Rhavîn – Gesang der schwarzen Seele 2 (German Edition)
zerbrochen war und nun in Splittern in seinem Blut trieb. Er hörte undeutlich, wie der Jarl zur Eingangstür der Halle lief, in den Flur stürzte, laut nach Hilfe schrie.
Rhavîns Versuche scheiterten, immer wieder sank er zum Boden zurück. Er ergab sich seiner Schwäche, regungslos blieb er liegen.
Lhagaîlan daé Yazyðor, mein hochgeehrter Fürst, einziger Sinn meines Lebens, ich habe versagt. Der Sícyr´Glýnħ verzog das Gesicht. Rhavîns Geist trug sich mit an Wahnsinn grenzendem Altruismus und devoter Ergebenheit, die bis zum heutigen Tag sein Leben bestimmt hatten. Sein Herz wurde von der Enttäuschung über das eigene Versagen zerfressen. Niemals zuvor habe ich ihn enttäuscht. Ich habe jeden seiner Befehle erfüllt, habe ihm vom ersten Tag an treu gedient. Tränen stiegen in seine Augen.
Mit einem Mal spürte der Dunkelelf die magischen Fänge seines Fürsten. Er fühlte sich, als würde Lhagaîlan daé Yazyðor ihn mit eisigen Fingern zwingen, den Kopf zu heben. Als er gequält aufblickte, sah er sich Auge in Auge mit dem mächtigen Fürsten. Düstere Gewissheit lag in Lhagaîlan daé Yazyðors Blick, Schwermut glänzte in seinen Augen.
In seinem Kopf hörte Rhavîn ihn sprechen: ‘Ich verlange demütigen Gehorsam, das weißt du. Du hast ihn niemals missen lassen, Rhavîn. Nie hatte ich einen treueren Gefolgsmann als dich.’
„Mein Fürst“, brachte der Meuchelmörder mühsam hervor. Das Bild vor seinem Auge verschwand. „Mîratendyn!“
„Es tut mir so leid!“ Auriels Gesicht tauchte vor Rhavîn auf. Sie schluchzte, ihre Stimme zitterte. Mit beinahe ängstlicher Vorsicht strich sie ihm das Haar aus dem Gesicht. „Rhavîn, verzeih mir, aber ich konnte nicht anders!“ Auriels Stimme brach, ihre heißen Tränen fielen auf Rhavîns kühles Gesicht.
„Was?“ Rhavîns Stimme stockte. Das Sprechen kostete ihn all seine Kraft. Er verdrehte die Augen, rang ächzend nach Luft. Der lähmende Schmerz in seinem Rücken breitete sich mehr und mehr aus, schon konnte er die Beine kaum noch spüren. Der Sícyr´Glýnħ fühlte, dass die Verletzung heftig blutete – warmes Blut sammelte sich unter seinem Körper.
Auriel half ihrem Geliebten, sich auf den Rücken zu drehen. Liebevoll bettete sie seinen Kopf in ihren Schoß. Die Hexerin weinte ununterbrochen, unbeholfen streichelte sie über Rhavîns Gesicht.
„Du bist so kalt, so blass ...“ Auriels Gesicht verzog sich zu einem stummen Schrei.
„Was ...“, presste der Dunkelelf angestrengt hervor, „was ist geschehen?“
„Ich ...“, schluchzte Auriel, „es tut mir leid. Ich wollte dich nicht ...“ Weinend brach die junge Frau zusammen. Rhavîn hob unter Schmerzen eine Hand, um Auriels schlanke Finger zu umfassen.
Verdammt ... ich hasse meine abscheulichen Gefühle. Rhavîn presste die Zähne aufeinander. Ich trauere um Nymion wie ein widerlicher Náiréagh, kann kaum einen anderen Gedanken finden. Und selbst in dem Moment, in dem ich eigentlich nichts anderes als den Auftrag meines Fürsten kennen sollte, bin ich so sehr meinen widerwärtigen Gefühlen verfallen, dass ich nicht bemerke, dass sich ein Scherge des Jarls an mich heranschleicht. Ich hätte die Finger von dem Gift lassen sollen. Es hat mich schwächer gemacht, unaufmerksamer. Anstatt gestählt und hoch konzentriert in diesen Auftrag zu gehen, kam ich betäubt und kraftlos hier an. Verfluchte Schwäche ... Trotz seiner Schmerzen brodelte Selbsthass in Rhavîn. Er verfluchte seine warmherzigen Gefühle, hasste sich für die Trauer, die er verspürte, und verachtete sich dafür, dass er Nymion schmerzlich vermisste. Nun haben meine törichten Gefühle letztlich doch noch zu meinem Ende geführt. Rhavîn röchelte. Er spürte eisige Kälte in seinem Körper aufsteigen, frostige Fesseln schnürten ihm die Luft ab. Wäre ich nur ein wenig wie mein Vater, dann wäre ich meinen Schwüren treu geblieben, anstatt sie in meiner Trauer zu ertränken. Dann hätte nicht einmal Nymions Tod mein Herz von den Weisungen des Fürsten ablenken können. Verflucht, ich bin kein bisschen so wie er!
„Rhavîn, wieso nur wolltest du den Jarl töten?“ Auriel weinte laut auf, Rhavîns Aufmerksamkeit trieb zu der Hexerin zurück. „Ich habe dir vertraut! Ich geglaubt, dass du eine Nachricht von deinem Fürsten überbringen solltest!“
„Ich sollte eine Nachricht überbringen ...“, brachte der Dunkelelf gequält hervor. Mit jedem Wort quoll dunkles Blut über seine Lippen. Langsam begriff
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