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Return Man: Roman (German Edition)

Return Man: Roman (German Edition)

Titel: Return Man: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: V.M. Zito
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Die Leichen hatten ihn gefunden– sie steckten die Köpfe unter den Tisch und leckten sich schon die trockenen Lippen.
    Gleich würden sie unter den Tisch kriechen und ihn schreiend darunter hervorzerren.
    Mit grimmigem Gesicht spannte er die Beine an wie ein Sprinter an der Startlinie; er war bereit, unter dem Tisch hervorzuspringen und einen Durchbruch zum Treppenhaus zu wagen. Er wollte versuchen, ein paar Leichen niederzuschlagen, ein paar mit der Glock abzuknallen und irgendwie nach oben zu kommen. Eine andere Wahl hatte er nicht.
    Er spannte alle Muskeln an, machte sich bereit und…
    » Doktor!«
    Marco erstarrte.
    » Doktor! Können Sie mich hören?«
    Wu. Seine Stimme kam von weit her und klang hohl.
    » Hey!«, rief Marco zurück und wunderte sich über die Erleichterung, die in seiner Stimme mitschwang. Eine tote Hand berührte seinen Fuß, und er zog ihn weg; die Leichen krochen auf allen vieren unter dem Tisch auf ihn zu.
    In der Küche hörte er ein lautes Geräusch, ein metallisches Scheppern. Irgendetwas war auf den Boden gefallen.
    » Der Aufzug!«, ertönte Wus Stimme.
    Marco wusste nicht, was er ihm damit sagen wollte.
    » Der Aufzug!«, wiederholte Wu. » Sehen Sie dort nach!«
    Ach so. Marco antwortete nicht– hatte keine Zeit mehr dazu. Eine dünne Leiche mit gebrochener Nase kroch von vorne in Schlangenbewegungen auf ihn zu. Er steckte ihr die Glock in den Mund und betätigte den Abzug. Der Hinterkopf der Leiche explodierte, das Gehirn spritzte heraus, und bevor der Körper noch auf dem Boden auftraf, kroch Marco schon darüber hinweg und zog mit den Fingern Furchen durch die feuchte graue Gehirnmasse.
    Jetzt hatte er noch acht Schuss im Magazin. Er betete, dass er sie nicht brauchte.
    Die Leichen rückten ihm von links und rechts zu Leibe; er spürte, dass sie ihn am Hemd zupften, aber nicht allzu fest, und er riss sich los und kam schließlich unter dem Tisch hervor. Er stand auf, wirbelte herum und sah sich hektisch in der Küche um. Das laute Geräusch war von… dort gekommen. In die Wand war eine kleine Tür eingelassen. Zur Linken kam in einem scheinbar endlosen Marsch eine weitere Welle von Toten die Treppe herunter. Er stieg über zwei Leichen hinweg, die gerade mit zappelnden Beinen unter dem Tisch hervorkamen, und riss die Tür des Aufzugs auf.
    Jackpot.
    Die AK -47 lag in dem engen Fahrstuhl. Sozusagen ein Geschenk des Himmels von Wu.
    Beim Anblick der Waffe schöpfte Marco sofort neue Kraft und verdrängte die lähmende Angst. Er hatte wieder einen klaren Kopf– hatte die Lage voll im Griff.
    Als Erstes widmete er sich den Leichen, die von der Treppe aus vorrückten: Er eröffnete ein Sperrfeuer aus Stahlkerngeschossen, die Hälse perforierten und Köpfe platzen ließen, als wären sie Luftballons. Das Gewehr war eine brutale Bleispritze. Er hatte noch nie mit einer Kalaschnikow geschossen; durch den heftigen Rückstoß würde seine Schulter morgen ein einziger Bluterguss sein. Doch das kümmerte ihn jetzt einen Scheiß. Es fühlte sich so verdammt gut an.
    Die Schüsse waren ohrenbetäubend laut und übertönten alle anderen Geräusche. Doch seine Augen teilten ihm alles mit, was er wissen musste– Leichen wurden durchsiebt, Wände wurden von Kugeln durchschlagen, Töpfe und Pfannen fielen von den Haken, die Küchentür wischte durch schwarzes Blut und Rattenurin.
    Als auch die letzte Leiche zu Boden ging, ließ er den Abzug los. Er war völlig benommen und außer Atem.
    Seine Trommelfelle vibrierten im Nachhall der Schüsse. Er schwenkte die Waffe durch den Raum und ließ den Blick über jeden einzelnen Körper schweifen. Die geringste Bewegung, und er würde wieder draufhalten. Nichts. Er schaute unter der Kücheninsel nach. Da regte sich auch nichts mehr.
    Er humpelte zum offenen Fenster, durch das die toten Passagiere in die Küche einsteigen wollten. Aber das bereitete ihm keine Sorge. Klettern war eine Fähigkeit, mit der die Leichen am allerwenigsten gesegnet waren. Er verschnaufte dort über dem Meer der bleichen winkenden Arme. Er fühlte sich wie ein Rockstar– wie die gottverdammten Beatles, als sie in Liverpool Station einfuhren und die Fans begrüßten. Sie alle wollen ein Stück von mir haben, sagte er sich grimmig.
    Er spielte mit dem Gedanken, das Feuer zu eröffnen, aber das wäre unvernünftig gewesen. Er hatte keine Ahnung, wie viele Schüsse das Magazin einer Kalaschnikow enthielt, und die Leichen stellten auch keine unmittelbare Bedrohung dar. Wäre

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