Rhanmarú - Das tote Land (German Edition)
unheimlich. Ich hab richtig Angst«, gab Lynnea zu.
Lennart spürte ein Frösteln. Auch er hatte das Gefühl, dass sie nicht allein
waren, und hielt sein Schwert umklammert. Immer wieder glaubte er, eine
Bewegung zu sehen, aber bei näherer Betrachtung war da nur Luft. Sein Jago
scheute. Es weigerte sich, weiterzugehen, so sehr er es auch antrieb. Er sprang
herunter, um es am Zügel zu führen. Unter ihm knackten die Steine. Unwillkürlich
sah er nach unten. Kalt rieselte es seinen Rücken hinunter.
»Das sind keine Steine«, erläuterte er heiser. »Das sind Knochen!«
»Knochen?«, schrie Lynnea entsetzt.
»Ich glaube, wir haben den Friedhof gefunden«, flüsterte Holly ehrfurchtsvoll.
»Das müssen Hunderte oder Tausende gewesen sein«, wunderte Gerrit sich.
»Dies ist Drachenland«, erklärte Lynnea. »Seit Urzeiten.«
»Ich hab Flügelschlag gehört.« Gerrit packte sein Schwert fester. »Lasst uns
schnellstens verschwinden! Ich krieg es mit der Angst, wenn ich nicht bald was
sehe, was zu den Geräuschen passt.«
»Das sind die Schattendrachen, die den Schrein bewachen sollen«, flüsterte
Lynnea.
Holly scherte mit ihrem Jago etwas nach rechts aus und ritt weiter. »Die Tiere
scheinen die unheilvolle Atmosphäre auch wahrzunehmen. Lassen wir sie einfach
ihren Weg selbst bestimmen, solange es in die richtige Richtung geht.«
Die Begleiter folgten ihr.
Gerrits Jago bäumte sich auf. Der Junge klammerte sich an den Zügeln fest und
sprach beruhigend auf das nervöse Tier ein.
Lennart glaubte, nicht richtig zu sehen. Die Knochen vor Gerrits Reittier
bewegten sich.
Karem erwachte früh am Morgen. Es wurde erst langsam hell. Suni und Ailina
schliefen noch. Er hörte Annas Stimme. Sie lachte verhalten, wohl um niemanden
zu wecken.
»Was gibt es da bloß zu lachen? Mir tun alle Knochen weh«, schimpfte Adrian.
»Seid nicht so laut!«, flüsterte Erma. »Lasst die anderen ruhig noch ein wenig
schlafen. Sie sind lange Ausflüge nicht gewöhnt. Habt ihr das Hemd wieder mitgebracht?«
»Ja, allerdings nur, weil ich es krampfhaft festgehalten habe. Wäre sonst wohl
auf halbem Weg um den Planeten«, antwortete Adrian ungehalten.
Erma sah die beiden Jugendlichen fragend an.
»Ich wollte es nach dem Waschen trocken wehen lassen und hab den Wind
etwas zu heftig entfacht«, erklärte Anna in entschuldigendem Tonfall und zuckte
die Achseln. «Ich ...«
»Etwas zu heftig?«, warf Adrian empört ein. »Ich fand mich in einer Baumkrone
wieder, ganz oben. Und hätte ich mich nicht festgehalten, wer weiß, wo ich
gelandet wäre. Lässt glatt ‘nen Wirbelsturm los, während ich wie ein Depp mitten
in der Wildnis steh und brav ein Hemd hochhalte, das noch nicht einmal mir
gehört.«
Karem hörte Erma und Aeneas leise lachen.
»Warst du wirklich so mutig, dich als lebende Wäscheleine vor Annas magischen
Wind zu stellen«, fragte der Ringlord freundlich interessiert. »Alle Achtung!
Das hätte ich nicht gebracht.«
»Ha, ha! Sehr witzig!«, schnaubte der zur Verzückung aller.
»Das Hemd duftet nach Wald«, lobte Erma kichernd. »Komm! Hilf mir mal,
Aeneas hinzusetzen. ... Oh, Schatz, du kommst ja schon ohne Hilfe hoch. Ist das
nicht toll, Adrian?«
»Also, da bin ich ja so etwas von beeindruckt«, gluckste der fröhlich. »Das haut
mich glatt aus den Socken. Mein mächtiger Lord kann allein aufrecht sitzen. Hätte
ich jetzt Postkarten dabei oder zumindest meinen Laptop oder das Handy. Alle
würden es sofort erfahren!« Er runzelte die Stirn. »Da es hier weder Briefkästen
noch Netzempfang gibt, vielleicht auch nicht. Aber irgendwann hat uns die Erde
hoffentlich wieder. Dann mache ich diese Wahnsinnsleistung natürlich publik.
Mein Lord wird in Fanpost ertrinken.«
Erma verschluckte sich vor Lachen und prustete.
»Unbezahlte Rechnungen gibt es bei mir nicht und deine wird länger und
länger. Warte du nur ab!«, knurrte Aeneas demgegenüber. Seine Augen funkelten
allerdings fröhlich.
»Ich leg schon mal etwas mehr Holz ins Feuer. Soll ich wieder eine kräftige
Brühe mit diesen eklig stinkenden Kräutern zubereiten?«, fragte Anna immer noch
kichernd.
»Nein!«, erklärte der Ringlord sofort.
»Ja, bitte!«, säuselte seine Verlobte und blinzelte ihn an.
»Okay, also eine Brühe!«, erwiderte das Mädchen, warf ihm einen entschuldigenden
Blick zu und entschwand.
»Schatz, nach der Wäsche fühlst du dich bestimmt viel wohler, oder?«, fragte
Erma schon. »Nur
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