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Revolution - Erzählungen

Revolution - Erzählungen

Titel: Revolution - Erzählungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jakob Ejersbo
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mzee «, grüßen wir respektvoll – ich halte deine Füße. Die übrige Welt mag Gemüse von Frauen mit hübschen Formen kaufen, aber in die Nähe von Zaire wagt sich keine Frau – auch nicht bei Tageslicht.
    Die Botschaften stehen mit weißer Farbe auf den großen Felsen am Wegrand. Mungu Mkubwa – Gott ist groß. Mungu Yupo – Gott existiert. Die letzte Botschaft ist mit schwarzer Farbe geschrieben, und jemand hat versucht, sie mit Sand und Kies auszuwischen: Mungu Kufa – Gott ist tot. Vom Kamm der Anhöhe aus sehen wir das Minengebiet in der Dämmerung. Es dehnt sich in dem fünf Kilometer langen Tal zwischen den Merelani Hills aus. Die Minen gehören kleinen Betreibern – viele von ihnen sind örtliche Tansanitaufkäufer, die ihren Gewinn in die Minen investieren. Alles funktioniert mit einem zusammengekratzten Budget und der Hoffnung auf unendlichen Reichtum. Ungefähr einhundertfünfzig kleine Minen gibt es; die ältesten liegen am Boden des Tals, der Sedimentschicht am nächsten. Die jüngeren befinden sich an der Anhöhe, dort muss man sich länger durch sandige Erde graben, bevor die Quarzfelsen erreicht werden. Hier gibt’s so gut wie keinerlei Vegetation, nur staubige, verkrüppelte Büsche und Hecken, Schlackeberge und Holzschuppen. Menschen sehe ich nur wenige, obwohl hier Tausende leben – sie sind unter der Erde. Soll ich nach sieben Jahren wieder in einer anderen Mine anfangen? Ich habe bisher in sechs verschiedenen Minen gearbeitet. Jedes Mal, wenn einem Besitzer das Geld ausgeht, muss ich mir eine andere Mine suchen. Und in der neuen Mine muss ich jedes Mal mit den anderen Arbeitern zunächst einen vierzig Meter tiefen Schacht graben – denn der Profit liegt verborgen unter Tonnen von Stein. Sollte ich mal auf eine Ader stoßen, werde ich verbraucht sein. Oder anders gesagt tot.
    V
    Mzee Akrabi taucht in den nächsten Tagen nicht wieder auf, Hamza vermodert in seinem Loch, und wir leben von dem letzten Geld. Aber wir sitzen auf dem Trockenen. Fragen überall: »Habt ihr Arbeit?« Und die Antwort ist nein. Es gibt zu viele Hände in Zaire. Wenn wir die Schlackeberge in der Sonne durchsieben, trocknen wir aus wie die Zweige. Nur können wir nicht arbeiten, wenn es kühler ist, denn in der Dämmerung erkennen wir den Unterschied zwischen wertlosen Kristallen und kostbaren Steinen nicht. Die Batterie der Taschenlampe ist leer. Jackson erscheint auf seinem Motorrad.
    »Ist mzee Akrabi zurückgekommen?« Würden wir dann hier stehen? »Hm. Vielleicht solltet ihr ans andere Ende gehen.«
    »Wieso?«, frage ich ihn. Wir waren am anderen Ende des Tals – auch keine Arbeit.
    »Verkaufst du mir jetzt deine Stiefel?«
    »Wieso?«, frage ich noch einmal. Vielleicht hat er ja etwas gehört.
    » Tsk «, schnalzt Jackson. »Ich komme zu früh. Noch zwei Tage, und du wirst mir deine Stiefel für ein Glas Wasser geben.«
    »Freunde helfen sich«, wirft Shirazi ein.
    »Morgen wird eine neue Mine eröffnet. Das habe ich jedenfalls gehört.« Jackson lässt sein Motorrad an und fährt zurück nach Mererani: Licht, Essen, Frauen, Bier. Wir trinken unseren letzten Schluck und kriechen zusammen mit anderen Hoffnungslosen in eine verlassene Mine. Es fällt schwer, ohne bhangi einzuschlafen, wenn der Hunger an den Gedärmen nagt.
    Am nächsten Morgen sind wir noch vor Sonnenaufgang auf den Beinen. Wir finden den Ort. Er ist mit Pfählen und Seilen markiert. Viele Männer und Schlangen warten. »Sie brauchen hundert«, sagt einer. »Und sie haben eine Menge Geld«, ein anderer. Ich habe das alles schon so oft gehört. Zunächst bekommst du Tee mit Milch und Zucker, aber schon bald nur noch fauliges Wasser.
    Es gibt keinen Schatten. Wir sitzen auf der Erde. Ich schaue auf meine Stiefel und bin schon fast bereit, mich von ihnen zu verabschieden, als ein neuer Land Cruiser den Hügel heraufkommt, gefolgt von einem großen, mit Holz beladenem Isuzu-Lastwagen und einem Land Rover. Wir alle verfolgen die Kolonne mit unseren Blicken. Kommen sie hierher? So viel Holz, genug für mehrere hundert Meter Leitern – Wahnsinn. Sie müssen sehr reich sein. Sie kommen hierher. Wir stehen auf, bürsten den Staub von unseren Kleidern. Gucken. Sie biegen auf den Platz. Männer steigen aus.
    » Wowowo «, bemerkt Shirazi leise – wogende Ärsche. Aber es gibt nicht nur Ärsche. Aus dem Land Cruiser steigt ein riesiger Fettklumpen in einem Kleid. Es ist kaum zu glauben, dass sich darunter eine Frau verbirgt. Sie ist ein wogendes

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