Return Man: Roman (German Edition)
bekannt vor. Seine Zuversicht stieg, und er sagte sich, dass das wahrscheinlich der Weg war, auf dem er hergekommen war. Er erkannte eine Reihe von Einschusslöchern in der Wand, einen länglichen Blutfleck an den Kacheln– und dann sah er plötzlich am Ende des Korridors, etwa dreißig Meter vor sich, die Toten, zerlumpt, aschgrau und stumpfsinnig, auf ihn zustürmen… Der Magen drehte sich ihm beinahe um, doch er blieb nicht stehen, wurde nicht einmal langsamer. Er wusste nun, wo er war, und er rannte direkt auf sie zu wie ein wahnsinniger Soldat, der über das Schlachtfeld hetzte und in den sicheren, schrecklichen Tod rannte.
Zehn Meter, fünf Meter, drei…
Drei Schritte vor ihren gierig ausgestreckten Armen öffnete sich rechts von ihm ein Korridor, und mit Gebrüll verlagerte er sein Gewicht auf den linken Fuß und brachte sich mit einem Sprung in Sicherheit…
…und stieß einen triumphierenden Schrei aus, als er sah, dass er richtig getippt hatte. Nach dieser ganzen Odyssee befand er sich endlich wieder im zentralen Korridor. Da stand dieselbe fahrbare Krankenbahre, an der er zuvor vorbeigekommen war und die ihm wie ein Verkehrsschild einen Weg aus diesem beschissenen Labyrinth wies. Der Korridor vor ihm war frei; die Legion der Toten aus dem Hauptblock befand sich nun in der Krankenstation und im Labor. Tausend Leichen schlängelten sich hinter ihm durch Biegungen und Kurven, als führte er eine monströse Polonaise auf einer unseligen Hochzeit an.
Er hörte, wie die Leichen um die Ecke stürmten. Sie waren ihm noch immer auf den Fersen, und ihm stieg ein ekliger Geruch in die Nase, als ob sie eine Wolke aus fauliger Luft vor sich herschieben würden. Er lief weiter, wobei er plötzlich ein Hochgefühl verspürte und lachen musste. Er war sich nun sicher, dass er überleben würde– schier unglaublich und eigentlich unmöglich, dass er diesen irrealen, verdammten Morgen überleben würde–, und je weiter er lief, desto vertrauter wurde die Umgebung: das Pult der Aufnahme, der Eingang zur Krankenstation…
…die stählerne Gittertür der Sicherheitsschleuse. Er schlitterte über eine rutschige Fläche aus schaumigem Blut, das mit formlosen Fleischbrocken garniert war– Beine, ein Brustkorb und ein halb zerkautes Herz, und da lag auch Monsterschädels gehäuteter Kopf mit offenem Mund in der Ecke.
Und dahinter stand das verlassene Quad quer im Korridor.
Jackpot.
Danke, dachte Marco und fasste sich an die Brust, als würde ein weiterer Atemzug ihn umbringen. Er hatte einen schummrigen Kopf und wäre fast auf das Fahrzeug gehüpft– doch dann rief er sich zur Ordnung, sein Verstand arbeitete wieder normal, und das logische Denkvermögen kehrte zurück. Er drehte sich um, packte die Gittertür und zerrte so fest daran, dass er sich fast die Ellbogen ausgekugelt hätte. Die Tür fiel mit einem lauten Geräusch zu und verriegelte sich– gerade noch rechtzeitig.
Die Front der Toten warf sich gegen die Gitterstäbe, und die nachrückenden Leichen zerquetschten die vordersten. Augäpfel sprangen heraus, als die Menge von hinten nachdrängte, Rippen brachen, und es floss schwarzes, zähflüssiges Blut. Eine ausgehungerte Leiche mit einem markanten Kinn streckte durch die Gitterstäbe die Arme nach ihm aus; als der Druck schließlich zu groß wurde, wurden ihre Arme abgetrennt und klatschten vor Marcos Füßen auf den Boden. Marco trat zurück und beäugte skeptisch die feuchten Betonziegelwände. Lieber Gott, bitte mach, dass die Tür hält. Und sie hielt stand. Die Toten kreischten und tobten.
» Entschuldigung«, wandte er sich an die Menge. » Ihr müsst hierbleiben.«
Er bestieg das Quad und drehte den Zündschlüssel, und als die Griffe unter seinen wunden Händen vibrierten und der Motor wie ein unzerstörbares Herz pulsierte, wurde Marco plötzlich von neuer Energie durchflutet, als ob die Kraft des Motors sich auch auf ihn übertrug.
Vor ihm erstreckte sich der stille, leere, lange Gang.
Hoffentlich bleibt es auch so.
Sein Blick fiel auf den gespenstischen Pferdeschädel, der die Motorhaube zierte. Der lange Kopf wies ihm den Weg nach Hause.
» Hü«, sagte er und betätigte den Gasgriff.
Das Quad schoss vorwärts und zog eine Abgaswolke hinter sich her. Und dann war er draußen. Vor den Zellenblöcken, die genauso unheimlich und stumm dalagen… im Gefängnishof, am Wrack des Militär-Lkw vorbei… dann raus ins Freie. Die Sonne stand hoch am Himmel, und die Luft des späten Vormittags
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