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Rheingau-Roulette

Rheingau-Roulette

Titel: Rheingau-Roulette Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sia Wolf
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Teilen war. Der Gesang war der Start für den Auszug aus der Kirche, angeführt von Thessmann, der mit der Bibel in der einen und einer Kerze in der anderen Hand den Weg zur Tür einschlug.
    Franks einfacher Sarg wurde von einer Reihe seiner Angestellten getragen, die sich diese Aufgabe von Stella erbeten hatten und die nun langsam hinter Thessmann durch die Kirche schritten.
    Der Freundeskreis hatte sich vor der Beerdigung mehrmals getroffen und die meisten hatten Urlaub genommen, um Stella und die Kinder zu unterstützen. Aber auch, um sich selbst mit dem Verlust des Freundes auseinanderzusetzen. Sie hatten sich verabredet, so dass Stella jeden Tag Besuch bekam. Alle versuchten sie und die Kinder bei der Bewältigung des veränderten Alltags zu unterstützen, vor allem, weil sie wussten, dass Stella aus ihrer eigenen und aus ihrer Schwiegerfamilie nicht viel Hilfe erwarten konnte.
    Als es um die Ausrichtung und Teilnehmer der Beerdigung ging, gab es lebhafte Diskussionen darum, ob die Kinder daran teilnehmen sollten oder nicht. Alle hatten Frank gut gekannt und es erschien den Freunden wichtig, ihre Kinder von diesem Teil des Lebens nicht auszuschließen. Aber sie hatten auch Angst, ihre Kinder mit ihrer Trauer zu überfordern.
    Schließlich bat Stella darum, die Kinder mitzubringen. Frank war kinderlieb und ihn hätte eine lärmende Kinderschar am Grab nicht gestört. Und sie bat darum, weil sie ihren Kindern die Möglichkeit geben wollte, nach der Trauerfeier mit anderen Kindern zu spielen. So wurde in der Gaststätte, die für den Leichenschmaus angemietet wurde, ein Außenbereich reserviert, der den Kindern Spielen und Toben auf dem angrenzenden Spielplatz erlaubte.
    Stella war fest davon überzeugt, im Sinne ihres Mannes zu handeln. Ihr Schwiegervater nicht. Franks Mutter war tief getroffen vom Verlust ihres einzigen Sohnes und froh, dass ihre Schwiegertochter den Anforderungen gewachsen war, die die Organisation der Beerdigung erforderte. Der Vater, ein barscher alter Mann im Rollstuhl, war empört und fand es unmöglich, dass eine Trauerfeier zu einem Kindergeburtstag ausarten könnte. Er kam zur Trauerfeier in die Kirche, aber ließ seine Schwiegertochter spüren, dass er die Ausrichtung der Trauerfeier unangemessen fand.
    Alexandra saß in einer der hinteren Reihen in der Kirche. Neben ihr saß eine junge Frau, eine der Angestellten aus Franks Firma, die bitterlich weinte. Ihre Trauer schien unermesslich zu sein. Sie ergriff die Hand eines Kollegen, der ihr tröstend ein Taschentuch reichte, so fest, dass die Knöchel weiß durch die Haut schimmerten. Verwundert über diese heftige Reaktion blickte Alexandra auf die junge Frau, die ihren Blick erwiderte und schlagartig wurde Alexandra bewusst, dass diese Frau um eine Liebe weinte. Konnte das sein?
    Ihr Blick ging zu Stella, die den Sargträgern folgte, die sich vorsichtig aus der kühlen Kirche in die unerträgliche Hitze des sonnigen Tages bewegten. Ihre Kinder gingen vor ihr, der Kopf war gesenkt und an ihrer Seite ging Hannes, die Hand an ihrem Arm. Die Haltung der beiden war die Haltung eines Paares, das vereint um einen Angehörigen trauert.
    Alexandra fühlte einen heftigen Stich im Herzen, als ihr die Eintracht und das Einverständnis des Paares bewusst wurden. Sie sah auf die junge Frau an ihrer Seite. Natürlich konnte es sein, dass Stella nicht die einzige war, die Frank geliebt hatte. Wenn sie ihn überhaupt geliebt hatte.
    Die Harmonie und Geschlossenheit die Stella und Hannes zeigten, hielten ihr Misstrauen, was ihre Beziehung zu einander betraf, wach. Und bei einem Blick auf die Trauergemeinde konnte Alexandra sehen, dass sie nicht allein mit diesen Gedanken war.
    Draußen vor der Kirche stand eine Gruppe Motorradfahrer mit schwarzen Rosen Spalier, die ihrem Kradkumpel so die letzte Ehre erweisen wollten. Der Weg zum Grab ging über den ganzen Friedhof. Die meisten Gräber waren gepflegt und trotz der andauernden Dürre sahen die Bepflanzungen frisch und erholt aus, der Verdienst ständiger Pflege und Gießens. Alexandras Blick wanderte in Richtung Liesels Grab, das sie schon seit mindestens drei Wochen nicht mehr besucht hatte. Dieser Grabstelle war die Dürre anzusehen. Alexandra bekam ein schlechtes Gewissen. Sie hatte einfach vergessen, dass sie sich regelmäßig um das Grab kümmern musste. Leise bat sie Liesel um Verzeihung für ihre Achtlosigkeit.
    Still wanderte der Trauerzug hinter dem Sarg her, bis sie an Franks letzter Ruhestätte

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