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Rheingold

Titel: Rheingold Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan Grundy
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einem Ende eine stumpfe Spitze. Der zweite Sack war leer.
    »Hast du etwas vergessen, Regin?« fragte Sigfrid halb spöttisch, halb ärgerlich, denn der Gedanke, zur Halle laufen zu müssen und den Beginn der Arbeit an seinem Schwert unnötigerweise zu verzögern, gefiel ihm nicht. Regin schüttelte den Kopf. Er hob die Holzstäbe vom Boden auf und drückte sie Sigfrid in die kalten Hände. »Für diese Arbeit mußt du das Notfeuer entzünden.« Er schob Sigfrid am Ellbogen zu dem großen Stein an der Rückwand der Hütte gegenüber der Tür. Der Schnee fiel inzwischen dichter und hing wie ein weißer Schleier aus Eiskristallen vor der Dunkelheit der zu Ende gehenden Nacht. Sigfrid stellte unter Regins Anleitung den angespitzten Stab in das flache Holz und legte den Bogen darüber. Dann drehte er ihn, so schnell er konnte, vor und zurück. Es dauerte nicht lange, und der Atem ging rauh und heiß durch seine Kehle. Die eiskalte Luft schmeckte scharf und metallisch, während er zitternd versuchte, das Feuer mit der Drehung der Stäbe zu entzünden. Sein Blick richtete sich dabei starr auf den fallenden Schnee vor der Hütte. Es wurde langsam hell, während Sigfrid das Holz drehte und den Bogen hin und her, vor und zurück zog. Er glaubte schließlich zu spüren, wie in seiner Magengrube Wärme entstand, wie das Holz in seinen Händen anfing zu glühen. Das Grau wurde lichter, das Licht wurde stärker und stärker, bis die weiße Erde, der Schnee und die Wolken im reinen silbernen Licht der Morgensonne erstrahlten, das sich wie das helle Klingen von Stahl auf Stahl in Sigfrids Kopf bohrte. Er glaubte, die winzigen Kristalle der einzelnen Schneeflocken zu sehen mit ihren Kanten, die wie scharfe Klingen funkelten. Seltsame Blitze zuckten um seine Augen, als würden weißgekleidete Geisterfrauen vor seinem Blick fliehen.
    Das Holz auf dem Stein glühte rot in der silberweißen Luft, und ein Rauchwölkchen stieg auf. Sigfrid ließ das Holz noch schneller kreisen. Das Feuer in ihm schoß durch seine Arme in das Holz, und eine kleine gelbe Flamme züngelte auf.
    Regin war sofort zur Stelle und legte Moos und trockene Blätter daneben, dann kleine Zweige, bis die Flamme hell und klar brannte. Er deutete auf die Esse. Sigfrid trug das Notfeuer vorsichtig zur Feuerstelle und legte es unter das vorbereitete Holz und die Kohle. Das Feuer flammte sofort auf und fraß gierig das knisternde und prasselnde Holz. Der süße aromatische Duft von Apfelbaumholz verbreitete sich in der Hütte, als die Holzkohle zu glühen begann. In den Rauch mischte sich etwas Trockenes und Starkes, das Funken sprühte und knisterte. Sigfrid wurde es schwindlig, als er es einatmete. Der Schweiß floß ihm über die Stirn; Hände und Füße prickelten vor Wärme. Er warf den Umhang ab, zog die Schuhe aus und warf sie in eine Ecke. Dann nahm Sigfrid die beiden Schwerthälften aus dem Leinentuch, das er ins Feuer warf, wo es lodernd verbrannte. Regin kam mit einem kleinen Tontopf, in dem sich eine dicke dunkle Masse befand, mit der er den Kristall im Schwertgriff bestrich. Dann legte er die beiden Hälften in die Glut, und Sigfrid begann, den Blasebalg zu treten. Der Luftstrom entfachte die Flammen zu einer kräftigen Lohe. Das Fett auf dem Stahl verbrannte, und schwarzer Rauch bildete sich über der gelbweißen Flamme, die ebenso schnell verglühte, wie sie aufgelodert war.
    Als die verbogenen Bruchstellen rotgolden glühten, holte Regin die Schwerthälften mit der Zange aus der Esse und legte sie auf den Amboß. Dann trat er zurück. Sigfrid nahm den dicksten Hammer und schlug mit ganzer Kraft auf den glühenden Stahl. Ein heftiger Schmerz durchzuckte seinen Arm, als Metall gegen Metall prallte. Aber Sigfrid schlug mit zusammengebissenen Zähnen rhythmisch auf den verbogenen Stahl der gebrochenen Klinge, behauptete sich gegen die Kraft des ersten Schmieds und gegen die Macht, die den Stahl hatte bersten lassen und kämpfte darum, die verbogenen Hälften zu glätten. Er spürte, wie seine Kraft mit jedem Schlag wuchs, wie sie durch seinen Körper strömte und in einem befreienden Lachen aus ihm hervorbrach, das sogar das Dröhnen und Klirren seines Hammers übertönte, während er ohne Unterlaß auf Stahl und Stein schlug.
    »Hei!« rief er glücklich, nahm das abgekühlte Metall in die Hände und schob es wieder ins Feuer. Noch zweimal zog Regin die rotglühenden Stücke aus der Esse und legte sie auf den steinernen Amboß. Sigfrid schlug so lange mit dem

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