte.
    Und nun das.
    Ein Geisterstau, ein gottverdammt vorhersehbarer Geisterstau. Er biss sich auf die Lippe. Mit dem Jeep wäre der Fall klar gewesen– er hätte wenden und eine andere Route suchen müssen. Eine andere Wahl hätte er nicht gehabt. Doch das Quad bot ihm eine Option… die er nun widerwillig in Betracht zog.
    Er könnte auf der Pannenspur an den Autos vorbeifahren.
    Wie ich den Jeep vermisse, dachte er.
    Mit dem Jeep hätte er einfach umkehren können, ohne sich selbst der Feigheit bezichtigen zu müssen.
    » Fahren Sie schon«, sagte Wu ungeduldig. Er hatte die Lücke auch erspäht.
    » Ja, ja«, sagte Marco. Ich fahr ja schon.«
    Während er noch zauderte, wusste er, dass die Reiter immer näher kamen. Wie weit mochten sie noch entfernt sein? Zwanzig Kilometer? Zehn? Oder würden sie jeden Moment um die Kurve biegen und » Huhu« rufen?
    Von diesem Gedanken gequält betätigte er sachte den Gasgriff. Das Quad rollte zur rechten Bankette und in die Lücke zwischen der äußeren Leitplanke und einem zerkratzten SUV mit platten Reifen. Ein Surfbrett war auf dem Dach befestigt. Er fuhr langsam und vorsichtig an den Autos vorbei.
    Es waren nur noch leere Metallhüllen. Aber er wusste auch, dass sich hier irgendwo Leichen versteckt hatten; es lagen immer Leichen auf der Lauer und warteten nur darauf, wie monströse Krabben aus ihren Löchern zu kommen und sich über eine Mahlzeit herzumachen.
    Die Pannenspur war breit genug, aber er musste trotzdem gut aufpassen. Die Straße war mit scharfkantigen Radkappen, verrosteten Schalldämpfern und abgerissenen Stoßfängern übersät, als hätte ein durchgeknallter Mechaniker überall Autoteile verstreut. Das Quad hoppelte mit seinen großen Rädern über die Hindernisse hinweg und rüttelte Marco durch, sodass sich sein Atem löste. Was in gewisser Weise auch hilfreich war; denn seine Brust war so zugeschnürt, dass er von selbst gar nicht mehr ausatmete.
    Wu hinter ihm grunzte unbehaglich.
    » Da sehnt man sich fast nach den Schienen zurück, was?«, fragte Marco.
    » Achten Sie auch auf Leichen?«, fragte Wu mürrisch. » Oder klopfen Sie nur dumme Sprüche?«
    » Beides. Ich werde immer zum Scherzkeks, wenn man mich fressen will.«
    Das Chaos am Straßenrand war aber noch das kleinere Übel verglichen mit den Horrorszenen in den Autos. Zerrissene menschliche Leiber. Abgefressene Arme baumelten aus halb geöffneten Türen. Skelettierte Fahrer waren über Lenkrädern zusammengesackt und hatten im Todeskampf die Zähne zusammengebissen. Marco wusste nur zu gut, dass man im Grunde nur zwei Möglichkeiten hatte, wenn die Toten in einem Stau ausschwärmten– entweder nahm man die Beine in die Hand oder verbarrikadierte sich im Auto. Jedoch mussten die Leute, die sich für Letzteres entschieden hatten, auf die harte Tour lernen, dass ein Auto ein Sarg auf vier Rädern war. Man konnte nicht einfach die Fenster schließen und die Leichen wie ein Sommergewitter draußen halten. Überall waren die Windschutzscheiben zertrümmert, und die Autos glichen aufgebrochenen Särgen mit mumifizierten Männern und Frauen. Zwischen den Fahrzeugen war der Straßenbelag mit Scherben von Sicherheitsglas und abgenagten Knochen übersät. Zerfetzte Hemden, Hosen und Kleidern lagen wie Altkleiderhaufen neben den Stoßfängern.
    Er erstarrte. Hatte dieser Körper sich etwa bewegt?
    Nein. Das sind nur meine überreizten Nerven.
    Er spitzte die Ohren. Das Quad war zu laut. Er konnte unmöglich das Öffnen einer Autotür oder das Quietschen von Scharnieren hören. Auch nicht das Schlurfen von Leichenfüßen auf dem Asphalt.
    Aber so weit, so gut. Er hörte diese Geräusche nicht, weil sie nicht da waren– oder?
    Sie hatten etwa anderthalb Kilometer zurückgelegt, als er dann doch einen Schrei hörte– heilige Scheiße!
    Der Schrei war so schrill und laut, dass

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