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Revolution - Erzählungen

Revolution - Erzählungen

Titel: Revolution - Erzählungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jakob Ejersbo
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Bananen. Die Tante tauscht das Obst auf dem Markt gegen den Fisch, den sie nicht verkauft. Glücklicherweise bekomme ich bei mama mtilie etwas Richtiges zu essen, so dass ich abends nicht so viel Maisbrei und Fisch essen muss.
    Ich kaufe die Milch und gehe die Straße entlang. Salama steigt zusammen mit einem jungen Mann aus einem guten Auto. Sie trägt schöne Sachen aus Sansibar – ein Kleid und vornehme hochhackige Schuhe. Bei solchen Schuhen brauchst du ein Auto, damit kannst du nicht durch Majengos Dreck und Abfall laufen. Sie sieht mich.
    »Rachel!«, ruft sie. »Komm und sag meinem Freund guten Tag, er heißt Alwyn.« Ich gehe hin und grüße anständig.
    »Alwyn hat ein schickes Souvenirgeschäft an der Boma Road«, erzählt sie.
    »Wohnst du hier?«, frage ich sie.
    »Ja, das ist mein Zimmer«, erwidert sie und zeigt auf eine Tür in einem guten Haus – in der besten Gegend Majengos. »Du kannst es dir ansehen«, sagt sie und geht auf die Tür zu. Es ist vornehm. Sie hat ein Zimmer ganz für sich allein, anständig gestrichen. Bett, Stühle, Tisch mit Tischdecke, ein Radio mit Kassettenrecorder, Gardinen, alles.
    » Ahhh , das ist toll!«
    »Danke«, sagt sie. »Und jetzt muss ich mich zur Arbeit umziehen.«
    »Okay. Mach’s gut.«
    »Bis bald«, erwidert sie, als ich hinausgehe. Alwyn hat sich auf die Bank vor den Kiosk gesetzt.
    »Komm her!«, ruft er mich. Ich gehe hinüber. »Setz dich doch«, fordert er mich auf.
    »Ich muss nach Hause«, sage ich, weil ich nicht mit Salamas Freund auf einer Bank sitzen und reden will. Ich wäre gern ihre Freundin, darum möchte ich ihr keinen Anlass geben, wütend zu werden.
    »Jetzt setz dich schon, nur einen Moment.« Er dreht sich um und ruft dem Kioskjungen zu: »Bring meiner Freundin eine Cola!« Ich setze mich.
    »Was machst du denn so?«, erkundigt sich Alwyn.
    »Ich bediene bei mama mtilie hinter dem Kaufmann an der Rengua Road.« Er fragt, wo ich wohne und mit wem.
    »Kellnerin, das ist kein guter Job«, meint er.
    »Nein, aber ich würde gern Englisch lernen, dann könnte ich vielleicht eine Arbeit wie Salama bekommen.«
    »Wie Salama? Wenn du Englisch lernst?«
    »Ja, ich könnte Hostess in einem Restaurant werden, in das Touristen kommen. Oder in einem vornehmen Café arbeiten.«
    Alwyn grinst.
    »Wieso lachst du?«, frage ich verlegen.
    »Das ist eine gute Idee«, erwidert er und schüttelt den Kopf. Jetzt kommt Salama aus ihrem Zimmer – sehr stramme Hose, vornehme hochhackige Sandalen mit Perlenstickerei auf den Riemen, engsitzende Bluse.
    »Worüber redet ihr?«, fragt sie. Alwyn lacht noch immer.
    »Deine Freundin hätte auch gern so eine vornehme Arbeit wie du. Sie möchte auch Hostess in einem Restaurant werden, aber sie sagt, sie kann die Sprache nicht.«
    »Das ist keine Arbeit für sie. Lass uns fahren.«
    Vielleicht ist sie wütend, weil ich mit Alwyn geredet habe.
    »Mach’s gut!«, sage ich. Alwyn steht auf.
    »Vielleicht kann ich ihr ja helfen, diese Sprache zu lernen«, sagt er zu Salama.
    » Tsk – du bist doch immer so beschäftigt.«
    Sie steigen ins Auto und fahren los.
    6.
    Bei der Arbeit bin ich sehr aufmerksam. Versuche zu verstehen: Wer kommt zu uns zum Mittagessen? Wer hat welchen Job? Wer ist anständig? Der Kaufmann an der Straße hat ein Mädchen eingestellt, das zur Mittagszeit im Hinterhof zu sein hat – sie soll die Männer fragen, ob sie aus dem Kühlschrank des Kaufmanns etwas zu trinken haben wollen. Sie muss es ihnen bringen. Aber sie ist ein faules Mädchen aus Moshi, am liebsten würde sie nur im Schatten stehen. Kellnerin zu sein, ist weit unter ihrer Würde. Und der Kaufmann sieht mich – ich arbeite in seinen Augen gründlich. Wenn er bei mama isst, sorge ich dafür, dass er sein Essen immer schnell und ordentlich bekommt, außerdem bringe ich ihm Salz, Wasser und pili-pili .
    »Soll ich Ihnen etwas Kaltes zum Trinken holen?«, erkundige ich mich. Er schaut hinüber zu dem Mädchen aus Moshi, das an der Hintertür seines Ladens lehnt – im Schatten.
    » Tsk «, zischt er leise und schüttelt den Kopf. Dann sieht er mich an. »Du bist von der Küste?«
    »Ja.« Ich stehe wohlerzogen vor ihm und warte auf seinen Auftrag. Ich habe Glück, weil ich aus der Region Tanga stamme. In Arusha und Moshi heißt es, die Dorfmädchen auf Tanga seien die besten, weil sie anständig sind und gut arbeiten. Die Mädchen aus der Stadt sind zu faul, beschweren sich ständig und versuchen, sich vor jeder Aufgabe zu

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