Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Rheingrund

Rheingrund

Titel: Rheingrund Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S Kronenberg
Vom Netzwerk:
betreffen weniger die Tochter als den Vater.«
    »Wortklauberei«, murrte er und setzte den Becher ab. »Sie hätte Juristin werden sollen.«
    Sie gab ihm ein paar Informationen darüber. »Ruth Diephoff hat mir den Auftrag soeben entzogen.«
    Nach kurzem Schweigen, als müsste er diese Auskunft sacken lassen, sagte er: »Spannender Fall. Ich würde diese Sache nur ungern aufgeben.«
    »Hat jemand behauptet, ich hätte das vor?«
    »Außerdem käme mir als Erstes nicht unbedingt der Gedanke, dass es keine Verbindung zwischen beiden Fällen gibt.«
    Er grinste listig und nippte am Kaffee. Sie beobachtete ihren Gast verstohlen. Der Eindruck verdichtete sich, dass er es faustdick hinter den Ohren hatte.
    »Wie wärs mit einem Verdächtigen im Fall Reber?«, fragte er. »Ich bin überzeugt, Sie können mir eine lohnende Alternative zu Lambert nennen.«
    »Strengen Sie die eigene Fantasie an!«
    »Eine besondere Vorstellungskraft braucht man in der Tat nicht. Was halten Sie von Bernhard Inken? Trifft er Ihren Geschmack?«
    »Ausschließlich als Täter.«
    Ehlers stellte den Becher ab. »Mir ist etwas zu Ohren gekommen. Danach beabsichtigte Inken, seinen Lektor Reber zum Geschäftspartner zu machen. Obwohl er ihn kurz zuvor entlassen wollte. Wie passt das zusammen?«
    Der Anwalt wusste seine Kontakte zu nutzen!
    Norma ging auf das Spiel ein. »Für eine Erpressung passt es bestens. Vielleicht hat er zu viel Schwarzgeld in Liechtenstein angelegt oder einen Kunden übers Ohr gehauen. Das Geschäftsleben bietet reichhaltige Möglichkeiten.«
    »Wie das Privatleben! Zum Beispiel eine verschollene Ehefrau.«
    Sie fühlte sich an die Dienstbesprechungen erinnert. In Gedanken sah sie Wolfert vor sich, wie er in der hinteren Reihe lauerte, in seinem Notizheft herumkritzelte und hin und wieder ein Stichwort einwarf, während Milano sich nicht zügeln konnte und ausschweifenden Kollegen ins Wort fiel, was zu lebhaften und fruchtbaren Auseinandersetzungen führte. Seither diskutierte sie viel zu oft mit sich allein.
    Ehlers hakte nach. »Glauben Sie, Inken hat seine Frau getötet?«
    »Was ich glaube oder nicht, hilft mir nicht weiter. Inken hat für Marikas Verschwinden ein Alibi. Und ebenso für den aktuellen Fall: Er war auf dem Golfplatz, als Reber durch das Seil zu Fall kam. Zwar wurde er am Sonntagmorgen auf dem Rheinsteig gesehen. Allerdings nicht in der Nähe des Tatorts. Übrigens gehöre ich selbst zu den Zeugen und habe am Freitagmorgen mit ihm gesprochen.«
    Ehlers erhob sich. »Ich habe einen Termin beim Staatsanwalt. Nebenbei, er ist fest von Lamberts Schuld überzeugt. Hoffentlich kann ich schnell erreichen, dass man einen Psychiater hinzuzieht. Es geht Lambert nicht gut.«
    Bevor er ging, vergaß er nicht, sie an den Brief zu erinnern. Norma hatte nichts anderes erwartet.

28
    Nach dem Gespräch mit Ehlers nahm sie sich wieder ihre Anmerkungen zum Rheinsteig vor und fragte sich, während der Drucker Blatt für Blatt auswarf, ob sich Lambert inzwischen wider Erwarten von dem Geständnis distanziert haben mochte. Im Kommissariat waren weder Milano noch Wolfert ans Telefon zu bekommen. Eine Teambesprechung der Mordkommission, lautete die Auskunft. Da auch Irene in die Sonderkommission eingebunden war, musste Norma sich eine Weile gedulden. Sie rief die Datei mit dem Formular auf, das sie für die Abschlussberichte vorgefertigt hatte, und begann mit den Standardeingaben zu den Personen der Familie Inken. Schnell schweiften ihre Gedanken ab. Etwas seltsam schien es durchaus, dass Ruths Rückzug so eng mit Lamberts Verhaftung zusammenfiel. Mit welcher Formulierung hatte Ruth ihren Entschluss am Morgen begründet? Es ist überstanden. So drückten sich Menschen aus, die einen Autounfall überlebt oder einer Naturkatastrophe wie einer Überschwemmung standgehalten hatten und nun mit den Aufräumarbeiten beginnen wollten. Womit wollte Ruth aufräumen? Lamberts Festnahme hatte sie der vermissten Tochter nicht nähergebracht.
    Wie so oft in den vergangenen Tagen nahm Norma sich die eigenen Aufzeichnungen über Marika vor. Sie hatte nach den Methoden der Fallanalyse ein Flussdiagramm angelegt und alle denkbaren Motive und Hypothesen aufgezeichnet. Bisher spielte Lambert darin nur die Rolle des kurzzeitigen Liebhabers. Rächte sich nun diese Zurückhaltung? Sollte sie ihm – in Hinblick auf die verschollene Geliebte – eine größere Bedeutung einräumen? Unsinn, entschied Norma. Damals hielt sich Lambert zweifelsfrei auf der

Weitere Kostenlose Bücher