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Return Man: Roman (German Edition)

Return Man: Roman (German Edition)

Titel: Return Man: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: V.M. Zito
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Sie war weitergezogen.
    Seine Augen verschleierten sich. Jetzt bin ich an der Reihe.
    Ein Gutes hatten die Evakuierten Staaten immerhin– es gab viele Möglichkeiten, sich zu verstecken. Häuser, Bürogebäude, Hotels, Einkaufszentren oder eine Höhle irgendwo in den gottverdammten Bergen. Osbourne konnte hundert Suchtrupps aussenden, und sie würden ihn trotzdem nie finden.
    Und die Reiter – was war mit ihnen? Streifte noch immer eine Armee durch den Westen, beseelt vom Drang, ihn zur Strecke zu bringen und Rache zu üben für das, was er Monsterschädel und den anderen angetan hatte?
    Marco seufzte. Ja, Henry, sagte er sich. Du solltest dich für eine Weile besser bedeckt halten.
    Aber vergiss eines nicht. Das Problem mit Verstecken.
    Du glaubst, dass du sicher bist … bis es sich als Irrtum erweist.
    Er öffnete die Hände am Lenkrad. Der linke Ringfinger sah bizarr aus– die gebräunte Haut wurde in der Mitte von einem weißen, runzligen Hautstreifen durchbrochen.
    Im Büro lag ein zweiter Ordner neben dem von Roger auf dem Schreibtisch. Ein neu angelegter Vorgang. Marco, Henry war auf das Etikett gekritzelt, und in der Mappe, in einem Gefrierbeutel, lag sein Ehering.
    Er wusste zwar nicht genau, weshalb er das getan hatte, doch irgendwie fühlte er sich nun besser. Es wirkte… wohl offizieller, dachte er. Aus und vorbei.
    Er fragte sich, ob die Schlägertruppe Osbourne auch seinen Ring mitbringen würde.
    Am unteren Ende der Zufahrt bugsierte er den Lkw durch das Tor und warf einen letzten Blick in den Rückspiegel. Er würde nie mehr zu diesem Haus zurückkehren. Er sagte ihm stumm » Auf Wiedersehen« und bedankte sich für die schöne Zeit. Wie er das Haus so dastehen sah– dunkel, verschlossen und leer–, hatte er das Gefühl, dass auch in ihm eine Tür geschlossen und verriegelt wurde. Es kreisten schon Geier am Himmel, schwarze Flecken, die sich sammelten, als zöge ein Sturm auf. Irgendwo in der Nähe mussten wohl Leichen unterwegs sein, dachte er. Er räusperte sich und bog von der Zufahrt nach links ab.
    Nach Norden, sagte er sich. Norden ist gut.
    Zum Teufel, er kannte sogar ein tolles Ferienhaus an einem See in Montana.
    Zehn oder elf Leichen begrüßten ihn draußen auf der Straße– sein Blick fiel auf einen Mann mit Pferdeschwanz und einer Starbucks-Schürze, eine ältere Frau, die schwarz und knusprig verbrannt war, und einen weißäugigen Postboten in einer kurzen blauen Uniformhose, in dessen Brustkorb etwas steckte, das wie eine Brechstange aussah. Sie warfen ihre verwesten Arme in die Luft und stießen schreckliche, aber fröhliche Laute aus aufgerissenen Kehlen aus, als hätte man eine Abschiedsparty zu seinen Ehren organisiert. Er fuhr mitten durch die Menge und ignorierte das Grunzen und das Klatschen der Hände, die verzweifelt gegen die Türen schlugen. Der Lkw hoppelte in einer Kurve über den Bordstein, dann trat er aufs Gas und ließ sie zurück.
    Die Wahrheit war, er hatte sich daran gewöhnt. An die Leichen, an das Leiden. Dieses Leben hatte er auch für sich gewählt, hier im Schattenreich zwischen Leben und Sterben. Nur Henry Marco und die Leichen und all die sinnlosen Erinnerungen, die in ihren verwirrten Köpfen herumspukten. Auch in seinem.
    Auf der Route 60 kurbelte er das Fenster herunter und sah die öde Landschaft an sich vorbeiziehen– das Gestrüpp, die Ocotillos, die zerfallenden alten Bretterzäune und hier und da einen korrodierten, mit Schmutz verkrusteten Funkmasten. Ja, die Wüste von Arizona war eine endlose braune Fläche. Und doch wurde das Braun überall von Grün durchsetzt– eine Vegetation, die sich der Umgebung anpasste.
    Hier draußen war Braun die Farbe des Lebens.
    Er erinnerte sich an eine geführte Wanderung, die er vor fünf Jahren– im Sommer, in dem sie hierhergezogen waren– mit Danielle durch ein Reservat in der Nähe von Tucson unternommen hatte. Nachdem sie die ganze Zeit auf einem staubigen Pfad zwischen halb verdorrten Kakteen und kahlem Gestein entlanggewandert waren, hatte der Biologe die Gruppe anhalten lassen und sich neben einem toten braunen Klumpen Vegetation hingekniet, der wie ein verschrumpelter Farn von der Größe eines Baseballs aussah. Eine Rose von Jericho, hatte der Biologe gesagt. Wird auch als die Auferstehungspflanze bezeichnet.
    » Auferstehungspflanze«, sagte Marco jetzt halb lachend. » Lächerlich.«
    Sie ist nicht tot, hatte der Biologe erklärt. Weil sie kein Wasser speichern kann, verfärbt sie sich in

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