Revelations
er von Angels erneutem Duell erfuhr und gab zu Protokoll, wie wenig er davon hielt, Jades Vorschlägen zu vertrauen. Den anderen ging es ähnlich, aber niemand hatte eine echte Alternative vorzuweisen. Außerdem bestand die Gefahr, dass Jade beim Nichtbeachten ihrer Anweisungen das Interesse an Angel verlieren könnte - mit nicht absehbaren Konsequenzen für die Flüchtlinge.
Abseits der Gruppe nutzte Kim die Chance, sich bei Faith für ihre waghalsige Rettungsaktion während der Schlacht um Silver Valley zu bedanken. Faith erinnerte sich an ihr plötzliches Verlangen, einer Freundin zu helfen. Ein Gefühl, das sie als Bacchae der Sicarii kaum gekannt hatte. Ebenso wenig wie die tiefe Zuneigung zu einem anderen Menschen, bis Caiden beinahe vor ihren Augen erschossen worden wäre. Beide Male hatte sie instinktiv gehandelt und dabei ihre eigenen Leute ermordet. Sie hoffte aufrichtig, dass der naive Rotschopf nie von ihrer wahren Identität erfahren würde.
Als ihre Freunde schon längst schlafend in den umliegenden Ruinen lagen, hockte Angel auf einem der Festungstürme und ließ ihren Blick über die Kopfsteinpflasterstraße und das Gebirgstal zu ihren Füßen schweifen. Gedankenversunken starrte sie auf ihren mattgrauen Kampfstab, fuhr ihn mit einem Klicken aus und wieder ein, aus und wieder ein. Immer wieder, bis ihr Daumen zu schmerzen begann. Auch wenn es Truppen der Vultures waren, die Kims Konvoi aufgrund ihrer Ortskenntnis mit Leichtigkeit eingeholt hatten, mussten es doch die Sicarii gewesen sein, die über Kenntnisse aus den Reihen der Ranger verfügten. Es existierten demzufolge definitiv Verräter unter ihnen, die selbst in diesem Moment Informationen an den Feind weiterleiten könnten.
6 - Auszeit
Die nächsten Tage glichen für Angels Team fast einem Urlaub in den Bergen. Aufgrund der leicht zu überwachenden Serpentinenstraße stellte sich rasch ein Gefühl der Sicherheit ein und die Flüchtlinge wurden allmählich zu sesshaften Einwohnern. Die Unzugänglichkeit der abgeschiedenen Region wirkte wie ein unsichtbarer Schutzschild, der sie ohne Furcht über den Klosterhof schlendern ließ. Natürlich spielte dabei die ständige Präsenz der aufmerksamen Ranger ebenfalls eine große Rolle. Angels Vermutung, dass Jade der eigentliche Grund für die friedliche Ruhe war, blieb weiterhin ein Geheimnis.
Cole hatte seine Miliz zum Schutz der Wasserquelle eingeteilt, die Tag und Nacht nur von Angel ausgewählten Personen Zutritt gestatteten. Dazu gehörte selbstverständlich der alte Paul, der jeden Tag eine Wanderung hin und zurück absolvierte, Angels eigenes Team sowie der Krankenpfleger Marcus. Seit dem Verlust von Steven war er ganz allein für das neuerrichtete Lazarett zuständig. Der Frauenschwarm hatte auch alle Hände voll zu tun, denn es verging kein Tag, an dem sich nicht irgendein Kind beim Spielen in der felsigen Landschaft verletzte; von den verwundeten Rangern aus der Schlacht um Silver Valley ganz zu schweigen. Sharon übergab sich weiterhin jeden Morgen wie ein Uhrwerk, was schnell Gerüchte über eine Schwangerschaft heraufbeschwor, die von ihr aber vehement dementiert wurden.
Nachdem Kims Beinverletzung einigermaßen verheilt war, ging sie regelmäßig mit einem Trupp erfahrener Überlebenskünstler auf die Jagd nach Bergziegen, Schafen oder, wenn sie Glück hatten, ein paar Hasen. Außerdem schlug sie vor, die ehemals domestizierten Nutztiere nicht einfach nur zu jagen, sondern für eine gesicherte Nahrungsversorgung einzufangen. Obwohl sich die Wildpopulationen erstaunlich gut erholt hatten, würde sie fünfhundert Menschen ohne Zuchtprogramm auf Dauer nicht ernähren können. Des Weiteren koordinierte sie Teams von freiwilligen Schatzsuchern, die die verlassenen Dörfer der Umgebung erkundeten und dabei allerlei nützliche Gegenstände wie Rasierapparate oder eingeschweißte Gewürzpäckchen fanden.
Im Umkreis des Klosters fällten die Flüchtlinge unzählige Bäume und legten auf den gerodeten Flächen Obst- und Gemüsebeete an, deren Samen aus Eagle Village gerettet werden konnten. Trotz der ganzjährigen Sonne dürfte die erste Ernte viele Monate auf sich warten lassen, weshalb täglich Sammler in den Bergen unterwegs waren, um den proteinreichen Essensplan mit Brombeeren oder Pflaumen anzureichern. Wildwachsende Hagebuttensträucher sorgten als Tee für eine ausreichende Vitaminversorgung. Um die Felsgrotte herum ließen sich sogar vereinzelte Pilze entdecken, die mit ihrem
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