Rhavîn – Gesang der schwarzen Seele 2 (German Edition)
wichtigsten Schwur meines Lebens zu brechen. Für dich habe ich mit meinem besten Freund gebrochen.“ Rhavîn verzog das Gesicht, Tränen perlten aus seinen Augenwinkeln. „Ich habe mich nicht mit ihm versöhnen können, bevor er starb.“ Der Dunkelelf lachte bitter, dann blickte er in Auriels Augen. „Für dich habe ich mein bisheriges Leben aufgegeben.“
„Ach, Rhavîn!“ Auriel weinte hemmungslos. Die Zauberin bemerkte nicht, wie mehrere bewaffnete Krieger die Halle betraten, ihre Langbögen spannten und auf Rhavîn zielten. „Rhavîn, von nichts habe ich in den vergangenen Tagen mehr geträumt, als von einem Leben an deiner Seite.“ Auriel schluchzte herzzerreißend. „Bis vorhin habe ich meine Tat selbst niemals für möglich gehalten. Doch als ich dich mit gezogenem Schwert auf den Jarl zustürmen sah, erkannte ich die Prophezeiung und in ihr mein Schicksal.“
„Auriel, bitte nimm dies hier an dich“, unterbrach sie Rhavîn mit brüchiger Stimme. Unendlich langsam tastete er nach seinem Gürtel, bis er fand, was er suchte. Mit zittrigen Fingern überreichte er Auriel Nymions Horn, legte es ihr schweren Herzens in die Hände. Die Trennung von dem Stirnhorn seines Freundes schmerzte ihn bitterlich. „Ich möchte, dass du es bei dir trägst, damit du gewappnet bist, wenn dieser Zauberer zurückkehrt.“
Auriel nahm das gewundene Horn an sich und steckte es in eine Innentasche ihrer Bluse. Gleichzeitig drückte sie Rhavîns Hand.
„Ich liebe dich so sehr, Rhavîn. Bitte verzeih mir ...“ Ihre Worte waren kaum mehr als ein Flüstern.
„Mein Fürst wird sehr zornig sein, seine beiden treuesten Gefolgsmänner verloren zu haben“, stöhnte Rhavîn. „Sieh dich vor, wenn du vorhast, hier in der Gegend zu verweilen. Lhagaîlan daé Yazyðor hat Vorkehrungen getroffen für den Fall, dass Nymion und ich unserer Aufgabe nicht gewachsen sind. Uns folgt eine ... Armee, Auriel.“
„Eine Armee?“ Mit zitternden Fingern streichelte die Hexerin über Rhavîns Wange.
„Fürst Lhagaîlan daé Yazyðor hat Nymion und mir eine Streitkraft seiner besten Krieger und Zauberer nachgesandt – nur einen oder zwei Tage, nachdem wir aufgebrochen sind.“ Rhavîn stockte, erneut verschwamm Auriel vor seinem Blick. „Es war geplant, dass die Armee meines Fürsten Dragelund überrennt, wenn mein Auftrag erst vollbracht ist. Um die Nordmarken endgültig zu unterwerfen.“
„Nein!“, hauchte die Hexerin. Entgeistert starrte sie in Rhavîns Augen. Sie glaubte, in ihnen bereits die finsteren Armeen des Dunkelelfenfürsten nahen zu sehen.
„Die Bäume sind voll von Spähern der Sícyr´Glýnħ. Ich habe sie gesehen, ich hörte sie atmen. Die Streiter werden in Kürze hier sein. Fürst Lhagaîlan daé Yazyðor wird dich töten lassen, wenn er dich aufgreift. Sei dir gewiss, dass er von dir weiß, Auriel. Von dir, von uns und davon, dass du die Erfüllung meines Auftrags vereitelt hast. Denn selbst, wenn er nicht persönlich anwesend war, weiß er, wie meine Reise verlaufen ist. Seine Macht ist grenzenlos. Er kann mithilfe seiner Magie in die entlegensten Winkel des Landes sehen.“ Der Sícyr´Glýnħ blickte Auriel aus seinen tiefschwarzen Augen ernst an. „Ich wäre bereit gewesen, seinen Zorn auf mich zu nehmen, um dich zu schützen.“ Nach einer Pause setzte er hinzu: „Ich möchte, dass du überlebst, Auriel.“
„Rhavîn, nein ...“ Angst flatterte wie ein Schwarm Fledermäuse durch Auriels Kopf. „Bitte verlass mich nicht. Ich wollte nicht, dass du ...“ Grauen zeichnete ihr Gesicht.
Rhavîn unterbrach sie.
„Zeit meines Lebens war ich der treueste Diener Lhagaîlan daé Yazyðors, ich bin Teil seiner Finsternis, Ausgeburt seiner Macht.“ Düsternis legte sich über sein Gesicht. „Mein Leben sollte in seinen Händen enden, mein Herz mit dem letzten Schlag zwischen seinen Fingern ausbluten.“
Kaum hatte er die Worte gesprochen, fühlte sich Rhavîn erlöst in einer Umarmung seines Fürsten. Glutweißer Tag und schwärzeste Nacht umfingen ihn wie ein Donnerschlag, Schmerzen peitschten Eis und Hitze durch seinen Körper. Die Macht Lhagaîlan daé Yazyðors wütete in Rhavîns Geist, eiskalte Klauen legten sich um sein Herz. Die magische Kraft schenkte Rhavîn die Ruhe, nach der er sich sehnte. Sie erfüllte ihn mit der überschäumenden Imposanz des Fürsten, wärmte seine Seele und ließ sein Herz gefrieren.
‘Ich verzeihe dir, Rhavîn Khervas’, hörte er Lhagaîlan daé Yazyðors Stimme
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