Return Man: Roman (German Edition)
die menschliche Gegner ausschalteten, verpufften wirkungslos bei Leichen, die keinen Schmerz spürten…
Frustriert drückte er die Hand gegen den Hals des Schaffners. Das Fleisch war überreif und matschig wie bei einer angefaulten Frucht, und die Finger drangen ohne großen Widerstand bis zu den Knöcheln ein. Die Leiche grunzte zornig, weil sie nun nicht mehr in der Lage war, den Kopf zu senken und herzhaft in Wus Gesicht zu beißen.
Wu verrenkte sich und warf einen Blick durch den Gang. Es waren noch mehr Leichen im Anmarsch.
Unten in der Küche fiel ein Schuss, und Glas splitterte.
Marco war also noch nicht tot.
Wu blinzelte und ärgerte sich, weil er sich hatte ablenken lassen. Konzentrier dich. Er brauchte eine Waffe, irgendetwas, womit er den Angriff abwehren und den Schaffner außer Gefecht setzen konnte– töten wollte er ihn nur, wenn es unbedingt erforderlich war, um sein eigenes Leben zu retten. Die AK -47 auf dem Rücken hatte sich im Gurt des Rucksacks verheddert; es war unmöglich, sie freizubekommen. Mit der freien Hand zerrte er an den Mandarinenten-Haken; doch wegen des Gewichts, das auf dem Gürtel lastete, vermochte er sie auch nicht herauszuziehen.
Was nun?
Einen Meter neben seiner rechten Schulter lag die Taschenlampe auf dem Boden und strahlte ihn an. Der Lichtkegel fiel auf das verwüstete Gesicht des Schaffners– die Haut war gallertartig und klumpig, und aufgequollene Adern unterlegten wie ein schwarzes Spinnennetz Mundpartie und Wangen.
Wu griff nach der Taschenlampe. Aber er griff daneben.
Und dann fiel wieder ein Schuss in der Küche.
Marcos Stimme ertönte– schwach, aber eindringlich: » Wu!«
Wu ignorierte ihn. Konzentriere dich.
Schließlich gelang es ihm doch, die Taschenlampe zu ergreifen.
Der Schaffner stieß einen Laut aus, der wie das Knurren eines Straßenköters klang, und ein ersticktes Gurgeln entrang sich seiner Kehle; dann packte er Wu am Handgelenk und versuchte, den Würgegriff um seinen Hals zu lösen. Wus Augen weiteten sich, als die Leiche zum tödlichen Biss ansetzte. Der offene Mund, in dem eine angeschwollene schwarze Zunge zu sehen war, schoss auf ihn zu, und brauner Geifer triefte in zähen Strängen aus den Mundwinkeln…
Er rammte der Leiche die Taschenlampe mit voller Kraft in den Mund.
Der Metallgriff schlug die obere Reihe der verfaulten Zähne ein und drang tief in die Kehle ein. Die Leiche stieß einen bellenden Schrei aus, wobei die massive Taschenlampe wie ein Schalldämpfer wirkte. Der Reflektor ragte zwischen den gespannten Lippen des toten Mannes hervor. Wu blinzelte– er wurde vom hellen Licht geblendet– und schlug mit der Handfläche kräftig gegen den Reflektor. Durch den Schlag wurde die Taschenlampe noch einmal fünf Zentimeter tiefer in die Leiche hineingetrieben.
Gelber Eiter quoll um den Schaft der Lampe hervor und tropfte auf das Kinn der Leiche. Sie riss erstaunt den Kopf zurück und versuchte, die Taschenlampe herauszuziehen. Wu keuchte, als das schwere Gewicht von seiner Brust genommen wurde; und während er noch ausatmete, zog er beide Beine an, platzierte die Stiefel auf der Brust des toten Mannes und stieß ihn weg. Die Leiche flog in ein Essabteil. Wu sprang auf.
Er riss sich die AK -47 vom Rücken und hielt sie quer vor sich: eine Hand am Lauf, die andere am Kolben. So drängte er die vorrückenden Leichen wie mit einem Räumgerät den Gang zurück; das Gewehr traf den Ersten– einen jungen Schwarzen in einem Hawaiihemd– voll am Oberkörper, sodass er zurücktaumelte und die anderen hinter sich gleich mit umriss.
Ein dritter Schuss ertönte von unten.
Nun, sagte Wu sich, ist es Zeit, dem Amerikaner zu helfen.
Sein Blick schweifte zur Treppe. Das schmale Treppenhaus, das zur Küche hinunterführte, war mit Leichen verstopft. Er musste einen anderen Weg finden. Und er fand auch sofort eine Lösung.
Der Speiseaufzug.
Ein hohles Stöhnen drang durch den offenen Metallschacht. Wu beugte sich zu dem rechteckigen Loch hin und rief: » Doktor! Können Sie mich hören?«
Zunächst kam keine Antwort. Dann ein » Hey!«
Wu schob die AK -47 durch die Öffnung und ließ sie fallen; er hörte sie unten aufschlagen. Der Amerikaner hatte wohl keine andere Wahl, als die Schusswaffe zu benutzen, sagte er sich. Sie war seine einzige Hoffnung. » Der Aufzug!«, rief Wu zweimal. » Sehen Sie dort nach!«
Und dann lief er los. Er wusste nicht, ob die Waffe helfen würde– ob der Amerikaner überhaupt in ihren Besitz
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