Revanche - Exposure
nicht leiden?«, fragte sie mit kindlicher Entrüstung und musterte die umsitzenden Gäste. Etliche senkten betreten den Blick.
»Na ja, Bill Gertz beispielsweise«, erwiderte Emma wie aus der Pistole geschossen. Worauf mehrere Cafébesucher unangenehm berührt wirkten. Wer wollte schon mit dem Mann in einen Topf geworfen werden, der diesem niedlichen Kind die hässliche, schwarz vernähte Wunde beigebracht hatte?
Gracie linste erneut zu ihrer Mutter. »Wer ist das, Maman ?«
»Der Mann, dem die Autowerkstatt gehört. Schon vergessen,
Herzchen? Wir waren am Tag unserer Ankunft bei ihm.«
Gracie rümpfte ihr Näschen. »Wenn er meinen Elbis nicht leiden kann, ist er ein böser Mann. Dann mögen wir ihn auch nicht, was, Maman ?«
»Nein, ganz bestimmt nicht, Engelchen. Aber lassen wir das mit Mr. Gertz. Weißt du noch, weswegen wir hergekommen sind, Grace Melina? Warum wir in Ruby’s Café zu Mittag essen wollten? Später wollten wir doch auch noch zu Mrs. Clare fahren, nicht?«
»O ja, Mommy!« Grace nickte aufgeregt. Sie spähte von Ruby über den Tisch hinweg zu Clare. »Wir möchten, dass ihr unsere -« Sie stockte und torpedierte Emma mit einem verzweifelten Blick, weil ihr der entsprechende Begriff nicht einfiel. Ihre Mutter flüsterte ihr etwas ins Ohr. » Oui, unsere Brautjungfern seid!« In ihrer Begeisterung erwürgte sie Emma fast. »Und wisst ihr was?«, platzte sie lautstark heraus. »Ich bekomme ein neues Kleidchen und Maman natürlich auch! Wir werden bildschön sein - hat Elbis gesagt.«
»Na, wenn Elvis das gesagt hat, dann ist es fast schon Gesetz«, meinte einer der Gäste am Tresen trocken, aber ohne jede Häme. Er musterte das aufgekratzte, kleine Mädchen und die auffallend hübsche, blonde Frau, warf ein paar Münzen auf die Theke und schwang sich vom Stuhl. Kopfschüttelnd grinsend verließ er das Café.
Vermutlich hatte dieser Donnelly irgendwas an sich, was ihm bisher verborgen geblieben war.
Für Emma folgte eine hektische Woche. Elvis wollte so schnell wie möglich heiraten und drängte darauf, dass sie alles schleunigst arrangierten. Das Problem war nur, dass
auf der gesamten Insel gehäuft Fälle von Vandalismus auftraten und der Sheriff derart intensiv in die Ermittlungen eingebunden war, dass er Emma kaum unterstützen konnte.
Am Montag fuhr Clare mit ihr nach Seattle, wo sie bei Jessica McClintock’s in der Westlake Mall traumhafte Kleider für die Braut, das Kind und die Brautjungfern fanden. Am Spätnachmittag nahm sich Elvis eine halbe Stunde frei, um gemeinsam mit Emma ein Gespräch mit Reverend Simpson von der Baptistenkirche zu führen.
Am Dienstag erinnerte sie Elvis daran, dass er noch keinen Smoking hatte. Sie bestellte Champagner und eine Hochzeitstorte. Schließlich machte sie eine Faust in der Tasche, schnappte sich Gracie und fuhr mit ihrem abgeschmirgelten Chevy Baujahr 57 hinaus zu Nadine.
Gracie zog ein langes Gesicht, sobald sie sah, wer die Tür aufmachte. Emma hatte ihr das Fahrtziel wohlweislich verschwiegen. Zumal sie sich die Reaktion ihrer Tochter bereits in den glühendsten Farben ausmalen konnte und dass sie die ganze Fahrt über murren würde. Nadines Auftauchen war für die Kleine mithin wie ein Schockerlebnis. Beharrlich an Emmas Hand zerrend, blinzelte Gracie flehend zu ihr auf. »Will nach Hause.«
»Später, Engelchen«, murmelte Emma. Sie sah Elvis’ Mutter fest an. »Hallo, Nadine. Dürfen wir kurz reinkommen?«
Der Anblick der beiden vor ihrer Haustür schockierte Nadine nicht minder. Emma wirkte als Einzige relativ gefasst. »Oh!«, stammelte Nadine. »Ja … o ja … natürlich.« Sie hielt den beiden die Tür auf.
Emma machte einen Schritt vor, aber Gracie sträubte
sich nach Kräften. »Will sofort nach Hause!«, meuterte sie.
»Und ich sagte später , Gracie«, entgegnete Emma ruhig, aber bestimmt, bevor ihr Blick zu Nadine glitt. »Ich glaube, es gibt da was, das Sie sicher gern mit ihr klären möchten«, meinte sie betont neutral.
»Mhm, das kann man wohl sagen«, räumte Nadine ein. »Ähm …« Sie räusperte sich umständlich, ehe sie sich zu Gracie hinunterbückte. Die Arme abweisend vor dem schmalen Brustkorb gekreuzt, drehte die Kleine demonstrativ den Kopf zur Seite. »Es - ähm - tut mir wirklich leid, dass ich dir das eingebrockt hab, Gracie«, meinte Nadine gedehnt. »War echt blöd von mir, dir einzuschärfen, dass du deine Mommy anlügen solltest.«
»Ich hab Haue gekriegt«, informierte Gracie sie empört,
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