Revanche - Exposure
zumal sie Nadine auch daran die Schuld gab. »Und alle waren böse mit mir.«
»Tut mir echt leid, wirklich«, beteuerte Nadine, ratlos über die unversöhnliche Miene des Kindes. »Hast du nicht Lust, mit reinzukommen?«, schlug sie vor. »Um dir die Elvis-Puppe anzuschauen, die ich dir versprochen hab.« Sie richtete sich auf und hielt der Kleinen ihre Hand hin.
Gracie war hin und her gerissen. Sollte sie weiterhin schmollen oder nachgeben? Immerhin war da … diese Puppe . Und ein neues Spielzeug schlug man nicht schnöde aus.
»Gwacie kommt mit«, lenkte sie schließlich ein und fasste Nadines Hand.
Während Emma Nadine und Gracie durch den Gang und das Wohnzimmer folgte, versuchte sie krampfhaft, nicht auf die Elvis-Presley-Fanartikel zu stieren, mit denen
das Haus vollgestopft war. Von sämtlichen Wänden und Fensterbänken sprangen ihr die diversen Erinnerungsstücke an den verstorbenen Star ins Auge. Sie stellte sich insgeheim vor, wie Elvis inmitten dieses ganzen Plunders aufgewachsen war, und bekam das kalte Grausen.
Der winzige Schlafraum, den sie schließlich betraten, war der Gipfel der Geschmacklosigkeit. Ein Schrein für den King of Rock’n’ Roll. Gracie sah sich mit großen Augen in dem vollgestopften Zimmer um. »Ist das dieser andere Elbis?«, fragte sie mit ihrer kleinen Piepsstimme. »Dieser König?«
Emma sah schweigend zu, wie Nadine dem Kind das eine oder andere zeigte, bis sie schließlich die Elvis-Puppe fand und sie Gracie gab. Während das Kind sich damit beschäftigte, nahm Emma ihre zukünftige Schwiegermutter beiseite. »Ich möchte nicht nachtragend sein, Nadine«, sagte sie leise, während sie die strahlend blauen Augen fixierte, die Elvis’ so ähnlich waren. »Aber es fällt mir verflixt schwer, nachdem Sie mein Kind vorsätzlich in Gefahr gebracht haben. Trotzdem«, setzte sie entschieden hinzu, »Ihr Sohn und ich werden Donnerstag in einer Woche heiraten, und wir möchten, dass Sie dabei sind. Für Elvis ist es besonders wichtig, immerhin sind Sie seine Mutter. Enttäuschen Sie ihn nicht.«
Nach dem Besuch zeigte Gracie die neue Puppe stolz ihrem zukünftigen Daddy. »Guck mal, was deine Maman mir geschenkt hat! Eine Elbis-Puppe!«, informierte sie ihn. Sie kletterte auf seinen Schoß und hielt ihm die Puppe vor die Nase. »Sie heißt wie du, aber du siehst viel besser aus.«
Elvis spähte über Gracies Kopf hinweg zu Emma. »Ihr wart bei meiner Mutter?«, wollte er wissen.
»Oui« , erwiderte sie. »Um sie zur Hochzeit einzuladen.«
»Und - ähm - kommt sie?«
»Sie hat zugesagt.«
Darauf erwiderte er nichts. Stattdessen rieb er seine vernarbte Wange sanft an Gracies Schopf, während sein Blick mit Emmas verschmolz. Einer seiner Mundwinkel verzog sich zu einem melancholischen Lächeln.
Am Mittwoch machte Emma Elvis erneut darauf aufmerksam, dass er noch keinen Smoking hätte und bei seiner Statur vermutlich auch Schwierigkeiten beim Kauf eines solchen bekäme. Außerdem raste ihnen die Zeit davon. Bei Clare erkundigte sie sich telefonisch, ob Sam entsprechend ausstaffiert wäre. Dann machte sie sich auf die Suche nach einem geeigneten Hochzeitsfotografen. Es war schwieriger als erwartet, jemanden zu finden, der so kurzfristig noch Termine frei hatte.
Nachher kaufte sie Hussen für das Sofa und den Sessel, Jalousetten für die Fenster in Wohnzimmer und Küche. Im Anschluss an die Trauung plante sie einen kleinen Empfang. Nur für sie, Elvis und Gracie, Nadine, Sam und Clare sowie Ruby mit ihren Kindern. Und da sollte es bei ihnen ein bisschen festlich und ansprechend aussehen, obwohl der Mietshauscharakter trotz aller Bemühungen unverkennbar blieb.
Plötzlich fiel es ihr ein: Sie brauchte ja noch Blumen! Sowohl als Hochzeitsschmuck wie auch für das Haus. Vielleicht auch ein paar Streublümchen. Und wieder hing sie am Telefon.
Am Donnerstag kaufte sie kleine Aufmerksamkeiten für ihre Brautjungfern. Und wunderte sich, dass Elvis schon zu Hause war, als sie zurückkehrte.
Rein äußerlich war ihm nichts anzumerken, jedoch spürte sie die unterschwellige Spannung, während sie in der Küche einen Mittagsimbiss für Gracie zubereitete. Sobald die Kleine mit dem Essen fertig war, schickte Emma sie zum Spielen in den Garten. Sie beobachtete, wie sie über den Rasen lief und sich auf die Schaukel schwang, dann wandte sie sich Elvis zu. »Irgendwas beschäftigt dich, Cher . Los, raus mit der Sprache.«
Er atmete seufzend aus. »Bill Gertz ist heute Nacht
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