Revolution - Erzählungen
Sie eingeschlagene Fensterscheiben bemerkt?«
»Nein, nein. Wo ist das Problem?«
»Das kann ich Ihnen im Moment nicht sagen.«
»Wann dann? Soll ich vorbeikommen?«
»Ja. Das sollten Sie.« Der Polizist legt auf. Darum geht’s also. Aber wieso soll ich dorthin kommen? Ich wache mitten in meiner Nacht auf und muss hinaus ins Weiße. Nehme einen Bus, betrete das Hauptbüro von Finnair. Die Polizei begleitet mich in den vierten Stock. Wir gehen ungefähr fünfzig Meter, eine Menge Büros liegen an dem Flur. Der Beamte öffnet die Tür zu einem Flur.
»Riechen Sie was?«, fragt er.
»Nein, ich rauche.« Es riecht merkwürdig.
»Okay. Wann sind Sie hier vorbeigekommen?«
Und ich denke: Diese Tür habe ich noch nie in meinem Leben geöffnet. Ich bin lediglich im Treppenhaus gewesen.
»Was steht denn in meinem Bericht? Muss ungefähr um vier Uhr gewesen sein.«
»Und Sie haben nichts Eigenartiges gesehen?«
»Nein.«
Er geht im Flur voraus, der Geruch wird stärker. Wir kommen zu einem großen Büro. Zum Henker, die Diebe haben den Tresor gesprengt. Natürlich – schließlich habe ich meine Pflicht getan – muss das nach vier gewesen sein, und vermutlich vor sechs, aber da hatte ich ja längst meine Pflicht getan. Und um sechs kam das Reinigungspersonal und fand dieses Chaos vor.
Die Leute meiner Firma öffnen sämtliche Stempeluhren, nehmen die Papierscheiben heraus und überprüfen alles. Finnair sitzt in einem dieser Bürogebäude, in denen ich einfach nur die Treppenhäuser hinauf- und hinuntergehe und meinen Schlüssel drehe. Die einzelnen Stockwerke betrete ich nie. Natürlich finden sie heraus, dass der zeitliche Abstand, an denen ich den Schlüssel in den Kästen gedreht habe, nicht mit der Zeit übereinstimmt, die ich gebraucht hätte, um das Stockwerk zu durchqueren. Nur hoch und runter. Aber wird die Wachgesellschaft gegenüber der Polizei zugeben, dass sie einen Fehler gemacht hat? Das ist schlecht für den Ruf. Und will die Polizei, dass die Wachgesellschaft in einen schlechten Ruf gerät? Dann hätte die Polizei noch mehr Arbeit. Und ich kann der Polizei erklären, dass der Job nicht zu schaffen ist. Mist. Mir wurde ein Arbeitsbuch ausgehändigt, das jeden Ort beschreibt, den ich auf meiner Route zu kontrollieren habe, unter anderem mit einer Zeichnung des Gebäudegrundrisses. Ich habe es nicht gelesen, obwohl ich den Job schon ein halbes Jahr habe. Ich hätte wissen müssen, dass im vierten Stock dieser beschissene Tresor steht, den ich unbedingt drei Mal pro Nacht zu kontrollieren habe. Niemand hat’s mir gesagt, niemand sonst weiß es, niemand liest diese Bücher. So ist das.
»Geh nach Hause und schlaf«, sagt Haiko zu mir. »Damit du heute Nacht fit bist.«
»Okay.« Ich gehe. Sie werden mich nicht feuern. Ich habe meinen Job getan – das ist die Abmachung. Unausgesprochen. Ich bin einer von den guten Jungs. Es sind Leute dabei, die vor lauter Schnaps total in den Seilen hängen.
Zu Hause brühe ich mir eine Kanne Kaffee. Es ist zu spät zum Schlafen – ich muss bald wieder los. Ich muss im Auto schlafen oder auf einem Sofa im Kaufhaus. Irgendwo. Es klingelt. Laina steht vor der Tür, als ich öffne. Ich sage kein Wort. Sie zeigt an mir vorbei.
»Rein?«, fragt sie.
»Ja, komm rein.«
»Schön hier«, sagt sie. Ja, ich habe viel getan, damit es so aussieht. Ich biete ihr Kaffee an. Sie sitzt am Esstisch und raucht. Meine Philosophiebücher liegen dort unter einer dünnen Staubschicht. Sie sind keine Hilfe.
»Na«, beginnt Laina. »Was machst du wirklich?«
Ich stehe auf, gehe ins Schlafzimmer, komme zurück.
»Siehst du das hier?« Ich halte es ihr hin.
»Das ist ein Seil.«
»Geflochten aus meinen Haaren.«
»Wirklich?«
»Ja – und wenn es lang genug ist, erhänge ich mich damit.«
»Das dauert aber noch eine Weile, Jarno.«
»Ja.«
»Du könntest lernen zu trinken.«
»Wenn es mir gelingt, ein Kind zu bekommen, bevor es lang genug ist, dann mach ich daraus eine Schaukel – weißt du, so eine, an der ein Autoreifen hängt.«
»Statt dich zu erhängen?«
»Ja«, sage ich.
»Okay, dann weiß ich Bescheid.«
»Ich meine es ernst.«
»Ja, aber das ist pathetisch.«
»Das ist ein sehr starkes Gefühl von mir.«
»Gefühle sind doch dominante Scheiße«, erwidert sie. »Das heißt nicht, dass sie wahr sind.«
»Ich mag dich sehr«, sage ich.
»Ziemlich dominante Scheiße.«
O.k. international
Ich werde in die Notaufnahme gerufen, um zu übersetzen. Niemand der
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