Revolte auf Luna
jetzt komme ich nach Hause und bringe die schlechte Gesellschaft mit.«
»Wir essen in zwanzig Minuten. Kommst du rechtzeitig?«
»Willst du nicht wissen, ob ich Mann oder Frau mitbringe?«
»Wie ich dich kenne, ist es eine Frau. Aber das stellt sich bald heraus, hoffe ich.«
»Du kennst mich wirklich gut, Mum. Die Mädchen sollen sich hübsch machen,damit der Besuch sie nicht aussticht.«
»Kommt schnell, sonst wird das Essen kalt. Bis später, Manuel.«
»Danke, wir kommen, Mum.« Ich wartete und wählte dann MYCROFTXXX. »Mike, ich brauche eine Auskunft über einen Mann, der an Bord der Popow nach Luna gekommen ist. Stuart Rene Lajoie. Stuart mit U, und der Nachname kann unter L oder J verzeichnet sein.«
Ich brauchte nicht lange zu warten; Mike fand Stu in sämtlichen einschlägigen Werken: Who's Who, Dünn ! Bradstreet, Index der Londoner Times und so weiter. Französischer Abstammung, reich, sechs weitere Vornamen, drei akademische Grade, darunter die Promotion als Jurist an der Sorbonne, adlige Vorfahren in Frankreich und Schottland, geschieden (kinderlos) von Lady Pamela Bindestrich-Bindestrich-Blaublut. Also genau der Mann, der mit keinem Loonie sprechen würde, der von Sträflingen abstammte -aber Stu sprach mit jedem.
Ich hörte einige Minuten lang zu und wies Mike dann an,ein komplettes Dossier vorzubereiten, indem er weiteres Material sammelte.»Vielleicht ist das unser Mann,Mike.«
»Vielleicht,Mannie.«
»Hoffentlich!« Ich kehrte nachdenklich zu meinem Gast zurück. Vor fast einem Jahr hatte Mike uns Chancen von eins zu sieben versprochen -unter gewissen Umständen.Dazu gehörte,daß wir von Terra aus unterstützt wurden.
Mike wußte, wir alle wußten, daß Terra mit seinen elf Milliarden Menschen und seinen unerschöpflichen Reserven nicht von drei Millionen zu besiegen war, obwohl wir erhöht standen und Felsbrocken werfen konnten.
Mike zog Parallelen zum 18. Jahrhundert, in dem Englands amerikanische Kolonien sich vom Mutterland lösten, und zum 20. Jahrhundert, in dem Dutzende von ehemaligen Kolonien unabhängig wurden, und wies darauf hin, daß keine dieser Kolonien sich mit bloßer Gewalt frei gemacht hatte. In jedem Fall war das Mutterland anderswo beschäftigt gewesen oder hatte die Kolonie freiwillig aufgegeben,anstatt darum zu kämpfen.
Wir waren seit Monaten stark genug, um die Leibwache des Gouverneurs zu jedem beliebigen Zeitpunkt zu überwältigen. Sobald unser Katapult fertiggestellt war, waren wir nicht mehr hilflos. Aber wir brauchten ein >günstiges Klima< auf Terra. Deshalb waren wir auf Hilfe von dort angewiesen.
Prof hatte diesen Punkt zu Anfang unterschätzt.Erst später merkten wir, daß das nicht leicht zu erreichen war. Seine alten Freunde auf Terra waren entweder bereits tot oder pensioniert, und ich kannte nur einige Lehrer. Wir ließen sämtliche Parteimitglieder fragen: »Welche wichtigen Persönlichkeiten kennt ihr auf Terra?« -und die Antwort lautete meistens: »Soll das ein Witz sein?«
Prof las regelmäßig die Passagierlisten landender Schiffe,um vielleicht auf diese Weise einen Kontakt herzustellen. Er hatte nicht auf Stuarts Namen reagiert; er kannte ihn allerdings nicht persönlich. Ich wußte nicht, ob Stu so exzentrisch war, wie seine Visitenkarte anzuzeigen schien.Aber er war der erste Terraner, den ich auf Luna zu einem Drink und zu mir nach Hause eingeladen hatte; er schien wirklich in Ordnung zu sein, und Mikes Bericht zeigte, daßich mich nicht geirrt hatte -er stellte tatsächlich etwas dar.
Deshalb nahm ich ihn mit nach Hause, damit die Familie ihn beurteilen konnte.
Alles fing gut an. Mum gab ihm lächelnd die Hand. Stu bückte sich darüber -und hätte sie wahrscheinlich geküßt, wenn ich ihn nicht gewarnt hätte, was es bei uns mit Frauen auf sich hatte.
Mum strahlte, als sie ihn ins Speisezimmer führte. Er mußte unbedingt neben ihr sitzen.
Kapitel 12
April und Mai 76 brachten wieder harte Arbeit; wir bemühten uns, die Loonies gegen den Gouverneur aufzubringen, der seinerseits Vergeltungsmaßnahmen ergreifen sollte. Leider war er im Grunde genommen kein schlechter Kerl, der nur gehaßt wurde, weil er die Verwaltung symbolisierte, die uns ausbeutete; man mußte ihn schon erschrecken, um ihn zu irgend etwas zu bewegen.Und der durchschnittliche Loonie war genauso schlimm. Er haßte den Gouverneur aus alter Gewohnheit, aber er war kein geborener Revolutionär; er wollte nicht damit zu tun haben. Bier, Wetten, Frauen und
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