Rhanmarú - Das tote Land (German Edition)
ich ja Glück, dass ich gar nicht gefragt habe, sonst hätte ich dir nun
erklären müssen, warum ich dich erst frage und dann doch etwas anders mache.
Adrian, hol bitte Brühe!«
Der ging zum Feuer. Ailina hielt ihm schon einen Becher hin. »Wird er überhaupt
trinken?«, fragte sie leise aber skeptisch.
»Klar! Erma hat was von einem General. Er wird sich kaum weigern können«,
antwortete er mir halbherzigem Grinsen und machte sich auf den Rückweg.
Der Ringlord verzog angewidert das Gesicht. »Ich mag wirklich nicht«, klagte
er. »Lieber noch etwas Wasser.«
Seine Verlobte sah ihn mit strenger Miene an: »Aeneas van Rhyn, wir sind hier
nicht zu unserem Vergnügen. Wir müssen in ein paar Stunden weiter, um Erik zu
helfen. Du wirst die Brühe trinken, damit du wieder zu Kräften kommst! Ailina hat
stärkende Kräuter hineingetan. Adrian und ich können dich nicht immer rumschleppen.
Also trink jetzt!«
Dem Ringlord blieb gar nichts anderes übrig. Während er mit sichtlicher Abneigung
trank, erzählte Erma ihm, was in der Zeit seiner geistigen Abwesenheit passiert
war. Aeneas war zum Teil entsetzt und zum Teil beeindruckt.
»Erik ist der Sohn einer Tochter des Feuers?«, fragte er im Anschluss daran verblüfft.
»Ja, das war eine Überraschung für alle, am meisten für ihn selbst«, bestätigte
Anna.
»Eins ist mal sicher: Sollte er noch Onkel, Tanten oder irgendwelche anderen
Verwandten haben, schicke ich ihn umgehend zu Duncan. Das hält ja niemand aus.
Ausgerechnet Feuer! Natürlich konnte es bei ihm kein Wasser sein«, ereiferte er
sich mit Resignation in der Stimme.
»Jedenfalls wird der Drache sein Vorhaben nicht ausführen können. Nicht mit
Damian an Stelle von Ailina! Wenn er das herausfindet, sollten wir bei Erik sein«,
warf Adrian ein. »Der Alte wirkte nicht unbedingt geduldig.«
Aeneas nickte. »Das seh ich genauso. Besser wäre es vielleicht, ihr ließet mich
zurück. Ich halte euch zurzeit nur auf.«
»Im Leben nicht!«, protestierte seine Verlobte mit Nachdruck. »Wir haben dich
schließlich auch hierher gekriegt. Du musst einfach zusehen, dass du uns nicht aufhältst.
Wenn du noch Fragen hast, wende dich an Adrian. Anna und ich gehen jetzt
erst einmal etwas essen. Adrian, du machst in der Zwischenzeit kalte Umschläge.
Karem wird dir Wasser bringen.« Sie erhob sich müde und streckte sich.
Ihr Verlobter sah sie entschuldigend an. »Es tut mir leid, dass ich euch solche
Umstände mache.«
»Die machst du uns doch dauernd«, erwiderte sie in liebevollem Ton. »Aber wir
kümmern uns ja gern um dich.«
Erma und Anna fielen über den Eintopf her. Das Heilen war kräftezehrend
gewesen.
»Eigentlich müsste Aeneas mittlerweile ein Eisblock sein. Stattdessen hat er
immer noch Fieber«, wunderte sich Anna und stellte ihren leeren Teller ab.
»Der Drache ist mächtig, sein Feuer kaum zu löschen. Wird es überhaupt so
weiter gehen können?«, fragte Ailina leise.
Erma sah sie erschöpft an. »Er wird uns wenig helfen, aber er wird uns auch
nicht mehr so stark behindern. Man muss manchmal selbst kleine Geschenke dankbar
annehmen.« Sie lächelte ein bisschen provozierend und fragte: »Und, reist es
sich gut in der beruhigenden Nähe des großen Ringlords? Dein Wunsch ist ja
prompt in Erfüllung gegangen.«
Ailina warf ihr einen trotzigen Blick zu. »Ich gebe ja zu: Im Moment könnte ich
ihm nicht viel nützen. Aber zumindest wäre ich mitfühlender. Er ist doch immerhin
sehr krank und ihr nehmt überhaupt keine Rücksicht darauf.«
Anna kicherte hinter vorgehaltener Hand, bevor sie antwortete: »Also, mit Mitgefühl
kann Aeneas gar nichts anfangen. Das hat er – glaube ich – nie gelernt. Das
einzige Mal, dass Erma ihm damit gekommen ist, hat er gesagt, sie solle lieber
einen Einkaufsbummel machen.«
Ailina sah sie überrascht an. Anscheinend kannte sie die Männer, oder zumindest
den Ringlord, nicht so gut, wie sie dachte.
Anna fuhr ernst fort: »Außerdem ist keiner von uns rücksichtslos. Du denkst
doch genau wie wir, dass Eriks und Damians Leben in Gefahr sind, oder? Wir
müssen schnellstens zu ihnen. Aeneas können wir aber auch nicht hier lassen. Er
benötigt Erma und mich genauso, wie Erik uns braucht.«
Ihre Augen wurden feucht, als sie weitersprach: »Außerdem ist Aeneas nicht
nur unser Ringlord, sondern auch unser Freund, der uns sonst immer vor allem
schützt. Glaubst du etwa, es macht uns nichts aus, ihn so krank zu sehen?« Ihre
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