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Rhanmarú - Das tote Land (German Edition)

Rhanmarú - Das tote Land (German Edition)

Titel: Rhanmarú - Das tote Land (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liane Sons
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hatte das unsagbare Glück gehabt, auf der Flucht vor seinen Träumen aus dem
Nebel herauszulaufen. Der durchlebte Alptraum hatte ihn jedoch um Jahre altern
lassen und ihn bis zum Lebensende begleitet.
    »Das klingt verdammt nicht gut«, bekannte Adrian, nachdem ihr Gastgeber sich
entfernte.
    »Wir kommen da durch«, versprach Aeneas.
    »Och, er schon wieder«, stöhnte Lennart. »Gleich sagt er: Vertraut mir!«
    »Möchtest du lieber hierbleiben und dir eine etwas behaarte Braut suchen«,
fragte der Ringlord und zog die Brauen hoch.
    Der Dragan kehrte mit einem Krug zurück. »Kräutertrunk! Unser Willkomm zu
euch.« Er schenkte ein, trank selbst und reichte den Becher Aeneas. Das Getränk
roch stark nach Karamell. Der Ringlord nahm einen winzigen Schluck, um niemanden
zu beleidigen, und gab den Becher weiter.
    »Wie flüssiges Kaugummi«, kommentierte Gerrit leise und schüttelte sich kaum
merklich.
    »Da war ja der Honigwein von Frau Meise noch besser«, beschwerte sich
Adrian genauso leise.
    Die meisten Dragan saßen, oder standen jetzt um sie herum und ließen Fragen
an die Gäste übersetzen. Woher sie kamen? Ob sie einer Panzerechse begegnet
waren? Wie es hinter dem Gebirge aussah und ob sie sich vorstellen könnten, sich
von ihren Weibchen zu trennen. Sie hatten zurzeit einen Überschuss an männlichen
Wesen.
    »Das ist ja wohl das Letzte«, beschwerte ich Erma und schüttelte den Kopf.
    Aeneas stimmte ihr mit einem ausdrücklichen »Nein!« zu. Besonders erschüttert
schienen die Dragan nicht zu sein. Sie hatten die Antwort offensichtlich
erwartet. Stattdessen beschäftigte sie jetzt die Frage, ob der Weg, den die Fremden
gegangen waren, auch aus dem Toten Land herausführte. Die Verneinung des
Ringlords enttäuschte die Gastgeber sehr. Sie grunzten, dass es eher wie Schluchzen
klang, und legten sich gegenseitig tröstend die Arme um die Schultern.
    Holly flüsterte Erik zu: »Sie tun mir so leid. Es muss schrecklich sein, so eingesperrt
zu leben.«
    Er hatte gerade dasselbe gedacht und nickte nur.
    Das zähe Gespräch zog sich endlos hin, bis man sich endlich zum Schlafen
zurückzog. Die Jugendlichen waren so müde, dass sie nur noch taumelten.
     
    Aeneas verspürte Übelkeit. Sein Magen rebellierte. Wie durch einen Nebel hindurch
sah er eine Schüssel in seinen Händen. Völlig unfähig, einen klaren
Gedanken zu fassen, stellte er sie instinktiv weg, kippte zur Seite und schlief ein.
Merkwürdige Träume suchten ihn heim. Er schlug mit einer Spitzhacke auf Felsen
ein und grub mit einem Spaten im Erdreich. Wie aus weiter Ferne drangen Stimmen
an sein Ohr. Er verstand kein Wort. Erst schwitzte er, dann fröstelte es ihn.
Langsam begann sich, der Nebel zu lichten. Er öffnete die Augen. Er lag auf einem
Steinboden. Um sich herum konnte er seine Begleiter erkennen. Er wollte sich
bewegen, sah sich jedoch nicht imstande dazu. Sowohl Arme als auch Beine versagten
ihm ihren Dienst. Er fiel wieder in tiefen Schlaf.
    Er erwachte erneut, weil er fror. Diesmal gelang es ihm, sich aufzusetzen. Als
Erstes verspürte er dröhnende Kopfschmerzen. Es fühlte sich an, als wäre ein
Presslufthammer direkt in seinem Gehirn am Werk. Er sah sich um. Sie befanden
sich in einer Felsenhöhle. Aus einem Gang, der durch ein Gitter versperrt war,
drang etwas Licht herein. Bis auf die Menschen, die auf dem kalten Boden lagen,
war die Höhle leer. Neben ihm lag Lennart in tiefem Schlaf. Er rüttelte ihn an der
Schulter. Der junge Mann bewegte sich.
    Der Ringlord flüsterte: »Komm zu dir!«
    Der öffnete die Augen und starrte ihn an. Sein Blick war leer und glasig.
Aeneas bekam eine Gänsehaut und kroch zu Erma. Der gleiche leere Blick. Sie war
eiskalt. Erst jetzt sah er die aufgeplatzten Blasen an ihren Handflächen.
    Vorsichtig legte er die Schlafenden dicht zusammen, in der Hoffnung, dass ihre
Körper sich gegenseitig etwas vor der Kälte schützten. Auch die Hände der Anderen
waren aufgesprungen, wie nach langer, schwerer Arbeit. Ihre Kleidung war
zum Teil zerrissen und an einigen Stellen blutig. Bei kurzer Untersuchung entdeckte
Aeneas zahlreiche blaue Flecken und Striemen, vorwiegend an Rücken und
Armen. Ihm fielen seine Träume ein. Was hatte das zu bedeuten? Sein Gehirn war
wie verstopft. Er war nicht in der Lage, zusammenhängende Gedanken zu fassen,
und merkte nicht mehr, wie er wieder einschlief.
     
    Er bekam einen Stock in die Seite, blinzelte und setzte sich auf. Zwei Dragan

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