Rhosmari - Retterin der Feen
die Menschen etwa?«
»Nein«, erwiderte Rhosmari. »Ich denke nur …« Doch dann verstummte sie und sprach den Satz nicht zu Ende. Sie wusste nicht mehr, was sie denken sollte.
»Vielleicht hast du gehört, ich würde alle Menschen verachten«, sagte die Kaiserin. »Das stimmt nicht. Ich kenne Menschen, die herzensgut sind und niemandem etwas zuleide tun. Aber leider gibt es auch viele, die sich nicht unter Kontrolle haben, und sie bringen Schande und Schmach über die anderen. Man muss die Menschen pflegen wie einen Garten und die schlechten ausmerzen, sonst stürzen sie sich selber ins Verderben und reißen uns mit.«
»Ich denke, wir alle kennen einen Menschen, den man zurückstutzen sollte«, sagte Byrne. Veronica starrte mit einer Grimasse in ihr Weinglas. Rhosmari überlegte, wer gemeint sein konnte, da sagte die Kaiserin mit einem Seufzer: »Ach ja, Timothy.«
»Wer?«, rief Rhosmari erschrocken. »Was hat er denn getan, dass ihr ihn so hasst? Er ist doch nur ein Kind …«
»Aha, du kennst ihn also«, sagte die Kaiserin unbeeindruckt. »Ich habe mich das schon gefragt. Ein begabter junger Mann und auf seine Art nicht unattraktiv, aber leider mit einem Hang zur Gewalt. Hat er bei seinem Besuch bei euch erzählt, ich hätte ihn und die Fee, die ihn begleitete, zum Tod verurteilt? Das stimmt nicht. Ich habe die Schwarzen Flügel aus demselben Grund nach Timothy und Linde suchen lassen wie Martin nach dir: Ich wollte mit ihnen reden und sie wollten nicht freiwillig kommen.«
»Ich weiß, dass Veronica versucht hat, ihm die Musik wegzunehmen«, sagte Rhosmari kurz.
»Veronica war von seinem Gitarrenspiel begeistert und wollte wissen, wie es sich anfühlt, so begabt zu sein. Sie wurde deswegen brutal überfallen. Hat Timothy dir das auch gesagt?« Die Kaiserin legte ihren Suppenlöffel hin und beugte sich vor, den Blick unverwandt auf Rhosmari gerichtet. »Hat er dir erzählt, wie er und seine Freunde die Schwarzen Flügel wiederholt misshandelt und verletzt haben, obwohl die ihnen gar nichts getan hatten? Und wusstest du, dass er mich im Refugium niedergeschlagen hat und erwürgen wollte und dass die Schlacht damit erst begann?
»Das … das glaube ich nicht …« Rhosmari verstummte nervös und setzte erneut an: »Bestimmt gab es dafür einen Grund.«
»Ich habe Linde und ihrem Volk ein Angebot gemacht«, erklärte die Kaiserin. »Das Eichenvolk hätte die verlorene Zauberkraft wiederbekommen und für alle Zeiten friedlich unter meinem Schutz leben können. Ich sicherte Linde zu, dass ich Timothy nichts tun würde, dass ich nur seine Erinnerung der letzten paar Tage löschen würde, damit er nicht wieder in Versuchung geriet, sich mit meinem Volk anzulegen.« Sie griff sich an den Hals und verzog das Gesicht. »Überlege selber: Auch wenn die Eichenfeen mein Angebot nicht annehmen wollten, hatten sie deshalb das Recht, mich zu überfallen und einen Krieg anzufangen?«
Das konnte nicht die ganze Wahrheit sein, es musste eine andere geben. Und doch … Rhosmari legte die Hand an die Stirn. Ihre Gedanken wirbelten durcheinander. War die Kaiserin am Ende doch nicht so böse, wie man sie glauben gemacht hatte? Irrten Timothy und Linde sich?
Nein, Moment, eins jedenfalls wusste sie genau. »Ihr habt Llinos gefangen genommen«, sagte sie vorwurfsvoll. »Ihr habt ihn zu Eurem Sklaven gemacht und dann ausgeschickt, um Rebellen zu suchen und ebenfalls zu unterwerfen. Wie wollt Ihr das rechtfertigen?«
Die Kaiserin und ihre Gefolgsleute wechselten Blicke, dann wandte die Kaiserin sich wieder an Rhosmari. »Verzeihung, aber wer ist Llinos?«
Ungläubig sah Rhosmari von Corbin zu Veronica und zu Byrne und dann wieder zur Kaiserin. Sie wirkten alle aufrichtig verwirrt und nicht zornig oder schuldbewusst. »Er hat Lily begleitet«, sagte sie. »Ist das nicht eine Eurer treusten Dienerinnen?«
»Lily eine treue Dienerin?« Veronica verschluckte sich vor Lachen beinahe an ihrer Suppe. »Lily hat nach Rob als eine der ersten Feen den Stein berührt. Sie will genauso wie er die Kaiserin stürzen und über ihr Reich herrschen. Und wenn dieser Llinos sie begleitet hat, kannst du sicher sein, dass er ebenfalls zu den Rebellen gehört.«
Ein Schauer überlief Rhosmari. Martin hatte sie also auch darin angelogen?
»Aber dafür kann Rhosmari nichts, Veronica«, schalt die Kaiserin. »Merkst du nicht, dass sie unter Schock steht? Offenbar gibt es hier ein schreckliches Missverständnis.«
Rhosmari hatte auf einmal das
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