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Rheingrund

Rheingrund

Titel: Rheingrund Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S Kronenberg
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auf Biebrich zutreiben. Wenn er wieder mit dem Brief anfing? Mit einem Mal sah sie sich selbst, so überdeutlich wie in den Alpträumen, in einen schummrigen Gerichtssaal versetzt und fühlte sich ausgeliefert vor der Empore, auf der ein missbilligend blickender Richter thronte und neben ihm ein zynisch grinsender Staatsanwalt, die beide das letzte Detail aus ihrer Aussage herauszuquetschen versuchten. In ihrem Rücken lauerte der Angeklagte, in Handschellen gefesselt und mit blutbesudeltem Verband um die Schulter. Irgendwie gelang es ihr, den Polo unbeschadet in den Hof zu steuern. Ihr Herz raste. Hastig suchte sie in der Ablage nach einem Taschentuch, tupfte die verschwitzte Stirn ab und wartete, unschlüssig darüber, ob dieses Ausharren als Überwindung der Angst oder erneute Schwäche zu bewerten wäre. Immerhin, sie blieb bei Bewusstsein. Also ein Sieg! Wenn auch mit zittrigen Knien erfochten. Wie hatte Ehlers gesagt? Lambert sei traumatisiert. Der Herr Anwalt mit seinem angelesenen Halbwissen hatte doch keine Vorstellung, was die Gefühle der Hilflosigkeit und des Ausgeliefertseins aus einem Menschen machen konnten.
    Ehlers kam pünktlich. Norma hatte – frisch geduscht und mit feuchten Haaren – kaum das Büro betreten, als er an die Tür klopfte.
    Sie winkte ihn herein. »Wie geht es Lambert?«
    »Alles andere als gut. Sein Misstrauen sitzt tief, und das macht mir die Arbeit schwer«, erwiderte er aufrichtig.
    »Konnten Sie inzwischen einen Psychiater einschalten?«
    Ohne Aufforderung zog Ehlers sich den Besucherstuhl heran. »Ich habe alles in die Wege geleitet. Sie wissen selbst, wie lange so etwas dauern kann. Es sieht nicht gut aus für Lambert.«
    Norma ließ sich auf den Drehstuhl nieder. »Die Indizien sprechen gegen ihn! Angefangen mit den Faserspuren vom Kletterseil, das ich selbst im Kofferraum seines Wagens gesehen habe.«
    »Wo Lambert es, davon geht die Polizei aus, nach der Tat verstaute«, ergänzte der Anwalt trübsinnig.
    »Hat Lenny Ihnen von dem verlorenen Autoschlüssel erzählt?«
    Ehlers bestätigte, was Norma über den Schlüssel und das verlegte Bergseil wusste. »Lenny hatte sich wenig Gedanken gemacht, als der Schlüssel nicht aufzufinden war. Zumal er sowieso mit dem Mountainbike zum ›Grauen Stein‹ hinausfahren wollte.«
    »War der Wagen auf dem Hotelparkplatz abgeschlossen?«
    »Lambert ist sich in diesem Punkt sicher.«
    In Gedanken griff Norma nach einem Stift und ließ ihn zwischen den Fingern umherwandern. »Kann man das Auto auch ohne Schlüssel absperren?«
    Ehlers verstand, worauf sie hinauswollte. »Sie meinen, jemand hat den Autoschlüssel aus Lennys Zimmer gestohlen und auf dem Hotelparkplatz das Seil aus dem Wagen genommen? Später – am Monstranzenbaum – legte der Dieb das Seil in den Kombi zurück und deponierte den Schlüssel unter dem Sitz, damit es so aussah, als wäre er dort verloren gegangen? Dann musste er nur noch die Tür zuschlagen. Und zwar so, dass das Schloss verriegelt war.«
    »Nehmen wir einmal an, das ließe sich bei dem Kombi bewerkstelligen. Demnach konnte der Täter auch das Parkticket im Wagen finden, als er das Seil herausnahm, und damit die zweite falsche Spur legen.« Sie schnippte den Stift zurück und wandte sich ihrem Besucher zu. »Die Frage ist: Wann und wo bekam der Täter Kontakt zu Lambert? Und wie kam er an den Autoschlüssel heran? Nach dem Vorfall im Foyer bin ich Lambert gefolgt, habe ihn leider draußen aus den Augen verloren. Wie hat er den Rest des Abends verbracht?«
    »Nach eigenen Angaben ist er sofort zum Hotel gefahren. Im Restaurant hat er sich eine Flasche Whisky besorgt und sich in seinem Zimmer betrunken. Seine Methode, den Zwist mit Reber so radikal zu ertränken, ist eine Steilvorlage für jeden Richter. Besser konnte Lambert seinem Hass auf den Verräter kaum Nachdruck verleihen.«
    Er schaute sich im Raum um, als vermisse er den Kater, der sich an diesem Morgen nicht blicken ließ.
    Resigniert fuhr er fort: »Lambert sitzt tief in der Klemme. Er wurde frühmorgens, mit Rucksack und Gepäck, am Rheinsteig gesehen, und später von Ihnen, Frau Tann, am ›Grauen Stein‹. Um das Maß voll zu machen, spricht auch der Radunfall, der Reber in seiner Jugend widerfuhr, gegen meinen Mandanten. Sandra Reber behauptet, der Unfall sei ein Anschlag gewesen, den kein anderer zu verantworten habe als Kai Kristian Lambert.«
    »Wer weiß, es ist ewig her. Fest steht dagegen, dass Bernhard Inken von diesem, nennen wir es

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