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Revolution - Erzählungen

Revolution - Erzählungen

Titel: Revolution - Erzählungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jakob Ejersbo
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der senkrechte Verlauf des Schachts ein Stück, so dass ein Absatz entsteht, auf dem eine Leiter stehen kann; die nächste Leiter führt dann an einer anderen Seite der vier Wände des Schachtes tiefer hinunter in die Dunkelheit. Die Leitern müssen sehr stabil sein. Ich kenne das System, ich habe oft genug derartige Leitern benutzt. Die Arbeiter müssen auf ihnen eine Kette bilden können, wenn sie die Säcke mit der Schlacke hochreichen. Wir hacken neben der Leiter ein tiefes schmales Loch in die Wand des Schachtes und schlagen ein angespritztes Stück Holz in das Loch, dann wird die Leiter an das Holz genagelt, damit sie nicht wackelt. Zusätzlich bringen wir in regelmäßigen Abständen waagerechte Bretter an, die zu den entgegengesetzten Schachtwänden führen und die Leiter stabilisieren.
    Am Einstieg ist der Schacht zwei Meter breit. Aber schon nach etwa fünfzehn Metern verengt er sich auf ein mal ein Meter. Auch wir helfen, die Schlackesäcke die neue Leiter hinaufzureichen. Noch sind es nicht sehr viele Arbeiter. Erst wenn wir die Quarzschicht erreichen, werden wir vollzählig sein – möglicherweise bis zu zweihundert Mann.
    Schon nach fünfunddreißig Metern tauchen die ersten Anzeichen einer Ader auf, die den blauen Stein und andere weniger wertvolle Kristalle enthält. Wir graben und sprengen uns vor, tiefer und weiter – wir folgen den wenigen glasartigen Kristallen, behalten die Entwicklung ihrer Farbe im Auge und hoffen auf den großen Gewinn. Mama und Makamba fordern viel, aber die Bedingungen sind gut. Wir sprengen mit Semtex und Zündern. Und wir bekommen genügend zu essen.
    Shirazi und ich klettern abends nach oben, um noch ein wenig draußen zu sitzen, bevor wir schlafen. Es ist sehr spät. Und es ist still, der Generator ist abgeschaltet. Eine Petroleumlampe brennt hinter den Gardinen in mamas Haus, Fledermäuse fliegen durch die Luft. Shirazi liegt auf dem Rücken und starrt in den Himmel, während wir uns einen Joint bhangi teilen. Wir liegen dicht am Zaun, der das Mondlicht abschirmt, so dass die Torwache uns nicht sieht. Die Tür des Hauses geht auf, und mama tritt auf die Veranda.
    »Makamba?«, ruft sie in die Dunkelheit. Shirazi bewegt sich ängstlich.
    »Psst«, flüstere ich. »Sie kann uns nicht sehen.«
    »Wo bist du, Makamba?«, ruft sie noch einmal.
    »Hier«, ruft er vom Tor zurück, wo er sich mit dem Wachmann unterhält.
    »Komm her«, sagt mama Bomani und lässt die Tür offen, als sie wieder ins Haus geht. Ich verstecke die Glut in der hohlen Hand, als Makamba über den Platz geht und die Tür hinter sich schließt. Kurz darauf wird die Petroleumlampe gelöscht. Ich hatte gedacht, er würde immer im Land Cruiser schlafen.
    » Shangingi kabisa «, sagt Shirazi und spuckt. Sie ist eine fette alte mama , die mit einem jungen Mann schläft. Ich lache lautlos in die Dunkelheit.
    »Ja, Makamba befiehlt, aber nicht im Haus – da muss er die Drecksarbeit machen.«
    Wir klettern zurück ins Loch. Ich nehme meine Decke, krieche fort von den anderen und lege mich in den Staub. Die Augen sind geschlossen, aber das Bild ist lebendig; ich öffne die Hose, pumpe.
    Die Systeme sind unterschiedlich. Bei mama gilt das Versprechen, dass von sämtlichen Funden eine Hälfte mama und ihre Handlanger bekommen und die andere Hälfte unter den Arbeitern verteilt wird. Du kannst durchaus ein paar Tage frei nehmen, aber wenn du nicht da bist, wenn der Stein ausgegraben wird, bekommst du nichts. Wir arbeiten in zwei langen Schichten – von sechs bis sechs, zwölf Stunden. Jeweils einhundert Mann im Stollen. Wenn wir frei haben, können wir in einem großen Schuppen schlafen. Ich erwache durch großes Geschrei.
    »Der Generator ist ausgefallen!«, brüllt Makamba. Er stößt uns mit dem Fuß an. »Ihr müsst runter.«
    »Wir haben frei«, murmele ich. Wenn der Generator nicht läuft, ist auch der Kompressor tot – keine Luft in der Mine.
    »Ihr müsst runter und sie rausholen«, sagt Makamba. Ich erhebe mich und stehe vor ihm. Er versucht, stark auszusehen. Ein paar Arbeiter brüllen in den Schacht: »Kommt rauf, kommt rauf! Gebt es weiter, der Generator ist ausgefallen!« Aber niemand geht hinunter. Und niemand kommt herauf. Nur ein paar kleine Jungen, Schlangen, die Trinkwasser hinuntergebracht haben und mit leeren Kanistern heraufkommen. In der Nacht wurde viel gesprengt, heute sind alle ganz unten in der Mine, um die Schlacke in Säcke zu füllen.
    » Tsk «, zische ich und gehe zum Schuppen mit

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