Rhönblut: Kriminalroman (German Edition)
lächelten sie einander lasziv an. Michelle Karstensen musste wieder an Sharon Stone denken, sie zog ihren Gast mit einem kräftigen Ruck am Revers zu sich und versuchte dabei, so verrucht wie der große Hollywoodstar zu wirken. Sie küssten sich leidenschaftlich. Dann schob der Gast sie zurück, und sie sahen sich tief in die Augen. Beide schwiegen, immer noch lächelnd. Dann trat der Gast wieder einen Schritt näher und begann erneut, mit der Zungenspitze über die Lippen von Michelle Karstensen zu wandern. Sie begann vor Lust zu zittern und erwiderte den Kuss.Noch auf der Treppe zum Schlafzimmer begannen die beiden damit, sich gegenseitig ihrer Kleidung zu entledigen, die sie achtlos hinter sich fallen ließen.
Einen Moment darauf fand sich Michelle Karstensen splitternackt auf dem Stuhl neben dem Bett sitzend wieder. Doch ihr Gast drehte sich um und stürmte wieder hinaus. Die junge Frau wunderte sich.
»Was machst du da?«
Eben noch bebend vor Lust, war ihr nächtlicher Gast zurückgeeilt und hatte die Kleidungsstücke wieder aufgesammelt, um sie nun fein säuberlich auf dem Teppich vor dem Bett zusammenzulegen.
»Tut mir leid. Ist so eine Art Tick von mir. Ich kann einfach nicht anders, es ist wie ein Zwang …«
»Das macht einem ja Angst«, unterbrach Michelle Karstensen.
Der Gast lächelte und legte sich erwartungsvoll auf das Bettlaken.
»Ja, ich weiß.«
Die junge Witwe erhob sich langsam von ihrem Stuhl und ging die wenigen Schritte zum Bett. Mit einem Bein auf der Bettkante sah sie auf den nackten Körper, der sich voller Erwartung auf dem Bettlaken räkelte.
»Ich wusste es. Ich wusste, dass du mich wiedersehen musstest.«
»Dann wusstest du mehr als ich.«
Im nächsten Moment glitt die schöne Frau zu ihrem Gast auf das breite Bett.
Michelle Karstensen schöpfte keinen Verdacht, dass die Kleidung so akkurat gefaltet vor dem Bett abgelegt worden war. Und auch die beiden Gegenstände, die zuoberst auf den Textilien blitzten, ließen sie nicht misstrauisch werden. Warum auch? Sie vermittelten vielmehr das trügerische Gefühl von Sicherheit: Dienstmarke und Dienstwaffe.
9.
Klaus Seeberg fühlte sich hundeelend. Als er mitten in der Nacht vor dem laufenden Fernseher aufgewacht war, tat ihm der Nacken weh. Den Kopf auf die Brust gesackt, vernahm er zunächst nur ein Stimmengewirr um sich herum. Es dauerte einige Momente, bis er erkannte, dass im Fernsehen die Nachrichten liefen. Unter stechenden Schmerzen bewegte er seinen Kopf zurück und versuchte, seinen verspannten Nacken vorsichtig zu dehnen. Fluchend stand er auf und ging ins Bad. Er würde sich eine heiße Dusche gönnen. Das sollte fürs Erste helfen.
Seeberg stellte die Duscharmatur auf eine ihmangenehme Temperatur. Dann stieg er hinein und stöhnte auf, als das heiße Wasser wohltuend auf seinen Körper prasselte. Minutenlang bewegte er sich nicht, sondern ließ sich stumm berieseln. Dann zog er sich an und verließ seine Wohnung in der Leipziger Straße, ließ sein Auto an und fuhr in einen weiteren dunklen und kalten Morgen.
Die Tankanzeige blinkte. Missmutig steuerte Seeberg seinen Wagen zu einer unweit gelegenen Tankstelle an der Ochsenwiese. Er schlug den Mantelkragen hoch, als er das Fahrzeug verließ und ihm die Kälte in die Kleider fuhr.
»Seeberg! Hallo!« Der Kommissar drehte sich überrascht herum. Ein Wagen hatte neben ihm mit laufendem Motor gehalten, und ein Mann lehnte sich zum Fenster heraus. »Mensch, Seeberg, stimmt es, dass Sie wieder zurück sind? Das ist ja ein Ding.«
»Was wollen Sie, Eckstein? Eine weitere reißerische Geschichte für ihr Schmierblatt?«
»Ja, das wäre nicht schlecht.« Der Mann lachte auf und begann dann zu husten. Es klang wie das Rasseln eines Kinderspielzeugs. »In letzter Zeit war ziemlich wenig los. Ich könnte eine gute Geschichte gebrauchen.«
»Tut mir leid, bei mir ist da nichts zu holen.«
»Oh, da habe ich aber anderes gehört. Wie mir ein Vöglein zwitscherte, sind sie nämlich wieder an Bordund bearbeiten den mysteriösen Tod von Ferdinand Karstensen.«
Seeberg steckte kommentarlos die Zapfpistole zurück. Er hatte keine Ahnung, was der Reporter bereits alles wusste. Die Information, dass es sich bei dem Toten um Ferdinand Karstensen handelte, war zumindest schon mal durchgedrungen. Es war nur eine Frage der Zeit, wann Eckstein herausfinden würde, dass es sich bei dem Opfer um einen ehemaligen Beamten des Bundeskriminalamts handelte. Dann waren den Spekulationen des
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