Revanche - Exposure
Typen ihre Langeweile im Alkohol ertränkten. Trotzdem tendierte die Verbrechensrate aufgrund von Alkoholund Drogenmissbrauch bei ihnen gegen null. Bis auf die eine oder andere mutwillige Sachbeschädigung oder Schlägerei im Affekt. Dass sich irgendein verkappter Pädophiler ein kleines Mädchen schnappte, war noch nie vorgekommen.
Bisher jedenfalls nicht.
Natürlich war es unfair, Vergleiche zu ziehen. Trotzdem ertappte er sich auf der Heimfahrt dabei, dass er Emmas erkennbare Betroffenheit mit Clares Verhalten verglich. Seine Frau hatte sich nach Evans Tod emotional völlig abgeschottet. Herrgott, er wünschte sich, Clare hätte nur einen Bruchteil von Emmas Impulsivität gezeigt, anstatt alles tief in sich zu vergraben, bis es schier
unmöglich war, an sie heranzukommen. Sonst hätten sie vielleicht eine Chance gehabt, gemeinsam zu trauern und über die schwere Zeit hinwegzukommen …
Vielleicht hätte er dann zu verhindern gewusst, dass sie ihm mehr und mehr entglitt.
Am Abend würde er erneut das Gespräch mit ihr suchen. Das nahm er sich fest vor, als er das Auto in die Auffahrt steuerte und den Motor abstellte. In den letzten Wochen hatte er das eine oder andere Mal bemerkt, dass Clare für kurze Zeit wie umgewandelt gewesen war, entspannter und wieder ganz die Alte. Dies nährte seine Hoffnung, dass sie die tiefe Depression endlich überwunden hatte. Sam war fest entschlossen, um sie zu kämpfen. Sie fehlte ihm wahnsinnig.
Er vernahm leichte Schritte auf den Bodenfliesen und warf die Schlüssel in den Korb auf der Fluranrichte. Lächelnd drehte er sich um, um seine Frau zu begrüßen.
Das Lächeln gefror auf seinen Zügen. Sein Herzschlag setzte unvermittelt aus. Um sich dann krankhaft zu beschleunigen. Schweißperlen bildeten sich auf Stirn und Oberlippe. Ach du meine Güte, Clare, überlegte er bestürzt, was hast du nur getan?
»Hi, Mis-ta Mack-ey«, kicherte Gracie Sands und strahlte ihn an. »Weißt du, wann meine Maman mich wieder abholt?«
Die Funkverbindung in dem Polizeifahrzeug knackte. »Wir haben sie gefunden, Elvis! Sagen Sie Mrs. Sands, dass ihre Kleine bei Sam und Clare Mackey ist. Sie ist putzmunter.«
Ein gurgelndes Lachen rang sich aus Emmas Kehle. Zwei Sekunden später brach sie in Tränen aus. Elvis
schaltete auf Senden. »Danke, Sandy«, murmelte er in sein Mikrofon. »Wir fahren kurz dort vorbei.« Er streckte die Hand aus, legte sie Emma beruhigend aufs Knie. »Sind Sie okay?«
»Mmmh.« Mühsam brachte sie ihre angestauten Gefühle wieder unter Kontrolle und setzte sich kerzengerade auf. Drehte sich dem Sheriff zu und strich sich mit den Handrücken fahrig über die Wangen. » Oui , alles in Ordnung. Mon Dieu , Elvis, ich hab solche Angst gehabt, dass ihr etwas Schreckliches zugestoßen sein könnte.« Sie strich sich die Haare zurück, dabei sah sie ihn bekümmert an. »Ich glaube, das hätte ich nicht verkraftet. Gracie ist das einzig Wichtige, das ich im Leben …« Sie ließ die Hände in den Schoß sinken, löste den Blick von ihm. Grundgütiger, Emma Terese, krieg dich wieder ein. Dein jämmerliches Geschwafel interessiert ihn nicht die Bohne.
Und trotzdem … auf einmal wünschte sie sich sehnsüchtig, sie könnte sich an Elvis Donnellys breite Schulter lehnen und ihm ihre Probleme anvertrauen.
Kurz darauf bogen sie in die lange, baumbestandene Auffahrt und hielten vor dem Anwesen der Mackeys. Er hatte den Motor noch nicht abgestellt, als Emma auch schon aus dem Wagen schoss. Sie lief schnurstracks zum Eingangsportal, würdigte das architektonisch reizvolle Haus mit der bombastischen Glasfront keines Blickes. Auch nicht die traumhafte Aussicht, die jeden Besucher zu Begeisterungsstürmen hinriss. Als Clare öffnete, fragte sie ohne Umschweife: »Wo ist sie?«
»Oben in Evans früherem Zimmer. Aber warten Sie, Emma, bevor Sie -«
Emma unterbrach sie mit einer temperamentvollen
Umarmung. »Danke! Mon Dieu , Clare, merci beaucoup von ganzem Herzen. Sie können sich sicher am besten ein Bild machen, welche Ängste ich durchlitten habe. Wo haben Sie sie gefunden?«
»Darüber wollte ich mit Ihnen sprechen …«
Diesmal unterbrach sie Sam. »Gehen wir doch erst mal alle ins Haus«, schlug er vor. »Emma, möchten Sie einen Kaffee?«
»Nein, danke, Sam.« Sie schenkte ihm ein strahlendes Lächeln. »Das verkraftet mein Magen heute bestimmt nicht mehr. Sobald ich ein bisschen ruhiger bin, möchte ich zu Gracie.«
»Und du, Elvis?«
Elvis fiel die unterschwellige
Weitere Kostenlose Bücher