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Return Man: Roman (German Edition)

Return Man: Roman (German Edition)

Titel: Return Man: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: V.M. Zito
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in den Kampf.
    Er kam gerade einen Schritt weit…
    …und strauchelte, als die alte Frau ihm von hinten die Hände auf die Schultern legte. Bevor er herumwirbeln konnte, klammerte die Leiche sich an ihn, und er stolperte nach links– und dann knickte er plötzlich mit dem Fuß um. Es schien sich ein Loch im Boden aufzutun, und alles um ihn herum drehte sich.
    Mit der weiblichen Leiche auf dem Rücken stürzte er die unbeleuchtete Treppe hinunter.
    Zu dem, was auch immer im Schatten auf ihn wartete.
    6 . 6
    Ein weißes Feuerwerk zerriss die Schwärze, Schmerzen ließen die Nerven in Marcos Sehrinde aufblitzen, als er auf der Seite die Treppe hinunterfiel. Die letzten vier Stufen rutschte er mit klappernden Zähnen auf der Brust herunter, als ratterte er über ein Waschbrett. Die Leiche der Frau kreischte ihm ins Ohr. Auf halber Höhe beschrieb die Wendeltreppe eine Kurve, und Marco und die Leiche schlugen mit einem furchtbaren Geräusch gegen die Wand– spröde Knochen zersplitterten unter der Haut der Frau zu Zahnstochern–, und sie rollten in einem Knäuel aus kalten und warmen Gliedmaßen die Treppe herunter und schlugen dabei noch mit der Stirn gegeneinander. Für einen kurzen Moment waren die aufgerissenen Lippen der Leiche den seinen so nah, dass er sie hätte küssen können. Entsetzt zog er die Beine an und stieß sich ab.
    Er spürte, dass er wieder durch die Luft flog; diesmal fiel er nach hinten und schlug auf der zweiten kurzen Treppenflucht einen Salto. Schließlich prallte er mit dem Hinterteil auf dem Boden auf. Der Fußboden war nass, und sofort saugte sich seine Hose voll. Beim Aufstehen wäre er beinahe ausgerutscht.
    Es stank fürchterlich noch Ammoniak. Er schaute nach links und rechts und versuchte, mit den Augen die Dunkelheit zu durchdringen. Hüfthohe Arbeitsplatten. Schränke, Regale, ein großes Spülbecken.
    Er hatte die Küche gefunden.
    Trübes Licht fiel in den Raum– durch ein Fenster in der nach Westen ausgerichteten Wand des Zuges. Als sie den Zug vorhin passiert hatten, hatte er es nicht sehen können, da sie im Osten an der schier endlosen Reihe von Waggons vorbeigefahren waren. Na toll, du Genie, sagte er sich verdrießlich. Wäre verdammt noch mal viel leichter gewesen, hier durch ein Fenster einzubrechen. Beim nächsten Mal überprüfst du auch die andere Seite des Zugs.
    Frustriert prüfte er seinen Zustand, zog die Arme an, streckte sie wieder aus und krümmte die Knie. Er hatte ein paar Blessuren, aber es war zumindest nichts gebrochen; wahrscheinlich nur ein paar neue Beulen und Quetschungen für seine Sammlung. Und Gott sei Dank hatte er noch immer die Glock und die Brechstange. Die beiden schweren Gegenstände in seinen Händen vermittelten ihm ein Gefühl der Sicherheit.
    Die Frauenleiche hatte ihn allerdings nicht vergessen. Sie stolperte grunzend und mit ausgestreckten Armen die letzte Stufe herunter. Ein protziger Klunker steckte am Ringfinger. Flüchtig fragte Marco sich, welches Schicksal ihren Mann wohl ereilt hatte. War er eine der mumifizierten Leichen von oben oder eine der wandelnden Leichen im Zug?
    Oder war ihr Mann gar entkommen?
    Blödsinn, dachte Marco. Es gibt kein Entkommen.
    Sein Fatalismus erzürnte ihn. Er holte aus und rammte der Frau die Brechstange in die Nase– der leichteste Weg zum Gehirn, wie er schon vor Jahren festgestellt hatte–, bis er spürte, dass die Spitze durch die Nasenhöhle in den präfrontalen Cortex eindrang. In einer fließenden Bewegung drehte er die Stange, riss das Gehirn entzwei und verdrehte den Kopf der Frau auf der Schulter, bis er hörte, wie die Wirbel im runzligen Hals knackten und brachen.
    Die Leiche fiel wie ein nasser Sack auf den Boden.
    Schemen zeichneten sich im Treppenhaus ab. Da kamen noch mehr Leichen.
    » Wu!«, rief Marco die Treppe hinauf.
    Keine Antwort. Dann ein Krachen.
    Marco zog sich zurück. Ein Haufen Leichen bog um die Ecke und stieg in die Dunkelheit ab.
    So, ihr lichtscheues Gesindel, sagte er sich. Scheinwerfer an.
    Marco hatte die Glock schon schussbereit in der rechten Hand. Er wirbelte herum und gab einen Schuss auf die schmutzige Fensterscheibe in der westlichen Wand ab. Der Schuss hallte in der kleinen Küche wider, und die Echos waren so stark, dass die an der Wand hängenden Messer und Löffel klapperten.
    Das Glas zersplitterte in tausend Scherben. Sonnenlicht durchflutete die Küche.
    Schon viel besser.
    Seine Ohren klingelten. Er blinzelte und beschirmte die Augen mit der Waffe.

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